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DWS und Union Investment über die jüngsten Inflationszahlen

Der deutsche Verbraucherpreisindex (VPI) übertraf sein entsprechendes Vorjahresniveau im Mai um 6,1 Prozent, der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI stieg um 6,3 Prozent im Vorjahresvergleich. Das ist grundsätzlich eine gute Nachricht, für eine Entwarnung könnte es aber noch zu früh sein.

© SERSOLL / stock.adobe.com

Deutschland und die anderen großen Länder der Eurozone meldeten am Mittwoch eine deutliche Verlangsamung der Inflation und gaben damit den Argumenten einiger Währungshüter Auftrieb, dass sich die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank dem Ende nähern.

Die Verbraucherpreise stiegen laut einem Bloomberg-Bericht im Mai um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das ist ein Rückgang gegenüber 7,6 Prozent im April und liegt unter der mittleren Schätzung von 6,7 Prozent in einer Bloomberg-Umfrage unter Volkswirten. Ein Grund für den Rückgang waren die gesunkenen Kraftstoff- und Heizölkosten sowie die Einführung des verbilligten Deutschlandtickets für den öffentlichen Nahverkehr.

"Nach wie vor sind es vor allem die Energiepreise, die dafür verantwortlich sind. Im Vorjahresvergleich betrug der Anstieg nur noch 2,6 Prozent. Positiv ist auch, dass die Nahrungsmittelpreise ihren Höhepunkt überschritten haben. Dennoch fällt der Preisauftrieb mit 14,9 Prozent für die Verbraucher immer noch viel zu kräftig aus und stellt damit für untere Einkommensgruppen eine erhebliche Belastung dar. Erstmals stiegen auch die Preise für Dienstleistungen nur um 4,5 Prozent – dies ist allerdings auf die Einführung des Deutschlandtickets zurückzuführen", kommentiert Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa bei der DWS.

Auch in anderen Euro-Ländern sinkt die Inflation
Die Inflationsraten sanken auch in Frankreich und Spanien stärker als erwartet - in Spanien gar auf nur 2,9 Prozent, das ist die geringste Rate seit fast zwei Jahren. Auch in Italien war ein Rückgang zu verzeichnen, der jedoch geringer ausfiel als von Analysten erwartet. Die Zahlen für den Euroraum mit seinen 20 Ländern werden am Donnerstag veröffentlicht.

Die Inflationsdaten sind ein wichtiger Faktor für die nächste geldpolitische Entscheidung der EZB in zwei Wochen, bei der eine weitere Anhebung des Einlagensatzes um einen Viertelpunkt auf 3,5 Prozent wahrscheinlich ist.

Union Investment: EZB bleibt trotz sinkender Inflation gefordert
Für Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, ist der laufende Rückgang des deutschen Inflationsanstiegs eine gute Nachricht: "Nach 7,2 Prozent im April fiel sie im Mai deutlich auf 6,1 Prozent im Vorjahresvergleich. Aus Verbrauchersicht besonders erfreulich ist, dass vor allem Energie und Lebensmittel im Monatsvergleich günstiger geworden sind. Das zeigt sich etwa am starken Preisverfall bei Gas."

Der Preisdruck lässt Zeuner zufolge aber auch in vielen anderen Posten des Warenkorbes nach und die Kerninflation dürfte ihren Höhepunkt überschritten haben. Angebot und Nachfrage kämen grundsätzlich in ein besseres Gleichgewicht. Es gibt zwar Ausreißer nach oben im Dienstleistungsbereich wie bei Flugtickets oder Pauschalreisen. Mehr als kompensiert wurden diese Preissteigerungen im Mai aber durch den preisdämpfenden Effekt des 49-Euro-Deutschlandtickets, betont Zeuner seinerseits.

Die nun wieder intakten globalen Lieferketten sowie die schwache Konjunktur dämpfen auch mit Blick nach vorn den Inflationsdruck.

EZB weiterhin unter Zugzwang
Für die Europäische Zentralbank (EZB) bedeutet das aber trotzdem keine echte Entspannung, meint Zeuner: "Der Weg zurück auf die alte Inflations-Zielmarke von rund zwei Prozent ist lang. Ein schnellere Rückkehr verhindert einerseits der immer noch ziemlich robuste Arbeitsmarkt mit entsprechenden Lohnsteigerungen. Andererseits aber auch, weil die Unternehmen ihre Gewinnmargen besser als erwartet verteidigen können."

Hinzu kommt Zeuner zufolge, dass zwischen Juni und August der im Vorjahr preisdämpfende Effekt des Neun-Euro-Tickets wegfällt und dadurch die Kerninflation vorübergehend sogar wieder steigen könnte. "Deswegen besteht das Risiko, dass die EZB nicht nur bis Juli, sondern darüber hinaus an der Zinsschraube drehen wird." (aa)

Inflationsanstieg ist weniger stark, aber noch immer weit über dem Zwei-Prozentziel

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