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Kurssturz: Wirecard hat Insolvenz angemeldet

Der Skandal um mutmaßliche Bilanzmanipulationen bringt den Dax-Konzern in existenzielle Nöte. Das Unternehmen will deshalb Insolvenz beantragen. Die Aktie wurde zwischenzeitlich vom Handel ausgesetzt, bevor der Aktienkurs in Richtung zwei Euro fiel.

© perfectlab / stock.adobe.com

Das Drama um den Zahlungsdienstleister erreicht eine neue Dimension. Der schlingernde Dax-Konzern will sich für insolvent erklären lassen. "Der Vorstand der Wirecard AG hat heute entschieden, für die Wirecard AG beim zuständigen Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu stellen", heißt es in der Ad-hoc-Mitteilung.

Es werde zudem geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Tochtergesellschaften der Wirecard-Gruppe gestellt werden müssen. Die Wirecard-Aktie wurde daraufhin zeitweise vom Handel ausgesetzt. Nach der Wiederaufnahme rutschte der Kurs zeitweise auf rund 2,50 Euro ab. Das Unternehmen hatte zuletzt noch mit Banken über eine milliardenschwere Kreditlinie verhandelt. Derweil erwogen erste Kunden des Konzerns offenbar, die Reißleine zu ziehen und überprüften die Geschäftsbeziehung.

1,9 Milliarden Euro unauffindbar
Das Unternehmen aus Aschheim bei München hatte Anfang der Woche eingeräumt, dass Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen". Am Freitag vergangener Woche (19. Juni) war Konzernchef Markus Braun mit sofortiger Wirkung zurückgetreten und vorübergehend festgenommen worden. Nach Zahlung einer Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro war er jedoch wieder freigekommen.

Ins Rollen kam das Drama im Frühjahr 2019 durch Berichte der "Financial Times", wonach das Unternehmen Geschäfte von Auslandstöchtern in Singapur, Dubai und Irland nicht korrekt verbucht habe. Nachdem eine vor einigen Wochen durchgeführte Sonderprüfung von KPMG Wirecard aber nicht entlastete, sondern vielmehr neue Zweifel an Buchungen auf Treuhandkonten auf den Philippinen weckte, verweigerte auch der langjährige Wirecard-Prüfer EY sein Testat unter den Jahresabschluss. Der Aktienkurs der Aschheimer kollabierte. Einige große Deutschlandaktienfonds hatten die Papiere in ihren Portfolios zuvor lange Zeit übergewichtet.

Frühe Alarmsignale?
Derweil werden Stimmen immer lauter, die darauf verweisen, dass es schon früh handfeste Indizien auf Unregelmäßigkeiten bei den Aschheimern gab. Dennoch habe die deutsche Finanzaufsichtsbehörde Bafin mehr als ein Jahr gebraucht, um den Verdacht der Marktmanipulation bei Wirecard an die Staatsanwaltschaft zu melden, berichtet der Finanznachrichtendienst "Bloomberg". Einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage von Abgeordneten zufolge wurden der Bafin bereits Ende Januar 2019 anonym entsprechende Dokumente zugespielt.

Die Aussagen des Ministeriums deuten darauf hin, dass die Bafin frühzeitig über die Zweifel in Bezug auf Wirecard Bescheid wusste, möglicherweise sogar schon vor dem FT-Artikel vom 30. Januar 2019, der die Wirecard-Aktie erstmals einknicken ließ, berichtet "Bloomberg" weiter.

Behördenchef Felix Hufeld hatte sich am Montag mit den Worten entschuldigt, die Bafin sei eine der Institutionen, die für das "komplette Desaster" um Wirecard verantwortlich sei. Als Aufsicht habe die Bafin keine gute Arbeit geleistet. Das vorübergehend von seinem Haus verhängte Leerverkaufsverbot für die Aktie verteidigte Hufeld allerdings. (ert)

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