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Weshalb die EZB derzeit mit einer Liquiditätsschwemme zu kämpfen hat

"Die Flut angestauten Bargelds schwappt über die EZB-Zinsdämme", betitelt die Nachrichtenagentur Bloomberg einen Bericht darüber, inwieweit eine derzeit hohe Liquidität den gewünschten Transmissionsmechanismus der EZB einschränkt.

© peshkov / stock.adobe.com

Auch nach einem knappen Jahr der Zinserhöhungen hat die Europäische Zentralbank mit der Liquiditätsschwemme im Umfang von Trillionen Euros zu kämpfen, die die Jahre der ultralockeren Geldpolitik bewirkt haben. Das sieht zumindest Bloomberg in einem Bericht so.

Die Finanzierungskosten für die Geschäftsbanken sind vergangene Woche so weit unter den Einlagensatz der EZB gerutscht wie noch nie. Der Kurzfrist-Satz ESTR lag 10,5 Basispunkte unter dem Einlagensatz, der größte Abstand in der Geschichte der EZB. Am Montag engte er sich nur minimal auf 10,2 Basispunkte ein. Nur an Monatsenden ist der Abstand aus buchhaltungstechnischen Gründen höher, merkt Bloomberg an.

Die Spreadausweitung belegt, dass die aggressiven Zinserhöhungen der EZB nicht voll auf Banken und Wirtschaft durchschlagen - was der Notenbank die Eindämmung der Inflation erschwert. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane und Direktorin Isabel Schnabel wiesen bereits auf die Gefahr hin, dass der so genannte Transmissionsmechanismus nicht richtig funktioniert.

Liquiditätsflut
Die Überschussliquidität im Euroraum liegt mit mehr als 4,1 Billionen Euro auf einem Zwei-Monats-Hoch. Seit Monatsbeginn ist sie um rund drei Prozent gestiegen. Zum Teil ist dies darauf zurückzuführen, dass die Zentralbank die Schatzämter der Eurozone davon abhält, Gelder auf EZB-Konten zu parken. Zum anderen beruht die Entwicklung auf den Jahren der extrem niedrigen Finanzierungskosten.

Anfang Mai hat die EZB die Einlagenverzinsung auf ein Niveau 20 Basispunkte unter dem ESTR gesenkt. Zuvor hatte er dem Referenzzins entsprochen. Societe Generale sieht die mögliche Ursache des Liquiditätssprungs seit Anfang des Monats darin, dass die nationalen Finanzagenturen nun ihre Barmittel anderweitig reinvestieren.

Abhilfe könnte jedoch in Sicht sein
Piet Christiansen von der Danske Bank geht davon aus, dass sich der Abstand zwischen dem Bankzins und dem Leitzins im Laufe des Jahres verringern wird. Der Chefstratege des Instituts verweist darauf, dass die Banken die überschüssige Liquidität zur Rückzahlung der günstigen TLTRO-Darlehen nutzen und die EZB ihre Anleihekäufe weiter zurückfährt.

Die Bankumfrage der EZB hat indessen ergeben, dass die Kreditinstitute in der Eurozone ihren Dralehensvergabe im ersten Quartal stärker eingeschränkt haben als erwartet.

Am Geldmarkt wird inzwischen darauf gewettet, dass die EZB die Zinsen zunächst auf den bisherigen Euroraum-Rekordwert von 3,75 Prozent erhöhen und dann im nächsten Jahr senken wird. Derzeit liegen die Leitzinsen bei 3,25 Prozent. Wann die Zinswende tatsächlich eintritt, ist laut Christiansen “die Millionen-Euro-Frage”. (aa)

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