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Mark Dowding über die Abhängigkeit Europas von russischem Gas

Die steigenden Erdgaspreise verstärken die Inflationssorgen, wobei UK besonders schwer getroffen ist. Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management, äußert sich zu den explodierenden Erdgaspreisen, der Energieautarkie der USA und Europas gefährlicher Annäherung an Putin.

Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management
Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management© Hemmerich / Institutional Money

„Im Vereinigten Königreich kletterte der Großhandelspreis für Erdgas auf einen neuen Rekord, bis sich auf einen Wink von Wladimir Putin der Preisanstieg beruhigte. Während den Anlegern mit Blick auf die Auswirkungen der Energiepreise auf den Verbraucherpreisindex nichts Gutes schwant, stiegen die Breakeven-Sätze für zehnjährige inflationsgebundene britische Staatsanleihen auf mehr als 4 Prozent – ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Inflationserwartungen zunehmend vom Inflationsziel der Bank of England abkoppeln" stellt Mark Dowding, CIO von BlueBay Asset Management, fest.

Das Erdgasangebot ist nach wie vor knapp
Und das noch dazu, bevor die kalte Wintersaison mit ihren Nachfragespitzen beginnt. Die politischen Entscheidungsträger in Europa würden sich allmählich der Tatsache bewusst, so Dowding weiter, dass der Kontinent durch seine umweltfreundliche Politik immer abhängiger von russischen Energieimporten werde. Dies könnte in den kommenden Jahren zu verstärkten Investitionen sowohl in erneuerbare Energien als auch Kernenergie führen. Kurzfristig sei jedoch guter Rat teuer.

UK machtlos, was Europas Gaspolitik anbelangt
Im Moment sehe es so aus, als wenn der Kontinent alles daransetze, Russland zu umgarnen. Das Vereinigte Königreich werde akzeptieren müssen, dass es nicht mehr in der Lage sei, andere zur Räson zu rufen. Derweil entspricht das derzeitige Niveau der Gasgroßhandelspreise in Europa, in Relation zu den Ölpreisen gesetzt, einem Preis von fast 250 US-Dollar pro Barrel.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich in den USA
Da das Land energieautark ist, haben sich die Gaspreise in wesentlich geringerem Maße bewegt. Weil die Inflation in den USA aber bereits deutlich über dem Zielwert der Fed liegt, dürfte das hohe US-Preisniveau gleichwohl länger anhalten als prognostiziert, meint der Experte.

Arbeit für einige nicht mehr prioritär
Der Aufwärtsdruck auf die Löhne angesichts der starken Nachfrage nach Arbeitskräften führt auch zu einem Umdenken innerhalb der Fed, wie im Zuge ihrer jüngsten Sitzung deutlich wurde. Dowding dazu: "Tatsächlich könnte die Pandemie die Erwerbsbeteiligung älterer und weiblicher Arbeitnehmer dauerhaft verringert haben, was offenbar zum Teil mit einer Neubewertung der Prioritäten im Leben zusammenhängt. Selbst wenn die höhere Inflation in den USA eine Folge der starken Konjunkturentwicklung und der robusten Nachfrage ist, könnte sie zulasten des Wachstums in Europa und im Vereinigten Königreich gehen. Wir sind der Ansicht, dass diese Divergenz die Aussichten für den US-Dollar stützt."

Bei BlueBay AM rechnet man damit, dass das europäische Pandemie-Notfallankaufsprogramm PEPP im März ausläuft. Gleichzeitig rechnet man mit der Weiterführung der Ankäufe von Assets. Dowding: "Weil die Inflationserwartungen in Europa wohl fester verankert sind, sehen wir hier mehr Spielraum für eine weiterhin lockere Geldpolitik.“ (kb)

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