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Warnung: EZB könnte bei Energie-Subventionskrieg noch stärker straffen

Die Bemühungen der Regierungen des Euroraums, die Energiekrise zu entschärfen, könnten laut Ratsmitglied Pierre Wunsch die Europäische Zentralbank dazu zwingen, die Zinsen wesentlich aggressiver anzuheben.

© fotogestoeber / stock.adobe.com

Bereits jetzt sei es “vernünftig”, dass die EZB die Kreditkosten von 0,75 auf 3,0 Prozent anhebt, um die Preissteigerungen zu dämpfen, sagte der belgische Zentralbankchef und EZB-Ratsmitglied Pierre Wunsch in einem Interview in Washington. Ein “Subventionskrieg”, bei dem Staaten Hilfen an energieintensive Unternehmen verteilen, würde den Druck noch verstärken, warnte er.

Fiskapolitik am Gas-, Geldpolitik am Bremspedal
“Die größte Sorge ist, dass die Geldpolitik versucht, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, und die Finanzpolitik immer mehr tut, um den Menschen zu helfen”, sagte Wunsch, einer der falkenhafteren Notenbanker der EZB. “Es besteht ein echtes Risiko eines Auseinanderklaffens der beiden Politiken, und das Ergebnis wird sein, dass wir sowohl höhere Zinsen haben - weil wir unsere Aufgabe erfüllen müssen - als auch höhere Defizite.”

Die Äußerungen unterstreichen die Herausforderungen der Koordinierung von Geld- und Fiskalpolitik bei sinkendem Wirtschaftswachstum und steigender Inflation. Die Turbulenzen in Großbritannien haben gezeigt, was passieren kann, wenn Regierung und Zentralbank auf Kollisionskurs gehen.

Auch wenn die Situation in der Eurozone mit ihren 19 Ländern nicht so angespannt ist, drängt die EZB seit Monaten darauf, dass Unterstützungsmaßnahmen für Haushalte und Unternehmen gezielt eingesetzt werden, um die Inflation nicht weiter anzuheizen, die mit ca. zehn Prozent bereits fünfmal so hoch ist wie das offizielle Ziel.

Trotzdem stellen die Regierungen Hunderte von Milliarden Euro für die Begrenzung der Erdgaspreise und andere Initiativen zur Verfügung, und einige fordern europaweite Instrumente, um solche Schritte abzusichern und einen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu vermeiden.

Wunsch sagte, eine technische Rezession - allgemein definiert als zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfender Produktion - sei jetzt das Basisszenario für Europa, obwohl dies allein nicht ausreichen würde, um “die Inflation unter Kontrolle zu bringen”.

“Die Markterwartungen sind nun, dass wir die Zinssätze auf 3,0 Prozent anheben werden”, sagte er. “Wir sollten dies als eine Möglichkeit in Betracht ziehen.”

Im Zuge der Anhebung der Finanzierungskosten sollten sich die Währungshüter nicht beunruhigen lassen, wenn auf den Märkten “einzelne Anfälligkeiten“ auftauchen. Nicht jede solche Entwicklung würde eine Aktivierung des neuen Anti-Fragmentierungsinstruments der Institution rechtfertigen, und eine “gewisse Toleranz” im Umgang mit möglichen Krisen sei nötig, so Wunsch.

Bilanzabbau ratsam
Gleichzeitig sollte der Rat den Abbau der fünf Billionen Euro an Staatsanleihen vorantreiben, die die EZB während der jüngsten Krisen, einschließlich der Pandemie, angehäuft hat.

“Bei einer Inflation von zehn Prozent gibt es keinen Grund, warum wir eine so große Bilanz aufrechterhalten sollten”, sagte Wunsch. “Wir sollten so bald wie möglich und mit einem relativ geringen Volumen beginnen, um die Aufnahmefähigkeit des Marktes zu testen und dann das Volumen zu erhöhen, wenn wir uns sicher sind, dass die Märkte die Reduzierung verkraften können.” (aa)

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