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Wirecard: Erster Konzernmanager sitzt in U-Haft

Die Staatsanwaltschaft München hat den früheren Geschäftsführer einer Wirecard-Tochter in Dubai festgenommen und in Untersuchungshaft geschickt. Der gesuchte Wirecard-Vorstand Jan Marsalek ist dagegen weiterhin flüchtig. Aus Österreich kommen ebenfalls neue Details dazu.

© bogdanvija (Symbolfoto) / stock.adobe.com

Die Nachrichten zum Wirecard-Skandal reißen nicht ab. Der frühere Geschäftsführer der Wirecard-Tochtergesellschaft Cardsystems Middle East hat sich den Strafverfolgern in München gestellt und ist festgenommen worden. Das berichten verschiedene Medien, darunter "Zeit Online" unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft München. Die Strafverfolger hätten ihn aufgrund eines bereits zuvor beantragten Haftbefehls festgenommen, nachdem er als Beschuldigter vernommen worden war, heißt es in der Meldung weiter. Anders als Ex-Wirecard-Chef Markus Braun muss er in Untersuchungshaft bleiben, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" (SZ).

Der Haftbefehl stütze sich unter anderem "auf den dringenden Tatverdacht des gemeinschaftlichen Betrugs und versuchten gemeinschaftlichen Betrugs jeweils im besonders schweren Fall sowie den Verdacht der Beihilfe zu anderen Straftaten". Die Strafverfolger befürchteten, dass der Manager Beweismittel beiseite schaffen oder Zeugen beeinflussen könnte. Damit ist im Fall Wirecard auch erstmals offiziell von Betrug die Rede. Bislang war nur von Betrugsverdacht gesprochen worden, wie die SZ bemerkt. Der in Aschheim bei München ansässige Konzern hatte am 18. Juni 2020 eingestanden, dass in seiner Bilanz für 2019 rund 1,9 Milliarden fehlen und vermutlich gar nicht existieren. Wirecard hat mittlerweile Insolvenz angemeldet.

Manager bleibt in Untersuchungshaft
Ex-Wirecard-Chef Markus Braun hatte sich zwischenzeitlich der Justiz gestellt, ist aber gegen Kaution wieder auf freiem Fuß. Anders als bei ihm ordnete das Amtsgericht München laut "Zeit Online" beim nun festgenommenen Manager aus Dubai eine Fortdauer der Untersuchungshaft an. Dagegen ist der Aufenthaltsort von Wirecard-Vorstand Jan Marsalek weiterhin nicht bekannt. Er habe über seinen Anwalt erklären lassen, sich nicht den Behörden stellen zu wollen. Seine Spur hat sich derweil verloren. Anders als angenommen soll er sich in den vergangenen Tagen nicht auf den Philippinen aufgehalten haben.

Auch von österreichische Tochter Wirecard CEE gibt es Neuigkeiten. Aus einem im Firmenbuch zu sehenden Umlaufgesellschafterbeschluss geht hervor, dass sich die deutsche Wirecard Sales International Holding GmbH, die Mutter der österreichischen Wirecard CEE, im April rund 2,7 Millionen Euro von der Tochter hatte ausschütten lassen. Der Zeitpunkt lag nicht einmal zwei Wochen vor der Veröffentlichung des kritischen KPMG-Berichts, der nach lang im Raum stehenden Vorwürfen letzendlich zur Insolvenz in Deutschland geführt hatte.

Geteilte Meinungen
Die Meinungen über die Ausschüttung aus Österreich gehen auseinander. Manfred Biegler, Geschäftsführer der Sammelklagen-Plattform Cobin Claims, ortet eine Verletzung von Kapitalerhaltungsgrundsätzen. Er hatte schon davor gegenüber der Redaktion moniert, die österreichische Gesellschaft habe sich nicht ausreichend gegen Probleme in Deutschland abgesichert. Ein Experte einer großen Steuerprüfungskanzlei, der nicht genannt werden wollte, sagte hingegen, die Mutter müsse sich bei drohender Insolvenz sogar die Ausschüttung sichern. Letztendlich würde ja auch der Masseverwalter schauen, wo Geld zu holen sei, und hier auf die Vermögenswerte der Tochter zurückgreifen. Für den Konzern, seine Verantwortlichen und die Töchtergesellschaften gilt die Unschuldsvermutung.

Ein weiteres Detail gibt es rund um die Masseverwalterin für die Wirecard CEE: Das Landesgericht Graz hat hier die Wiener Rechtsanwältin Ulla Reisch bestellt. Eine der Aufgaben der Insolvenzverwalterin ist es, die Insolvenzursache eines Unternehmens zu ergründen. Reisch ist die Ehefrau von Roland Reisch, Steuerberater und Gesellschafter bei TPA in Österreich. Die TPA-Wirtschaftsprüfer haben der insolventen Wirecard CEE im März den Bestätigungsvermerk erteilt. Wirecard CEE war in den Risikohinweisen nicht auf bekannte Probleme bei der deutschen Mutter eingegangen.

Besonderes Augenmerk
Das Landesgericht Graz sagte auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE, man sei sich des Zusammenhangs nicht bewusst gewesen. Allerdings seien die TPA Wirtschaftsprüfung und die TPA Steuerberatung im Firmenbuch getrennte Unternehmungen. Auch personell gebe es eine Trennung. Die zuständige Richterin werde ein besonders Augenmerk auf den Sachverhalt legen, sollte es zu Fragen kommen. TPA beantwortete die Frage nach Interessenskonflikten nicht. Allerdings betonte ein Sprecher, TPA haben den Bestätigungsvermerk für Wirecard CEE zum Jahresabschluss 2019 am 3. Juli 2020 zurückgezogen. (eml/jb)

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