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Deutschland schlittert in die Rezession

Die deutsche Wirtschaft respektive das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nach einem bereits schwachen vierten Quartal 2022 nun auch im ersten Quartal 2023 geschrumpft und damit in der Rezession.

© N. Theiss / stock.adobe.com

Deutschland ist nun doch in eine Winterrezession geschlittert. Neue Daten zeigen, dass die Wirtschaft auch im ersten Quartal schrumpfte, nachdem die ersten Schätzungen nur eine Stagnation angezeigt hatten. Das berichtet u.a. Bloomberg.

Die Wirtschaftsleistung schrumpfte im ersten Quartal um 0,3 Prozent im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten, nachdem sie zwischen Oktober und Dezember bereits um 0,5 Prozent gesunken war, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit.

“Die Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte zeigte sich in verschiedenen Bereichen”, erklärte das Amt. “Sowohl für Nahrungsmittel und Getränke als auch für Bekleidung und Schuhe sowie für Einrichtungsgegenstände gaben die privaten Haushalte weniger aus als im Vorquartal”. Sie kauften auch weniger Elektroautos, da die Förderung reduziert wurde.

Kleine Hoffnungszeichen
Einem Rückgang der Staatsausgaben stand ein Anstieg der Investitionen gegenüber. Dabei spielte der Bausektor dank des ungewöhnlich warmen Wetters eine wichtige Rolle.

Das Ergebnis ist laut Bloomberg-Einschätzung ein herber Rückschlag für das Land, das zwar den düstersten Wirtschaftsszenarien nach der russischen Invasion in der Ukraine entkommen ist, aber die Rezession doch nicht vermeiden konnte, wie Bundeskanzler Olaf Scholz noch im Januar gehofft hatte.

Schuld am BIIP-Rückgang sei - aufgrund einer wirtschaftsfeindlichen Politik - das verarbeitende Gewerbe, in dem ein sich verschärfender Abschwung die von vielen für die kommende Zeit erwartete Trendwende in Frage stellt. Die Schwäche der Industrie lastet auf den Geschäftsaussichten - der Erwartungsindex des ifo-Instituts ist im Mai zum ersten Mal seit acht Monaten gesunken, während eine Umfrage der Lobbygruppe DIHK auf eine Stagnation des BIP im Jahr 2023 hindeutet.

Die Bundesbank verbreitete in ihrem Monatsbericht hingegen erst gestern etwas Optimismus und mutmaßte, dass die Wirtschaft im laufenden Quartal “leicht” wachsen könnte, da große Auftragsbestände, eine Lockerung von Lieferengpässen und niedrigere Energiekosten die Hersteller unterstützen.

Maue Aussichten
Aber die Nachfrage nach Gütern bricht laut Bloomberg ein, da die Verbraucher angesichts der hohen Inflation lieber in Freizeit und Reisen investieren. Dadurch wird das Wirtschaftswachstum immer ungleichmäßiger.

“Die Frühindikatoren lassen erwarten, dass es im zweiten Quartal ähnlich schwach weitergeht”, meint Jens-Oliver Niklasch, Senior Economist bei der LBBW. “Im Grunde eine erwartbare Stabilisierungsrezession nach den Zinserhöhungen der EZB.”

Für die Volkswirte der Commerzbank ist eine Rezession in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlicher als ein Aufschwung, wie ihn die meisten ihrer Kollegen weiterhin prognostizieren.

Die Inflation ist nicht hilfreich: Sie liegt immer noch bei über sieben Prozent und es wird nicht erwartet, dass sie schnell zurückgeht, da steigende Löhne einen starken Druck ausüben, so die Bundesbank.

Die Bemühungen der Europäischen Zentralbank, den Preisanstieg wieder auf ihr Ziel von zwei Prozent zu bringen, könnten die Nachfrage weiter dämpfen. Bankkredite werden bereits teurer und die Zinserhöhungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass die Gefahr besteht, dass das Wachstum noch stärker gebremst wird.

“Der Optimismus zu Beginn des Jahres scheint einem stärkeren Realitätssinn gewichen zu sein”, so ING-Ökonom Carsten Brzeski in einer ersten Analyse. “Ein Rückgang der Kaufkraft, ausgedünnte Auftragsbücher in der Industrie sowie die Auswirkungen der aggressivsten geldpolitischen Straffung seit Jahrzehnten und die erwartete Verlangsamung der US-Wirtschaft sprechen für eine schwache Wirtschaftstätigkeit.” (aa)

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