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US-Medien kaufen die Börsenrallye, aber was ist mit dem Cover-Fluch?

Da der S&P 500 Index zu Beginn des Jahres 2024 um fast sieben Prozent geklettert ist, nachdem er 2023 um 24 Prozent gestiegen ist, könnte man meinen, dass die Finanzpresse zur Vorsicht mahnt, wie weit die Aktien noch weiter steigen können. Doch dazu kommt es nicht.

Nouriel Roubini scheint auch schon ins Bullenlager gewechselt zu sein, zumindest für dieses Jahr.
Nouriel Roubini scheint auch schon ins Bullenlager gewechselt zu sein, zumindest für dieses Jahr.© FONDS professionell

Selbst skeptische Finanzpublikationen ermutigen Investoren zum Kauf. So lautete auf dem Cover des Barron’s-Magazins dieses Wochenende die Schlagzeile „Bet on the Bull“, und zu Monatsanfang zeigte der Economist auf dem Titelblatt einen Bullen, der an Lufballons hängt, mit der Frage: „Wie hoch können die Märkte steigen?“

Was bedeutet das?
Deutet die Presse, die von einem Bullenmarkt spricht, darauf hin, dass der Bullenmarkt zu weit gegangen ist – oder dass er gerade erst begonnen hat? Die Antwort von Experten lautet: Es ist alles sehr kompliziert. „Ich werde immer sehr nervös, wenn Leute denselben konträren Indikator verwenden wollen“, sagte Peter Atwater von Financial Insights und außerordentlicher Professor bei William & Mary und der University of Delaware am Telefon gegenüber Bloomberg News. „Ich bevorzuge Indikatoren, über die niemand spricht. Je mehr Leute über diese Zeitschriften-Cover sprechen, desto weniger nützlich sind sie als Indikatoren für den Zeitpunkt eines Hochs oder Tiefs.“

Cover-Analyse für Hausse- beziehungsweise Baisse-Ende
Der vom Analysten Paul Macrae Montgomery erstellte Kontraindikator auf Basis von Magazin- Titelblättern wurde in der Vergangenheit oft als Signal dafür angesehen, dass ein Investment-Trend sein Ende erreicht hat. Man geht davon aus, dass die Herausgeber von Zeitschriften einen solchen Trend in der Regel zu spät in den Fokus rücken, weshalb die Gestaltung des Covers ein Zeichen dafür ist, dass der Trend zu Ende geht.

Beispiele
Eines der bekanntesten Beispiele war das Cover „The Death of Equities“ der Businessweek aus dem Jahr 1979, das am Ende des verlorenen Jahrzehnts der Aktienmärkte in den 1970er Jahren erschien, kurz bevor der Bullenmarkt in den 1980er Jahren begann. Dann gibt es noch das pessimistische Time-Cover „Holding on for Dear Life“, das am 9. März 2009 erschien, am selben Tag, an dem der S&P 500 in der globalen Finanzkrise von 2008 seinen Tiefpunkt erreichte und wieder zu steigen begann.

Was Edward Yardeni zu diesem Thema zu sagen hat
Laut dem bekannten Aktienbullen Ed Yardeni von Yardeni Research ist der Indikator tatsächlich am nützlichsten, wenn Mainstream-Nachrichtenpublikationen wie Time den Trend verstärken. „Konträre Indikatoren funktionieren am besten, wenn sie nur wenigen Menschen bekannt sind“, sagte Yardeni in einem Bloomberg-Interview. „Das nächste, was wir auf X sehen werden, ist, dass Leute darüber reden, in ein Taxi zu steigen, und alle Fahrer wollen über Nvidia und die Börse reden. Aber dort sind wir noch nicht.“

„Aktienblase“-Erwähnungen auf höchstem Niveau seit fast zwei Jahren

Allerdings liegt die Häufigkeit deutlich unter der Anzahl der Erwähnungen in der Meme-Aktien-Manie des Jahrws 2021.

Dennoch lohnt es sich, die Entwicklung der Finanzpresse im Auge zu behalten
2016 untersuchten die Citigroup-Analysten Greg Marks und Brent Donnelly fast 50 Cover von "The Economist" aus dem letzten Vierteljahrhundert, die ein Anlagethema entweder im positiven oder negativen Licht thematisierten. Sie fanden heraus, dass ein Jahr nach der Veröffentlichung Cover mit einer starken visuellen Tendenz in 68 Prozent der Fälle konträre Indikatoren waren.

„Dass ein Finanzthema andere nicht-finanzielle Themen in einer Zeitschrift wie "Time" oder "The Economist" verdrängt hat, zeigt, dass der Finanztrend möglicherweise kurz vor seiner Erschöpfung steht und die Aufmerksamkeit von Nicht-Finanz-Leuten auf sich gezogen hat“, sagte Doug Ramsey, Chief Investment Officer bei der in Minneapolis ansässigen Leuthold-Gruppe.

Bekehrte Skeptiker bereiten den Bullen Sorgen
Für einige weithin beachtete Aktienbullen sind die einzelnen Skeptiker, die nun auf den Zug aufspringen, die größte Sorge. Ryan Detrick, Chef-Marktstratege bei Carson Group Holdings – einem weiteren viel beachteten Aktienbullen – sagt, dass das bullishe Sentiment den Aktien eine Verschnaufpause verschafft, kurz nachdem der S&P 500 in 16 der letzten 19 Wochen gestiegen ist – etwas, was seit 1964 nicht mehr der Fall war. „Was uns Sorgen macht, ist, dass einige der lautstarken Bären auf den Zug aufspringen und optimistisch werden“, sagte Detrick am Telefon. „Die Messlatte liegt hoch, und jede Enttäuschung kann kurzfristig zu einem verdienten Abbruch der Rallye führen.“

Sogar Nouriel Roubini positiv gestimmt
So äußerte sich beispielsweise Nouriel Roubini, der wegen seiner anhaltenden pessimistischen Ansichten zur Weltwirtschaft den Spitznamen „Dr. Doom“ erhielt, kürzlich optimistisch, dass das US-Wirtschaftswachstum in diesem Jahr stark bleiben wird.

Und wie bei den meisten Regeln gibt es immer eine Ausnahme
Detrick bemerkte, dass Barron’s im Mai 2013, als die Aktien nach der Finanzkrise neue Höchststände erreichen wollten, eine Titelgeschichte mit dem Titel „This Bull Has Room to Run“ veröffentlichte, die es auf den Punkt brachte. Der Unterschied dieses Mal? Wer weiß, dieses Mal sieht nämlich der Bulle anders aus. „Im Gegensatz zu einigen früheren Covers war das Gesicht des Stiers diese Woche tatsächlich im Barron´s versteckt“, scherzte Yardeni. „Allein die Hörner zu zeigen, reicht möglicherweise nicht aus, um als Kontraindikator durchzugehen.“ (kb)

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