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Berlins Enteignungspläne: Das sagen ausgewählte Branchenvertreter

Relativ unbemerkt vom Ergebnis der deutschen Bundestageswahl bekam das Berliner Votum, größere Immobilienbesitzer zu enteignen - und zwar mit Entschädung "deutlich unter Verkehrswert" - eine Mehrheit. Das könnte Institutionelle viel Geld kosten. Die Branche ist alarmiert und warnt vor den Folgen.

© Tiberius Gracchus / stock.adobe.com

Die Entscheidung vieler Berliner Mieter, den Senat eine Enteignung großer Vermieter prüfen zu lassen, ist von Branchenvertretern scharf kritisiert worden. Die Immobilienindustrie befürchtet, dass sich Investoren aus Deutschland zurückziehen und Modernisierungen bestehender Wohnungen ausbleiben. Sie begründen dieses mit der Unsicherheit, die sich nun über Monate und Jahre durch den Markt ziehen könne. Darüber informiert Bloomberg.

"... deutlich unter dem Verkehrswert"
Die Berliner stimmten bei einem Volksentscheid am Sonntag zu 56 Prozent dafür, den Senat aufzufordern, alle Maßnahmen einzuleiten, die für die Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind. Betroffen sind die Bestände privatwirtschaftlicher Wohnungsunternehmen mit über 3.000 Wohnungen in Berlin gegen Entschädigung “deutlich unter Verkehrswert”.

Ob es dazu kommen wird, ist laut Bloomberg freilich unklar. Zum einen ist der Volksentscheid für den Senat rechtlich unverbindlich, zum anderem wären juristische Fragen zu klären. Auch ist die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey eine dezidierte Gegnerin der Enteignungen. Dennoch geht von dem Votum ein Signal aus.

Harsche Kritik
“Die Bestrebungen zur Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin beobachte ich mit Sorge wegen der möglichen Auswirkungen auf die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland”, hatte Andreas Arndt, Vorstandschef des Immobilienfinanzierers Deutsche Pfandbriefbank, schon vergangene Woche in einem Bloomberg-Interview gesagt. In dieselbe Richtung argumentieren auch andere Beobachter und Branchenvertreter nach dem Votum. Hier ist eine Übersicht:

Roman Heidrich, Experte für Immobilienbewertungen bei Jones Lang LaSalle: “Höchst wahrscheinlich könnte es als direkte Reaktion zu einem sofortigen Stopp der meisten Investitions- und Modernisierungspläne führen, mit Auswirkungen auf die langfristige Bewirtschaftung der betroffenen Immobilien.”

Vermieter Vonovia äußerte sich in einer Mitteilung auf Englisch: “Vonovia wertet die erfolgreiche Volksabstimmung als weiteres Zeichen dafür, dass sich die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt dringend ändern muss. Eine Enteignung würde die Situation jedoch nicht verbessern, sondern nur verschlimmern. Es würde keine einzige neue Wohnung entstehen und Investitionen in die Modernisierung würden zum Erliegen kommen.”

Felix von Saucken, Berater für Wohnimmobilien beim Makler Colliers International: “Das höchste Gut ist der Schutz privaten Eigentums. Durch die Enteignung von Wohnraum wird keine einzige Wohnung zusätzlich gebaut. Im Gegenteil: Der Druck wird sich deutlich erhöhen. Viele Investoren und Wohnungsbauunternehmen werden den deutschen Markt meiden.”

Vermieter Deutsche Wohnen: “Wir gehen nicht davon aus, dass es in den kommenden Jahren zu einer Enteignung der Wohnungsbestände großer Immobilienunternehmen in Berlin kommen wird. Enteignungen wären weder verfassungskonform noch für die Berliner:innen finanziell tragbar.”

André Adami, Bereichsleiter Wohnen beim Immobilienberater Bulwiengesa: “Private und genossenschaftliche Bestandshalter werden sehr schnell ihre Instandhaltungs- und Modernisierungsstrategien überprüfen. Außerdem werden teilweise Verkaufsstrategien aufgelegt, um die Grenze von 3.000 Wohneinheiten zu unterschreiten.”

SPD-Politikerin äußert Bedenken
Giffey, Spitzenkandidatin des Berliner Wahlsiegers SPD, sagte im ARD-Morgenmagazin, der Volksentscheid sei zwar zu respektieren und die notwendigen Schritte seien einzuleiten. Zugleich schränkte sie ein: “Wenn das nicht verfassungskonform ist, dann können wir das auch nicht machen”.

Zu den größten Vermietern in Berlin zählen Deutsche Wohnen und Vonovia, die gerade an einer Fusion arbeiten. Beide Unternehmen hatten erst vor wenigen Tagen dem Land Berlin rund 15.000 Wohnungen freiwillig verkauft. (aa)

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