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Überblick: Wie die Politik das Energiepreischaos stoppen könnte

Zur Reduzierung der aktuell hohen Energiepreise stehen der Politik grundsätzlich mehrere Möglichkeiten offen. Diese haben Vor- und Nachteile und könnten bei der Einführung eines Preisdeckels im Extremfall zu einem Blackout führen.

© blackday / stock.adobe.com

Angesichts der sich verschärfenden Energiekrise und des nahenden Winters plant die Europäische Union Sofortmaßnahmen, um die steigenden Energiekosten für Unternehmen und Haushalte in den Griff zu bekommen, berichtet Bloomberg.

Die Idee besteht darin, die Preise kurzfristig zu begrenzen und längerfristig die Bestimmung der Energiepreise überhaupt neu zu regeln, indem die Kopplung zwischen Gas und Strom aufgehoben wird. Es ist noch nicht klar, wie die Ziele erreicht werden sollen, und es sind in jedem Fall einige hohe Hürden zu überspringen.

Ein Problem besteht darin, dass jedes Land einen anderen Energiemix hat, so dass ein einheitlicher Ansatz wahrscheinlich nicht für alle geeignet ist. Eine weitere Schlüsselfrage ist, wer die Kosten trägt - etwa durch staatliche Finanzierung oder die Erhebung von Sondersteuern für Stromerzeuger.

Nachfolgende potenzielle Optionen sind möglich:

Obergrenze nach spanischem Vorbild
Spanien und Portugal waren die ersten Länder, die von den EU-Wettbewerbsregeln abwichen und eine Obergrenze für Gas festlegten, um die Stromkosten zu senken. Die Unterstützung fließt als direkter Zuschuss an die Stromerzeuger zur Finanzierung eines Teils ihrer Brennstoffkosten.

Der größte Nachteil ist, dass niedrigere Preise zu Exporten über grenzüberschreitende Verbindungen in Nachbarländer führen können. Besser wäre eine Obergrenze auf EU-Ebene. Zudem wäre sie effektiver in Ländern, die mehr Gas verbrauchen. Zudem sind direkte Eingriffe in die Märkte bei Händlern nicht beliebt.

Laut der portugiesischen Regierung liegen die Preise im Schnitt 17 Prozent unter dem Marktpreis, der sich ohne den Mechanismus ergeben hätte.

Übergewinn-Steuern
Angesichts der rekordhohen Preise machen einige Stromerzeuger große Gewinne, die von der Politik nicht ignoriert werden können. Großbritannien hat bereits eine Übergewinn-Steuer auf die Gewinne von Öl- und Gasunternehmen eingeführt, wollte diese aber nicht auf den Stromsektor ausweiten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat ebenfalls eine kurzfristige Steuer auf “übermäßige” Gewinne von Energieunternehmen vorgeschlagen.

Ein offenkundiges Problem ist die Definition von “übermäßigen” Gewinnen. Außerdem wirken sich die hohen Preise durchaus unterschiedlich aus. Uniper beispielsweise schreibt keine Übergewinne sondern benötigt vielmehr eine staatliche Rettungsaktion wegen der gedrosselten russischen Lieferungen. In Österreich braucht die Wien Energie womöglich ebenfalls eine Rettung.

Ipek Ozkardeskaya, leitende Analystin der Swissquote Bank, warnt auch vor nicht intendierten Folgen einer solchen Steuer: “Die Energieunternehmen könnten mit einer Verringerung der Produktion reagieren, was das Risiko einer weiteren Verschärfung der Energiekrise birgt.”

Energietrennung
Um den Einfluss von Gas auf die Strompreise einzudämmen, sollen erneuerbare Energien und Kernenergie in einen Topf geworfen und die Preise für Gas und andere fossile Brennstoffe davon getrennt werden, so der Vorschlag Griechenlands. Das bedeutet im Grunde niedrigere Preise für sauberen Strom, die die niedrigeren Produktionskosten widerspiegeln.

Reduzierung der Nachfrage
Die EU hat sich bereits auf ein freiwilliges Ziel zur Senkung der Gasnachfrage um 15 Prozent geeinigt, doch könnten weitere Maßnahmen zur Koordinierung der Nachfrageverminderung ergriffen werden.

Begrenzung der Importpreise
Italien fordert seit langem eine Begrenzung des Preises für Gasimporte aus Russland, um die steigenden Energiekosten einzudämmen. Länder wie Deutschland - der größte Importeur von russischem Gas - haben sich jedoch skeptisch gezeigt, und Moskau müsste dem zustimmen. Die USA drängen auf eine ähnliche Obergrenze für russisches Öl, doch auch hier gibt es massive Hindernisse.

Differenzverträge für Erneuerbare
Viele Wind- und Solarprojekte haben langfristige Verträge über den Verkauf von Strom zu Festpreisen abgeschlossen. Diejenigen, die dies nicht tun, können bei hohen Strompreisen große Gewinne erzielen, sind aber auch Risiken ausgesetzt. Dazu gehört auch, dass die Preise auf Null sinken können, wenn das Angebot an Solar- und Windenergie zu groß ist - etwas, das mit der Inbetriebnahme neuer Anlagen immer häufiger vorkommen wird.

Die Abkopplung der erneuerbaren Energien vom Gasmarkt würde von vielen Erzeugern und Investoren begrüßt, wenn sie durch eine Ausweitung der Subventionen für Differenzverträge - die Fixpreise garantieren - erreicht würde und damit Garantien für zukünftige Investitionen böte.

Entkopplung von Gas
Die britische Regierung prüft Änderungen am Großhandelsmarkt für Strom, die verhindern sollen, dass die stark schwankenden Gaskosten den Preis für Strom aus billigeren erneuerbaren Energien bestimmen. Sie will auch Anreize für Verbraucher schaffen, Energie aus dem Netz zu beziehen, wenn die Nachfrage niedrig ist oder das Angebot steigt. Zu den Optionen für die Entkopplung von Gas gehören ein separater Markt für Strom aus erneuerbaren Energien sowie eine regionale Preisgestaltung.

Eine Änderung der Preisgestaltung für Strom wird äußerst schwierig werden. Zu den größten Risiken gehören unbeabsichtigte Folgen oder die Abschreckung künftiger Investitionen, vor allem aber die Gewährung der Versorgungssicherheit. (aa)

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