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Aktivisten lassen eher CEO-Köpfe rollen als dass ein Wandel gelingt

Aktivistische Investoren sind erfolgreicher darin, die Manager ihrer Zielunternehmen in Europa vor die Tür zu setzen, als dort drastische Veränderungen zu erzwingen - zumindest bislang. Das liegt an mehreren Gründen.

© Ascannio / stock.adobe.com

Aktivismus seitens gewisser Finanzinvestoren führt nicht immer gleich zu höheren Renditen, sondern kostet oftmals nur den Vorstandsvorsitzenden den Job: Auf eine Welle von Kampagnen, die in den letzten 18 Monaten gestartet wurden, folgten die Rücktritte von Vorstandsvorsitzenden bei Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt mehr als 225 Milliarden Dollar (210 Milliarden Euro), wie aus von Bloomberg zusammengestellten Daten hervorgeht. Sie reichen vom britischen Telekommunikationsriesen Vodafone Group bis zum Schweizer Softwareentwickler Temenos.

Trotz der personellen Erfolge warten viele Aktivisten immer noch darauf, dass die Unternehmen tiefgreifende strukturelle Veränderungen wie Zerschlagungen vornehmen, die ihrer Meinung nach notwendig sind, um die schwächelnden Aktienkurse in Schwung zu bringen und die Unternehmen besser für die kommenden Jahre zu positionieren.

“Zerschlagungskampagnen waren in den letzten zwölf Monaten schwieriger durchzuführen“, sagte Tom Matthews, ein Partner bei der Anwaltskanzlei White & Case. “M&A- und IPO-Lösungen sind angesichts der verschlossenen Anleihe- und Aktienmärkte schwieriger geworden.”

Weitere Köpfe rollen
Letzte Woche kündigte der Leverkusener Pharma- und Agrarkonzern Bayer, der in den letzten Jahren mit dem Druck von Elliott Investment Management und Temasek Holdings zu kämpfen hatte, den vorzeitigen Abgang von CEO Werner Baumann an. Der Konzern ist bestrebt, die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der glücklosen Übernahme von Monsanto Co. im Jahr 2018 hinter sich zu lassen.

Allerdings war Bayer schon vor dem jüngsten Einstieg von Inclusive Capital Partners von Jeff Ubben und dem kleinen, aber lauten Aktivisten Bluebell Capital Partners dabei, die Spitze des Unternehmens umzukrempeln. Die Ernennung des ehemaligen Pharmachefs der Roche Holding AG, Bill Anderson, zum nächsten Bayer-CEO erhöht indes die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktivisten den Druck in Richtung einer möglichen Aufspaltung des Unternehmens erhöhen.

Ähnlich verhält es sich in Großbritannien, dem bevorzugten Jagdrevier der Aktivisten in der Region.

Vodafone hat im vergangenen Jahr CEO Nick Read inmitten wirtschaftlicher Schwierigkeiten und eines lang anhaltenden Kursverfalls entlassen. Sein Abgang erfolgte, nachdem Cevian Capital, Coast Capital und der französische Milliardär Xavier Niel zu verschiedenen Zeitpunkten Anteile an dem Unternehmen erworben hatten. Anfang 2022 gab der aktivistische US-Investor Nelson Peltz eine Beteiligung an Unilever bekannt, und kurz darauf kündigte der britische Konsumgüterhersteller den Rücktritt von CEO Alan Jope an.

In der Schweiz schied Max Chuard im Januar als CEO des Bankensoftwareherstellers Temenos aus, der von dem aktivistischen Investor Petrus Advisers aufgefordert wurde, das Management auszutauschen und eine Strategieüberprüfung durchzuführen. Temenos erklärte, Chuard habe beschlossen, dass es der richtige Zeitpunkt für seinen Rücktritt sei, nachdem er ein starkes Führungsteam aufgebaut habe.

Filetierung und Verkauf ist komplexer
“Kampagnen zur Absetzung von Vorstandsmitgliedern waren erfolgreicher als solche, die auf die Zerschlagung oder Veräußerung von Unternehmen abzielen”, so Malcolm McKenzie, Managing Director bei Alvarez & Marsal. “Das liegt zum Teil an der Komplexität des Entscheidungsprozesses sowie an der Größe, dem Risiko und den Kosten des Vorhabens, die jeder Entscheidung zur Veräußerung zugrunde liegen.”

Wenngleich die Abgänge von CEOs durch verschiedene Faktoren verursacht werden können und die direkten Auswirkungen des Drucks von Aktivisten schwer zu messen sind, ist die schiere Zahl der Abgänge von Führungskräften in der Region bemerkenswert.

Andere Aktivisten, die hinter den Kulissen an der Umgestaltung von Unternehmen arbeiten, sind Elliott bei SSE und Third Point bei Shell. Beide traten bei den in Großbritannien börsennotierten Energiekonzernen mit einem gemeinsamen Ziel an: Aufspaltung und eine stärkere Ausrichtung auf erneuerbare Energien. Beide müssen noch besänftigt werden.

Die meisten Aktivisten in Europa vermieden das öffentliche Anprangern von Unternehmen zugunsten von Vier-Augen-Gesprächen mit den Boards, sagt Oliver Scharping, Portfoliomanager bei der Bantleon. “Aktivisten haben in der Vergangenheit die harte Gangart ausprobiert, setzen aber heute auf einen weniger konfrontativen Stil”, merkt Scharping abschließend an. (aa)

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