Logo von Institutional Money
| Märkte

El-Erian über das Risiko weiterer Pleiten und den Vorteil der EZB

Der Top-Ökonom und frühere Pimco-Chef Mohamed El-Erian spricht in einem Interview über die jüngsten Bankenpleiten, die Fehler der Geldpolitik und eine drohende Rezession in den USA. In einem Punkt gibt er allerdings Entwarnung.

Mohamed El-Erian
Mohamed El-Erian© Giulio Napolitano / Bloomberg

Nach Einschätzung von Mohamed El-Erian, dem langjährigen Chef des Investmenthauses Pimco, erleben wir ein Bankenbeben, dass in der ersten Phase Banken betraf, die wie die Silicon Valley Bank schlecht gemanagt waren und mit dem raschen Zinsanstieg in den USA nicht zurechtkamen. Wie er im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" erläuterte, hat die US-Bankenaufsicht bei den Regionalbanken auch nicht genau genug hingeschaut.

In der jetzigen zweiten Phase seien jedoch Banken betroffen, die zwar gut geführt würden, aber strukturell verletzlich seien. So sei die First Republic Bank eigentlich eine Vorzeigebank gewesen, ihre Aktien hätten aber trotzdem 90 Prozent Kursverlust erlitten, bis nach Wochen endlich der Zusammenschluss mit JP Morgan zustande kam. "Es fehlt ein funktionierender Abwicklungsmechanismus für Banken dieser Art. Das hat alles viel zu lange gedauert", bemängelt El-Erian im Interview.

Gewerbeimmobilien bereiten große Sorgen
Große Sorgen bereitet ihm eine mögliche dritte Phase des Bankenbebens. Im Markt für Büroimmobilien machten sich die steigenden Zinsen besonders bemerkbar, da Büros nach Corona oft nicht mehr so attraktiv seien. Kreditausfälle würden hier aber stark die Regionalbanken treffen, weil sie auf diesem Markt besonders engagiert seien. "Mich beunruhigt, dass wir dann ein Problem hätten, das immer größer würde", so El-Erian.

Eine Wiederholung der Finanzkrise erwarte er jedoch nicht, weil die wirklich großen Banken davon nicht betroffen seien. Allerdings bestünden Ansteckungsgefahren. "Das erhöht das Risiko eines Wirtschaftsabschwungs in den Vereinigten Staaten, der sich hätte vermeiden lassen", warnt der Star-Investor gegenüber der "FAS".

El-Erian sieht "struturellen Vorteil" bei der EZB
Europäische Banken sind aus seiner Sicht nicht gefährdet, da sie besser reguliert seien als amerikanische, das europäische Finanzsystem sei daher nicht so verwundbar. Dass die Lage in den USA schlimmer sei, lastet El-Erian vor allem der US-Notenbank an. Das lange Zögern der Fed bis zu abrupten, massiven Zinserhöhungen, die mit einer Vollbremsung im Nebel vergleichbar seien, habe dafür gesorgt, dass einige Banken nicht mehr umsteuern konnten. So sei es zum Unfall mit der Silicon Valley Bank gekommen. "Und in der Finanzwelt wird es weitere Unfälle geben, da bin ich mir sicher", sagt El-Erian.

Der Zinsschock sei nur einer von mehreren Fehlern der US-Notenbank. Es habe Fehler in der Analyse, der Prognose der Inflation, im Timing der Inflationsbekämpfung, in der Kommunikation, in der strategischen Weitsicht und eben in der Regulierung gegeben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) habe einen strukturellen Vorteil, da der EZB-Rat mit vielen unterschiedlichen Vorstellungen der jeweiligen Mitgliedsländer umgehen müsse. In der Fed gebe es diese Vielstimmigkeit nicht, erklärte El-Erian.

Europa müsse sich weniger Sorgen um die Stabilität seiner Banken machen, das entlaste. "Die EZB muss sich also nur um das verbleibende Dilemma kümmern, das Abwägen zwischen Inflationsbekämpfung und Rezessionsgefahr. Und ich glaube, dass sie das besser im Griff hat." (fp)

Dieses Seite teilen