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Carmen Reinhart: Umfassendster globaler Einbruch seit 2. Weltkrieg

Die meist zitierte Ökonomin der Welt ist keine Pessimistin, sondern Realistin, wie sie mit ihren Frühwarnungen zur globalen Inflation eindeutig unter Beweis gestellt hat. Vor diesem Hintergrund waren die Prognosen, die sie am Institutional Money Kongress gestellt hat, umso relevanter.

Starökonomin Carmen Reinhart bereitet Marktteilnehmer auf allfällige Risken vor. Wer in der Vergangenheit auf sie gehört hat, wurde von Entwicklungen, wie etwa der wieder aufgeflammten Inflation, deutlich weniger überrascht, als der Mitbewerb.
Starökonomin Carmen Reinhart bereitet Marktteilnehmer auf allfällige Risken vor. Wer in der Vergangenheit auf sie gehört hat, wurde von Entwicklungen, wie etwa der wieder aufgeflammten Inflation, deutlich weniger überrascht, als der Mitbewerb.© Nicola Haubner / Institutional Money

Carmen Reinhart, die nach ihrem Intermezzo als Chefökonomin der Weltbank wieder ihre Harvard-Professur pflegt, war eine der ersten, die vor nachhaltig hoher Inflation gewarnt haben – und zwar zu einem Zeitpunkt, als Notenbanken wie die US Federal Reserve oder die EZB noch von vorübergehenden Effekten gesprochen hatten. Auf dem Institutional Money Kongress erklärte die gebürtige Kubanerin, welche Daten sie im Verlauf der Covid-Pandemie stutzig gemacht hatten und wies auf den historischen Kontext einiger ungewöhnlicher Kennzahlen hin.

Weltkriegs-Daten
Demnach lag der weltweite Anteil der Länder, die ein reales Minus beim BIP pro Kopf hinnehmen mussten, bei 90 Prozent. „Ökonomisch gesehen sind das schlimmere Daten als während des zweiten Weltkriegs oder der Großen Depression“, erklärte Reinhart. Dem ging eine Negativ-Zinsphase von 15 Jahren voraus. Ein derartiges Phänomen war in der Vergangenheit ebenfalls nur in Ausnahmesituationen aufgetreten: Dem 1.-, und 2. Weltkrieg, sowie während der 1970er-Jahre. Damals lag das Inflationsniveau aber deutlich höher. Dass es vor diesem Hintergrund zu Anpassungen kommen musste, war der meist zitierten Ökonomin früher klar als den meisten ihrer Kollegen.

Bankenkrise aus dem 19. Jahrhundert
Bemerkenswert waren auch ihre Ansichten zu Auslöser und Verlauf der Stresssituation rund um die Silicon Valley Bank (SVB), in deren Fahrwasser – Zufall, oder nicht – ja auch der Zusammenbruch und die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS fiel.

Reinhart beruhigt in diesem Zusammenhang und bezeichnete den SVB-Crash dahingehend, „dass es sich eigentlich um ein Lehrbuchbeispiel für einen klassischen Banken-Run aus dem 19. Jahrhundert handelt“: Riskante, nicht diversifizierte Geschäfte und massive Verluste im Anleihen-Portfolio hätten demnach die Zweifel der Kunden geschürt und letztendlich zu einem Abzug der Gelder geführt. Längerfristige Kontaminierungseffekte wie nach Lehman seien demnach weniger wahrscheinlich. Auch einen flächenbrandähnlichen Banken-Run der Sparer, wie er bei der SVB kurzfristig stattgefunden hat, schließt die Ökonomin aus.

Harte Landung
Leider ist das aus Reinharts Sicht aber nur in geringem Maße beruhigend. Denn dass sie Notenbanken tatsächlich ein Soft Landing schaffen, hält die Nobelpreis-Aspirantin für wenig wahrscheinlich. Ihren Realismus leitet sie dabei aus der Vergangenheit ab, ist ein solches Landing historisch gesehen doch nur ein Mal gelungen. Und das war in den 90er-Jahren. „Damals lagen die Inflationsraten aber nur bei rund drei Prozent. Das ist heute ganz anders.“

Volcker und sonstige künftige Risiken
Umso härter müssen die Notenbanken also ins Bremspedal treten, womit die Wahrscheinlichkeit für ein Volcker-ähnliches Szenario steigt. Bekanntermaßen bekämpfte der damalige Notenbankpräsident die in den 70er-Jahren aufgetretene, hartnäckige Inflation mit massiven Zinsanhebungen und nahm dafür eine schwere Rezession in Kauf.

Reinhart stellt jedoch die Frage, ob das angesichts der viel höheren öffentlich Schuldenstände tatsächlich machbar ist. Blickt man zurück, war jedenfalls in Szenarien, die dem aktuellen gleichen, eine Double Dip-Rezession viel eher die Regel als die viel beschworene sanfte Landung. Was Reinhart vor diesem Hintergrund ebenfalls erwartet, sind volatilere Währungskurse und das erhöhte Risiko eines Credit Crunches – alles Risiken die Marktteilnehmer auf der Rechnung haben sollten. (hw)

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