Logo von Institutional Money
| Regulierung

Offenlegungsverordnung: So viele Fonds gelten als nachhaltig

Seit knapp einem Monat müssen Investmentgesellschaften darlegen, wie sie das Thema Nachhaltigkeit im Portfoliomanagement umsetzen. Das Analysehaus Morningstar hat untersucht, welche Anbieter wie viele Fonds als "hellgrün" und "dunkelgrün" eingestuft haben.

© Wolfilser / stock.adobe.com

Etwa jeder vierte Euro steckt in einem Fonds, der gemäß EU-Offenlegungsverordnung als nachhaltig vermarktet wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine erste Auswertung der Ratingagentur Morningstar, die der Redaktion vorliegt.

Die Daten gelten als vorläufig, dürfen aber dennoch als guter erster Indikator dafür dienen, wie die Asset-Management-Branche mit dem neuen Regelwerk umgeht. Bislang hatte es nur vereinzelte Meldungen der Anbieter gegeben, wie sie ihre Fonds klassifizieren. Ein unabhängiger Marktüberblick fehlte.

Drei Produktkategorien
Um die Ergebnisse der Morningstar-Studie zu verstehen, ist es nötig, sich einige Punkte der Offenlegungsverordnung zu vergegenwärtigen. Das EU-Regelwerk, das am 10. März in Kraft getreten ist, schafft de facto drei Produktkategorien: Unter Artikel 6 fallen "normale" Fonds, die keinen expliziten Wert auf Umwelt- oder Ethikaspekte legen. Artikel 8 bezeichnet "hellgrüne" Sondervermögen, die Umwelt- oder soziale Kriterien im Investmentprozess berücksichtigen. Artikel 9 ist "dunkelgrünen" Fonds vorbehalten, die explizite Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Je nachdem, ob ein Fonds unter Artikel 6, 8 oder 9 fällt, muss er unterschiedlich strenge Offenlegungspflichten erfüllen.

Die Anbieter stufen ihre Produkte selbst ein und müssen dies im Verkaufsprospekt kenntlich machen. Sie haben ein hohes Interesse daran, möglichst viele Produkt als nachhaltig zu klassifizieren, weil immer mehr Anleger ihr Geld ESG-konform investieren möchten. Eine Einstufung gemäß EU-Verordnung lässt sich gut vermarkten, weil sie nach außen wie eine Art Gütesiegel wirkt, was sie jedoch nicht ist: Das Regelwerk zielt, wie der Name schon sagt, auf die Offenlegung ab, nicht auf eine qualitative Aussage, wie nachhaltig ein Fonds wirklich investiert. Ob die Anbieter ihre Transparenzpflichten erfüllen, kontrollieren die Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsbehörden erst im Nachhinein.

Fast 5.700 Verkaufsprospekte ausgewertet
Um einen ersten Überblick zu bekommen, wie die Branche mit der neuen Verordnung umgeht, hat Morningstar nun anhand einer umfangreichen Stichprobe eine erste Bilanz gezogen. Die Datenexperten des Analysehauses hatten zum Stichtag 29. März die Verkaufsprospekte von exakt 5.695 offenen Publikumsfonds und ETFs aus Luxemburg ausgewertet. Das entspricht fast der Hälfte aller Sondervermögen aus Europas größtem Fondsdomizil.

18 Prozent dieser Fonds wurden gemäß Artikel 8 klassifiziert, weitere 3,6 Prozent erfüllen Artikel 9. Gemessen am verwalteten Vermögen stehen diese Produkte für 25 Prozent des analysierten Fondsuniversums. Rechnet man diese Quote auf den gesamten europäischen Markt hoch, würden die Nachhaltigkeitsfonds rund 2,5 Billionen Euro verwalten. "Wir erwarten, dass diese Zahl in den kommenden Monaten weiter steigen wird, weil Asset Manager ihre Strategien erweitern, Fonds umklassifizieren und neue Produkte auflegen, die Artikel 8 oder 9 erfüllen", schreiben die Autoren Hortense Bioy, Elizabeth Stuart und Andy Pettit.

30 Anbieter näher analysiert
Außerdem hat Morningstar bei 30 Anbietern näher untersucht, wie sie das Regelwerk umgesetzt haben, darunter sowohl international tätige Fondsgiganten als auch kleine, auf Nachhaltigkeit spezialisierte Investmentboutiquen.

Die Unterschiede sind enorm: Während die multimilliardenschweren französischen Asset Manager Amundi und BNP Paribas 529 respektive 310 Fonds unter Artikel 8 oder 9 einsortiert haben, kommt der noch größere Marktführer Blackrock nur auf 103 klassifizierte Produkte. Die Asset-Management-Sparten der Großbanken UBS und J.P. Morgan stufen Morningstar zufolge aktuell sogar nur 54 beziehungsweise zehn Fonds entsprechend ein.

Viele Anbieter werden noch Fonds umklassifizieren
Setzt man das Volumen der als nachhaltig klassifizierten Fonds ins Verhältnis zum gesamten Vermögen der Anbieter, das unter die Offenlegungsverordnung fällt, so liegt die Quote der Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds von Amundi bei 60 und von BNP Paribas bei 80 Prozent. Blackrock kommt bloß auf 17 Prozent, die UBS auf elf und J.P. Morgan Asset Management sogar nur auf 1,5 Prozent. Viele Anbieter gaben gegenüber Morningstar aber zu Protokoll, dass sie in den kommenden Monaten weitere Fonds in die Artikel-8- oder -9-Kategorie überführen möchten.

Bei einigen Anbietern liegt die Quote heute schon deutlich höher: Robeco kommt laut der Morningstar-Auswertung auf 96 Prozent, die SEB auf 82 Prozent. Der auf nachhaltige Investments spezialisierte Asset Manager Mirova stuft sogar alle seine 25 Fonds gemäß Artikel 9 ein. (bm)

Dieses Seite teilen