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Wirecard: Kapitalmarktaffinität von BaFin-Mitarbeitern in der Kritik

Ausgerechnet Mitarbeiter der für die Aufdeckung von Insidergeschäften zuständigen BaFin-Abteilung sollen besonders oft mit Wirecard-Aktien gehandelt haben. Die Vorgänge um den Zahlungsdienstleister und die Rolle der Aufsicht könnte bald ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss aufklären.

© Konstantin Hermann / stock.adobe.com

Dass Wirecard zu den unter Privatanlegern beliebtesten und damit am meisten gehandelten Aktien am deutschen Kurszettel gehörte und entsprechend auch BaFin-Mitarbeiter viele Trades machten, sorgt nun für Kritik.

Aus diesem Grund gerät Deutschlands oberste Finanzaufsichtsbehörde BafFn wegen privater Geldgeschäfte einiger ihrer Mitarbeiter im Fall Wirecard unter Druck. Bereits seit Anfang 2019 sollen diese mit keiner Aktie so häufig gehandelt haben wie jener des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachtes ermittelt. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) unter Berufung auf eine Antwort des Bundesfinanzministeriums (BMF) auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Danyal Bayaz, die ihr vorliegt.

Ein BaFin-Sprecher erklärte der FAZ, man überprüfe zurzeit alle Mitarbeitertransaktionen mit Wirecard-Bezug. Bisher aber seien keine Verstöße festgestellt worden.

Insideraufsicht handelt fleißig mit Wirecard-Aktien
Schwer wiegt der FAZ zufolge dabei, dass sich ausgerechnet unter den 94 Mitarbeitern der für die Marktaufsicht zuständigen "Abteilung W2" auffallend viele private Wirecard-Geschäfte finden lassen, und das mehr als einmal. Diese Abteilung überwacht unter anderem den korrekten Umgang mit Insiderinformationen durch die Teilnehmer auf dem Finanzmarkt. Laut FAZ-Bericht gab es 2019 unter den W2-Angestellten insgesamt 28 private Finanzgeschäfte mit Wirecard-Bezug, und in den ersten sechs Monaten 2020 sogar 41.

Die gesamte Belegschaft der Behörde hat ebenfalls sehr rege mit Wirecard-Papieren gehandelt – mehr als mit allen anderen Aktien am Markt. 2019 entfielen 1,7 Prozent aller privaten Finanzgeschäfte in der Bafin auf Wirecard und im ersten Halbjahr 2,4 Prozent dieser Transaktionen auf das als größtes deutsches Fintech gepriesene Unternehmen. Darüber hatte die Nachrichtenagentur Reuters bereits vor rund drei Wochen berichtet.

Niedrigere Kurse und hohe Vola lockten Spekulanten an
Damals hatte die Aufsicht die Zunahme des Handels mit Wirecard-Papieren durch Mitarbeiter mit höheren Schwankungen des Aktienkurses wegen der zunehmenden Berichterstattung über das Unternehmen in den Medien erklärt. Die verstärkten Wirecard-Aktiengeschäfte der BaFin-Mitarbeiter seien demnach im Vergleich zu anderen Dax-Werten, bei denen die Volatilität gestiegen sei, "nicht ungewöhnlich beziehungsweise nicht auffällig", argumentierte die BaFin gegenüber Reuters.

Auch seien alle Transaktionen durch Fachvorgesetzte genehmigt worden, sodass jene Personen auch keine Insiderkenntnisse über Wirecard besessen hätten. Das BMF bezeichnet das interne Kontrollsystem der Bafin der FAZ zufolge als "streng und angemessen". An dieser Aussage kann man nach den Informationen zu den privaten Geschäften der W2-Mitarbeiter allerdings zweifeln.

Untersuchungsausschuss so gut wie sicher
Die Mitglieder der Grünen-Bundestagsfraktion kündigten nach der Sondersitzung des Finanzausschusses am Montag (31. August) an, die Einberufung eines Untersuchungsausschusses zum Wirecard-Skandal zu unterstützen. "Statt endlich aufzuklären, mauert die Bundesregierung im Wirecard-Skandal und liefert Informationen scheibchenweise oder gar nicht", sagte die Finanzpolitikerin Lisa Paus der FAZ. Damit ein Untersuchungsausschuss zustande kommt, muss ein Viertel der Abgeordneten dafür stimmen. FDP und Linke haben sich nun ebenfalls dafür ausgesprochen. Wenn alles glatt läuft, könnte der neue Ausschuss noch im September eingesetzt werden.

Interessensvertretung nutzt die Gunst der Stunde zum Wohle ihrer Klientel
Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW begrüßt eine umfassende Aufklärung durch einen möglichen Untersuchungsausschuss ausdrücklich. Gleichzeitig erinnert der Verband daran, dass es angesichts der jüngsten Entwicklungen nicht vermittelbar ist, die Pläne für eine Übertragung der Aufsicht über die unabhängigen Finanzanlagenvermittler auf die BaFin weiter voranzutreiben. "Es kann der BaFin doch nicht die Aufsicht über 37.000 mittelständische Gewerbetreibende übertragen werden, während sich gleichzeitig ein Untersuchungsausschuss mit dem multiplen Behördenversagen beschäftigt." so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW. "Der Koalitionsvertrag sprach in diesem Zusammenhang von der ‚Herstellung einer qualitativ hochwertigen Finanzaufsicht‘. Diese scheint hier bei der BaFin gerade in weiter Ferne." (aa)

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