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Quant.Capital: Beliebtes Kriseninstrument erhöht Deflationsrisiken

Die in Deutschland und anderen europäischen Ländern eingeführten Kurzarbeitsprogramme führen auf mittlere bis längere Sicht über Kaufkraftverluste zu Deflation, warnt Quant.Capital Management.

Ivan Mlinaric, Quant.Capital Management
Ivan Mlinaric, Quant.Capital Management© Quant.Capital Management GmbH

Kurzarbeit birgt Gefahr einer deflationären Spirale, betont Quant.Capital Management in einer akuellen Einschätzung. Um die Pandemie-Krise zu bewältigen, setzen die Länder auf ganz unterschiedliche Instrumente. Während in China wieder gearbeitet wird und die USA auf massive Geldströme setzen, wird in Europa vor allem kurzgearbeitet. „Diese Kurzarbeit birgt allerdings die Gefahr eines deflationären Drucks“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer von Quant.Capital Management.

Gute Erfahrungen in der Finanzkrise
Der breite Einsatz der Kurzarbeit in ganz Europa sei der positiven Erfahrung mit diesem Instrument insbesondere in Deutschland in der Finanzkrise 2008/2009 zu verdanken. „Kurzarbeit ist ein mächtiges Instrument“, sagt Mlinaric. Es erlaubt, viele Angestelltenverhältnisse trotz der Krise für eine gewisse Zeit zu erhalten. „Damit wird der Punkt, an dem die Wirtschaft strukturell Schaden nimmt, nach hinten verschoben“, sagt Mlinaric. Das wiederum verbessert die Voraussetzungen für eine mögliche, schnelle Erholung der Wirtschaft nach der Krise.

Denn anders als etwa in den USA, wo Arbeitsplätze in großem Umfang abgebaut werden, bleibt hier die Belegschaft erhalten, bleiben Unternehmensstrukturen intakt und stehen sofort wieder zur Verfügung, wenn die Produktion hochgefahren werden soll. Dabei sei laut Mlinaric klar, dass in den USA der Arbeitsmarkt insgesamt durchlässiger und weniger reguliert ist, die Unternehmen also wesentlich schneller entlassen und wieder einstellen, als es in Europa auch aus bürokratischen Überlegungen heraus möglich ist.

Kurzarbeit ist langfristig schlecht
Durch ihren in der aktuellen Krise sehr breiten Einsatz kann Kurzarbeit aber problematisch werden: „Sie führt dazu, dass breite Teile der Arbeiterschaft deutliche Einbußen des Nettogehalts hinnehmen müssen“, sagt Mlinaric. „Der Verlust an Kaufkraft wird somit nicht nur die Arbeitslosen treffen, sondern auch Menschen in Beschäftigung.“ Hierdurch kann, bei übermäßigem und vor allem langem Einsatz, ein nachhaltiger disinflationärer Druck entstehen. „Das Gespenst der Deflation spukt bald wieder“, so Mlinaric.

Entscheidend wird sein, wie lange die Kurzarbeit anhält, wie lange also auch ein großer Teil der Arbeitnehmer in Deutschland und Europa auf Kaufkraft verzichten müssen. „Für einen Zeitraum von wenigen Monaten hat die Kurzarbeit in der Finanzkrise 2008/2009 sehr gut funktioniert“, sagt Mlinaric. „Hält diese Phase aber länger an, kann größerer Schaden entstehen.“

Deflation gilt volkswirtschaftlich als schädlich, da in Erwartung sinkender Preise Investitionen wie Konsum nach hinten geschoben werden. Das wäre das genaue Gegenteil von dem, was man sich nach der Krise erhoffe. Dauert der Shutdown nicht mehr allzu lange, ist von einer großen Dynamik auszugehen, die von Nachholeffekten angeschoben wird. „Insofern sehen wir es als sehr positiv an, wenn der Shutdown nicht zu lange andauert“, so Mlinaric. „Jede Chance, die Situation auch in kleinen Schritten wieder zu normalisieren, sollte genutzt werden.“ (aa)

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