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China: Investoren werden noch skeptischer

Großanleger werden immer immer misstrauischer gegenüber der kommunistischen Führung und drücken vorsichtshalber auf die Verkaufsknöpfe, um weitere Verluste zu vermeiden. Dabei bietet China trotz aller politischen Risiken noch immer interessantes Diversifikationspotenzial.

© natanaelginting / stock.adobe.com

Eine immer länger werdende Liste von Risiken verwandelt China in den Augen einiger globaler Investoren in einen potenziellen Krisenherd. Im Mittelpunkt der Zweifel: das Geschick von Staatschef Xi Jinping bei der Führung des bevölkerungsreichsten Landes der Welt. Das gab zuletzt ausländischen Anlegern Anlass zur Skepsis. Xis Treue zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, seine harte Hand bei der Durchsetzung der Zero-Covid-Strategie der Volksrepublik oder unberechenbare Kampagnen zur Regulierung ganzer Branchen - all das macht Investitionen im Reich der Mitte aktuell wenig attraktiv, rekapituliert Bloomberg die Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit.

China ist derzeit bei westlichen Investoren aus der Mode
Die Abflüsse aus chinesischen Aktien, Anleihen und Investmentfonds haben sich nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine noch beschleunigt. Auf Dollar lautende Private-Equity-Fonds, die in China investieren, sammelten im ersten Quartal nur 1,4 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) ein - der niedrigste Wert seit 2018.

Das Team von Simon Edelsten bei der britischen Investmentfirma Artemis Investment Management - mit einem verwalteten Vermögen von 37 Milliarden Dollar - verkaufte im vergangenen Jahr alle seine China-Investitionen. Grund war, dass Peking bei Mega-Börsengängen wie denen von Didi Global und Ant Group interveniert hatte. Für Artemis eine Bedrohung der Aktionärsrechte. Chinas robustere Rhetorik in Bezug auf Hongkong und Souveränitätsansprüche im Südchinesischen Meer haben den Fonds ebenfalls verunsichert, so Edelsten.

“Politik und Governance-Faktoren sollten jetzt den Ton angeben, insbesondere bei langfristigen Engagements in China”, sagte Edelsten. “Die Invasion in der Ukraine erhöht die Risiken sehr stark, und unsere Fonds werden wahrscheinlich noch einige Jahre lang sehr gering in China gewichtet bleiben”, fügte Edelsten hinzu.

Brendan Ahern, Chief Investment Officer bei Krane Funds Advisors, spricht von “wahllosen und kursunempfindlichen Verkäufen” chinesischer Aktien durch internationale Anleger im vergangenen Jahr. Pekings regulatorische Maßnahmen hätten sich “wie ein Angriff auf die angesehensten und am meisten im Ausland gehaltenen Unternehmen angefühlt”, so Ahern. Die Sanktionen gegen Russland weckten wiederum die Befürchtung, dass China dasselbe passieren könnte.

Es ist schwieriger geworden, an Chinas Kapitalmärkten Geld zu verdienen. Der Leitindex CSI 300 ist seit Jahresbeginn um etwa 15 Prozent gesunken. Die risikobereinigte Rendite - gemessen an der Sharpe-Ratio - ist mit minus 2,1 eine der niedrigsten weltweit - nur geringfügig besser als der Colombo All-Share Index von Sri Lanka. Im Verhältnis zum globalen Aktienindex von MSCI notiert der chinesische Index auf dem niedrigsten Stand seit 2014, wie nachfolgende Grafik zeigt:

Chinas Rentenmarkt verliert an Attraktivität
Kaum besser läuft es bei Festverzinslichen. Abgesehen davon, dass die Renditen auf chinesische Ramschanleihen im letzten Quartal die schlechtesten seit mindestens zehn Jahren waren bieten zum ersten Mal seit 2010 zehnjährige chinesische Benchmark-Staatsanleihen keinen Renditeaufschlag gegenüber US-Treasuries (siehe die zweite Grafik).

Chinesischer Markt bietet noch immer gutes Diversifikationspotenzial
Allerdings ist der Abschied aus China nicht leicht. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verfügt über einen 21 Billionen Dollar schweren Anleihemarkt und Aktienbörsen im Wert von 16,4 Billionen Dollar in China und in Hongkong. Seine Vermögenswerte bieten Anlegern eine gute Diversifizierung, meint etwa Joevin Teo, Investmentchef von Amundi Singapore, wohingegen Multi-Asset-Strategien mit der drohenden Inflation und der Verschärfung der globalen Finanzbedingungen zu kämpfen haben. Einige sehen chinesische Werte sogar als Zufluchtsort.

“Es ist eine der besten Diversifizierungsmöglichkeiten für globale Fonds, weil es so einzigartig ist”, meint Lin Jing Leong, von Columbia Threadneedle Investments, die rund 754 Milliarden Dollar an Vermögen verwalten. “Der Wachstumszyklus und der Inflationsdruck in China sowie die geringe Volatilität des Währungskorbs tragen zu besseren risikobereinigten Renditen bei.”

Die chinesischen Behörden sind zuletzt wieder etwas auf globale Fonds zugegangen, mit der Zusage, transparenter und berechenbarer vorzugehen und Aufsichtsbehörden Zugang zu Prüfungen zu gewähren. Doch trennen sich einige Unternehmen von Beteiligungen, darunter auch der Betreiber des Frankfurter Flughafens, die Fraport, die nach 14 Jahren ihren Anteil am Flughafen Xi’an abstieß, nachdem es ihr nicht gelungen war, das Geschäft auszubauen.

Zu den Bedenken anderer Investoren gehören Probleme, sich gegebenenfalls von Investitionen wieder zu trennen, oder Risiken wie potenzielle Investitionsverbote in den USA oder Verbraucherboykotte von Made-in-China-Produkten.

Da die Risiken zunehmen und die Chancen geringer werden, ist ein Engagement in China für globale Investoren nicht mehr uneingeschränkt zu empfehlen. In einer Rede letzte Woche rief US-Finanzministerin Janet Yellen Peking dazu auf, seine immer engeren Beziehungen zu Moskau zu hinterfragen.

“Die Haltung der Welt gegenüber China und ihre Bereitschaft zu einer weiteren wirtschaftlichen Integration könnte von Chinas Reaktion auf unsere Forderung nach einem entschlossenen Vorgehen gegen Russland beeinflusst werden”, sagte Yellen. (aa)

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