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Morddrohungen, Hass: Hedgefonds-Manager geraten ins Fadenkreuz

Hedgefonds müssen die Sicherheitsbemühungen erhöhen. Denn Systemkritiker, darunter neuerdings auch vermehrt frustrierte Kleinleger, stoßen wilde Morddrohungen gegen die früheren "Master of the Universe" aus. Diese fürchten nun um ihre Sicherheit und erhöhen die Wachsamkeit.

© rimomrimom / stock.adobe.com

"Short ist Mord", lautet eine alte Börsenweisheit. Daraus könnte nun im wahrsten Sinn des Wortes eine Gefahr für Leib und Leben werden. Millionen von Amateurinvestoren haben, angefeuert von den sozialen Medien, der Wall Street den Kampf angesagt. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern es ist auch ein ideologischer Kampf gegen diejenigen, die als das Establishment der Wall Street angesehen werden. Im Visier stehen insbesondere Hedgefondsmanager und ihre Shortpositionen. Wurde der Kampf bislang sportlich fair auf dem Börsenparkett ausgetragen, wird es nun offenbar persönlicher.

Einige wie Gabe Plotkin und Steve Cohen, haben persönliche Drohungen erhalten oder wurden Objekt einer Hetzjagd. Dies hat dazu geführt, dass die Sicherheitsvorkehrungen für einige der reichsten Investoren der Welt verstärkt wurden. Experten fragen sich, ob inzwischen schon der bloße Besitz einer bestimmten Aktie oder das Wetten dagegen neue Sicherheitsrisiken darstellen könnte. Über diese Entwicklung berichtet Bloomberg.

Frage der Positionierung
“Wir sagen unseren Kunden jetzt: Erzählen Sie uns von Ihren Positionen“, berichtet Insite Risk Management-Präsident Christopher Falkenberg, ein ehemaliger Spezialagent des Geheimdienstes, dessen Unternehmen Risikomanagementprogramme für Finanzunternehmen, Fonds und große gemeinnützige Organisationen entwirft und umsetzt. „Das haben wir noch nie gemacht. Und wir haben Kunden mit Short-Positionen, die zu uns sagen: ‘Wir brauchen ein neues Sicherheitsprogramm.’ “

Sicherheitsbedenken für die Reichen sind nichts Neues. Vor fast zwei Jahrzehnten wurde der Hedgefonds-Milliardär Eddie Lampert auf den Rücksitz eines Ford SUV gezwungen und 28 Stunden lang in einem Motel als Geisel gehalten (er wurde unverletzt freigelassen und die Täter wurden schnell gefasst).

Große Trader gelten nicht mehr als Vorbilder, sondern als Feinde
Bei den Ereignissen der letzten Wochen geht es jedoch nicht nur um Geld. Es ist auch ein ideologischer Kampf gegen diejenigen, die als das Establishment der Wall Street angesehen werden.

Gabe Plotkin, dessen Melvin Capital Management Milliarden mit Leerverkäufen von GameStop Corp. verloren hat, heuerte für seine Familie zusätzliche Sicherheitskräfte an, nachdem er das Ziel antisemitischer Beleidigungen und anderer Verunglimpfungen war, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten. Milliardär Steve Cohen sagte, seine Familie habe persönliche Drohungen erhalten, in denen er aufgefordert wurde, seinen Twitter-Account zu kündigen.

“Die Hetzjagd ist extremer und konzentriert sich nicht nur auf ihre Aktienpositionen, sondern auch auf ihre kulturellen Ansichten”, sagte Falkenberg. “Es wird persönlicher und der Trader wird mehr zu einem persönlichen Feind.”

Persönliche Überwachung
Im Jahr 2019 berichtete die Financial Times, dass Investoren, die gegen das deutsche Zahlungsunternehmen Wirecard wetteten, überwacht wurden, auch von einer Gruppe, die von einem ehemaligen libyschen Geheimdienstchef geführt wurde.

Matthew Earl, ein früher Kritiker von Wirecard, berichtete, dass ein verdächtiges Auto einmal seinem kleinen Sohn und dem Kindermädchen gefolgt sei und Fotos von ihnen gemacht habe, und dass er aus Fahrzeugen beobachtet wurde, die vor seinem Haus geparkt waren. Einmal sprachen sie ihn sogar an seiner Haustür an.

Es sei eine ständige latente Bedrohung gewesen, berichtet er. Es sei sehr traumatisch gewesen und psychologisch sehr schwierig, damit umzugehen.

Die schiere Menge an Leuten, die online posten - die überwiegende Mehrheit von ihnen tippt nur ihre Wut in den Computer und widmet sich dann der nächsten Sache -, mache es schwieriger, Risiken zu überwachen und zu bewerten, so Falkenberg. Und die Bedrohungen können auch anhalten, nachdem ein Unternehmen oder eine Person aus einem bestimmten Handelsgeschäft ausgestiegen ist.

“Selbst wenn sie die Transaktionen auflösen, repräsentieren sie das Establishment”, sagte er. “Dies wird die Dinge für unsere Kunden ändern.”

Transparenz ist gefährlich
Der Online-Fanatismus veranlasste auch einen der angesehensten gegenläufigen Investoren der Wall Street, Citron-Research-Gründer Andrew Left, seinen Kurs zu ändern. Er kündigte an, dass seine Firma keine Leerverkäufe mehr veröffentlichen werde, nachdem ein wütender Anleger-Mob ihn und seine Familie bedroht hatte. Citron hatte zuvor eine Live-Stream-Veranstaltung unterbrochen, weil zu viele Leute seinen Twitter-Account gehackt hatten.

“Ich habe noch nie einen solchen Ideenaustausch von Menschen gesehen, die so wütend auf jemanden sind, der auf der anderen Seite einer Handelstransaktion steht”, sagte Left in einem Video. (aa)

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