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Europa steuert auf gravierenden Dieselmangel zu

Die nächste Hiobsbotschaft für Deutschland: Nordwesteuropa steht vor einem Winter mit historisch niedrigen Dieselvorräten, einem Kraftstoff, der weite Teile der Wirtschaft versorgt.

Im Worst Case könnten deutsche Autofahrer mit Dieselautos öfter diese Straßenverkehrszeichen sehen. 
Im Worst Case könnten deutsche Autofahrer mit Dieselautos öfter diese Straßenverkehrszeichen sehen. © Thomas Reimer / stock.adobe.com

Investoren sollten einen weiteren Risikofaktor in ihre Überlegungen mitaufnehmen. Denn in Teilen Europas, darunter Deutschland, könnte Diesel knapp werden. Laut Wood Mackenzie werden die Vorräte an Straßenverkehrsdiesel, Heizöl und anderen dieselartigen Kraftstoffen in der Region im November auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2011 schrumpfen. Das bedeutet, dass die Versorgungspuffer kleiner als üblich sind, während sich Europa gleichzeitig auf eine potenziell schwere Energiekrise im Winter vorbereitet. Darüber berichtet Bloomberg.

“Wir gehen davon aus, dass die Vorräte saisonüblich abnehmen werden, aber wir starten von einer sehr niedrigen Basis aus”, sagte James Burleigh, leitender Analyst für die europäischen Ölmärkte bei der Beratungsfirma, zu den Gründen, warum die Vorräte im November voraussichtlich so niedrig sein werden. “Auf der Nachfrageseite haben wir den üblichen saisonalen Anstieg.”

Lagerstände auf Rekordtief
Diesel ist für Pkw und Lkw in Europa, wo die Verwendung seit jeher finanziell gefördert wird, unverzichtbar. Derartige Kraftstoffe werden auch in Schiffen verwendet und im Baugewerbe und in der verarbeitenden Industrie eingesetzt. Nach Angaben von Insights Global sind die Vorräte in unabhängigen Lagern im Ölhandelszentrum Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen auf dem niedrigsten Stand für diese Jahreszeit seit mindestens 2008.

Politik hat sich wieder einmal ins eigene Knie geschossen
Europa ist strukturell knapp an Dieselkraftstoff und auf regelmäßige Lieferungen aus Übersee angewiesen. Diese natürliche Knappheit könnte Anfang nächsten Jahres zu einem größeren Problem werden, wenn ein EU-Importverbot für Einfuhren auf dem Seeweg aus Russland - derzeit der größte externe Lieferant des Kontinents - in Kraft treten soll, merkt Bloomberg an.

Selbst jetzt, zu einer Jahreszeit, in der die Lagerbestände in Europa normalerweise ansteigen, gibt es Anzeichen für Versorgungsengpässe. Der Ölraffineriebetreiber OMV Deutschland meldete einen “Run” auf Heizöl und Diesel. Auch Österreich, die Schweiz und Ungarn haben in den letzten Monaten angekündigt, dass sie Öl aus ihren Reserven freigeben werden. Darüber hinaus kann die österreichische OMV wegen eines Werkunfalls derzeit keinen oder nur eingeschränkt Diesel produzieren.

Wasserstraßen schwer passierbar
Niedrige Pegelstände des Rheins - eines wichtigen Flusses für die Verschiffung von Kraftstoffen - sind dabei nicht hilfreich. Bei niedrigem Wasserstand können die Lastkähne nur eine begrenzte Menge laden. Das erschwert die Verschiffung von Kraftstoffen von der Ölhandelsdrehscheibe des Kontinents ins europäische Binnenland, insbesondere über den wichtigen Zwischenstopp Kaub, nahe Koblenz. Rhein könnte am Freitag nahe Koblenz quasi unpassierbar werden.

Backwardation macht Einlagerung derzeit extrem teuer
Ein Teil des Problems beim Aufbau von Lagerbeständen besteht darin, dass der Markt keine Anreize dafür bietet. Derzeit wird Kraftstoff für die Lieferung in den Wintermonaten mit einem Abschlag auf den August-Dieselfutures-Kontrakt gehandelt. Diese Struktur, die als Backwardation bekannt ist, signalisiert einen angespannten Markt und hält Händler davon ab, Kraftstoff in Vorratstanks zu lagern. (aa)

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