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Warum Nord Stream 2 bis zum Winter noch nicht bereit sein könnte

Die Nord Stream 2-Pipeline könnte Europas Gaskrise lindern. Es gibt jedoch noch Hindernisse, deren Beseitigung Monate dauern könnte.

Die Bevölkerung hofft auf baldige Gaslieferungen aus Rußland, damit die Versorgung über den Winter gesichert ist.
Die Bevölkerung hofft auf baldige Gaslieferungen aus Rußland, damit die Versorgung über den Winter gesichert ist.© knssr / stock.adobe.com

Die Verbindung der Nord Stream 2-Pipeline durch die Ostsee von Russland nach Deutschland ist fertiggestellt und wurde zu Testzwecken mit Gas befüllt. Der Exporteur Gazprom PJSC hat in dieser Woche die dänische Genehmigung für den Start einer der Leitungen erhalten, muss aber noch die Genehmigung Deutschlands einholen, bevor der Brennstoff nach Westeuropa fließen kann. Bloomberg analysiert, was noch aussteht, bevor Gas fließt bzw. woran dies scheitern könnte.

Genehmigung Deutschlands
Die Bundesnetzagentur muss sich davon überzeugen, dass der Betreiber, die Nord Stream 2 AG, die Vorschriften der Europäischen Union erfüllt, die eine Trennung des Gastransports von der Produktion und dem Verkauf vorschreiben.

Deutschland hat bis Anfang Januar Zeit, einen Entwurf für eine Entscheidung über die Zertifizierung vorzulegen, den sie dann der Europäischen Kommission zur Prüfung übermitteln muss. Die EU hat dann zwei Monate Zeit, um zu entscheiden. Der Zeitrahmen, kann um weitere zwei Monate verlängert werden. Der Prozess könnte theoretisch also bis Mai dauern.

Politischer Widerstand
Die Gaskrise hat Europa ihre Abhängigkeit von Russland, ihrem größten Lieferanten, deutlich vor Augen geführt. Gazprom hat die Gaslieferungen an den Kontinent gedrosselt, um seine eigenen Vorräte für den Winter aufzufüllen. Das hat Kritik hervorgerufen, dass Gazprom die Lieferungen zurückhält, um eine schnellere Genehmigung für Nord Stream 2 zu erzwingen. Das Unternehmen sagt, es erfülle alle vertraglichen Verpflichtungen.

Am Mittwoch stoppten Kommentare von Präsident Wladimir Putin die Preisrally. Er erklärte, Russland könne zur Stabilisierung der Lage beitragen und in diesem Jahr möglicherweise Rekordmengen nach Europa exportieren. Eine schnelle Zertifizierung von Nord Stream 2 wäre ein Weg, um dies zu erreichen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Alexander Nowak.

Im Europäischen Parlament gibt es die Sorge, Nord Stream 2 könne ohne die erforderlichen Genehmigungen in Betrieb gehen. Abgeordnete forderten am Dienstag die Europäische Kommission auf, alle Befugnisse zu nutzen, um die Einhaltung des EU-Rechts zu gewährleisten und eine “klare und robuste Position” im Zertifizierungsverfahren einzunehmen.

Die Politik muss dabei zwischen dem Bedürfnis der EU nach Energiesicherheit und der sich beschleunigenden Abkehr von fossilen Brennstoffen abwägen. Da die Grünen nach der Bundestagswahl eine Schlüsselrolle in den Koalitionsgesprächen spielen dürften, sind weitere politische Rückschläge für das Projekt nicht ausgeschlossen.

Rechtliches Risiko
Nachdem der Betreiber der Pipeline mitgeteilt hatte, dass mit der Befüllung einer der Leitungen begonnen worden sei, wollte die deutsche Regulierungsbehörde sicherstellen, dass die Pipeline nicht in Betrieb genommen wird, bevor die nötigen Genehmigungen vorliegen.

Nach den der Agentur vorliegenden Informationen könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Nord Stream 2 AG die Verbindungsleitung in naher Zukunft in Betrieb nehmen wird, teilte die Behörde am 4. Oktober mit. Sie forderte Nachweise, dass alle regulatorischen Anforderungen für den Zugang Dritter erfüllt sind.

Bei einem vorzeitigen Durchfluss müssten alle Beteiligten mit Strafen rechnen. Ob der Betreiber angesichts der Brennstoffknappheit bereit wäre, eine Geldstrafe zu riskieren, ist unklar. Nord Stream 2 hat mehrfach erklärt, alle erforderlichen Verfahren würden eingehalten, bevor die Leitung in Betrieb geht.

2021 noch möglich
Einige Branchenbeobachter, von der Bank of America Corp. bis zu ICIS, halten einen Start noch in diesem Jahr für möglich, insbesondere, falls die Energiekrise in Europa die Akteure motiviert, die behördlichen Genehmigungen zu beschleunigt.

“Es ist immer noch plausibel, dass Nord Stream 2 in gewissem Umfang im Jahr 2021 in Betrieb gehen könnte”, sagte Tom Marzec-Manser, Analyst bei ICIS. “Nur weil eine Regulierungsbehörde maximal vier Monate Zeit hat, einen Antrag zu genehmigen, heißt das nicht unbedingt, dass es auch vier Monate dauern wird.” (aa)

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