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T. Rowe Price: Wird die Fed trotz neuer Virus-Variante restriktiver?

Powells Abkehr vom Ausdruck "vorübergehende" Inflation zeigt, dass die Fed eine restriktivere Richtung einschlagen könnte, meint ein T. Rowe Price-Ökonom. Andererseits könnte eine Pandemie-Verschlimmerung die Fed dovisher stimmen. Die nächste Fed-Sitzung wird jedenfalls spannend.

Nikolaj Schmidt, T. Rowe Price
Nikolaj Schmidt, T. Rowe Price© T. Rowe Price

Diese Woche hat der Vorsitzende des Federal Market Open Committee (FOMC) Jay Powell vor dem Banken-, Wohnungs- und Städteausschuss des Senats erklärt, dass es an der Zeit sei, den Begriff "vorübergehend" im Zusammenhang mit der Inflationsdebatte abzuschaffen. Wollte Powell damit andeuten, dass der Inflationsdruck dauerhaft sein wird? "Nicht ganz", meint Nikolaj Schmidt, Ökonom bei T. Rowe Price, in einer aktuellen Marktanalyse.

Alles eine Frage der Definition
Während der anschließenden Frage- und Antwortrunde der Anhörung sagte Powell, es herrsche große Verwirrung darüber, was der Begriff "vorübergehend" tatsächlich bedeute. Für die meisten Menschen beziehe sich "vorübergehend" auf ein Zeitintervall.

Doch in der Sprache der Zentralbanken bedeute "vorübergehend" etwas, das keine dauerhaften Auswirkungen auf den Inflationsprozess habe – also etwas, das keine geldpolitische Reaktion erfordere.

Laut Powell ist es angebracht, den Begriff "vorübergehend" abzuschaffen, um die Kommunikation zwischen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und der Öffentlichkeit zu verbessern. Aus Sicht eines außenstehenden Wirtschaftswissenschaftlers habe die mit dem Begriff "vorübergehend" verbundene Kommunikationsstörung einen Punkt erreicht, an dem die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Fed verliere.

Tapering-Diskussion zu erwarten
Was die Geldpolitik betrifft, so räumte der Vorsitzende Powell ein, dass es seiner Meinung nach angemessen wäre, wenn das FOMC auf seiner nächsten Sitzung eine Beschleunigung des Tapering-Prozesses (also die schrittweise Rückführung der Wertpapierkäufe) erörtern würde. Das aktuelle Marktumfeld sei allerdings von großer Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Omikron-Virusvariante geprägt.

Bullen wurden enttäuscht
Schmidts Einschätzung nach hatten viele Marktteilnehmer angesichts dieser Unsicherheiten erwartet, dass Powells Mitteilung eher „dovish“ ausfallen würde, also eher in Richtung einer expansiveren Geldpolitik. Doch so kam es nicht. Auf Nachfragen hin räumte Powell schließlich ein, dass die Fed und die Wirtschaftsprognostiker insgesamt in ihren Inflationsprognosen zu optimistisch gewesen seien. Das Problem bei den Prognosen hänge mit den Schwierigkeiten zusammen, eine sehr ungewöhnliche, pandemiebedingte Verzerrung auf der Angebotsseite der Wirtschaft zu verstehen. "Meiner Meinung nach hat der Vorsitzende Powell bei seiner Aussage am Dienstag eine strengere geldpolitische Haltung gezeigt, als der Markt erwartet hatte", erklärt Schmidt.

Beobachter der Anhörung konnten eindeutig feststellen, dass der Vorsitzende ein gewisses Unbehagen hinsichtlich des Inflationsprozess ausstrahlte, und er hinterließ den Eindruck, dass das FOMC demnächst eine eher restriktive Richtung einschlagen wird.

Der Vorsitzende blieb jedoch unverbindlich: Die künftigen Überlegungen des FOMC würden von zusätzlichen Informationen über die Verbreitung der Omikron-Virusvariante abhängen. Sollten sich diese Informationen als bedenklich erweisen, werde das FOMC angemessen reagieren. "Zugegebenermaßen ist die Messlatte für eine Verlangsamung des laufenden Tapering-Programms oder für die Bereitstellung zusätzlicher konjunktureller Stimuli außerordentlich hoch angesetzt", hält Schmidt fest.

Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Eine weitere Straffung der Geldpolitik vor dem Hintergrund der Unsicherheit angesichts der Omikron-Ausbreitung stellt Schmidt zufolge eine Herausforderung für die Finanzmärkte dar. Es scheint sehr wahrscheinlich, dass sich die Ausbreitung der Omikron-Virusvariante negativ auf das Wachstum auswirken wird.

Aus den Äußerungen des Fed-Vorsitzenden Powell vom Dienstag lässt sich schließen, dass die Fed zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht geneigt ist, zusätzliche geldpolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die finanziellen Bedingungen akkommodierend zu halten.

Eine restriktivere Haltung der Fed vor dem Hintergrund eines langsameren Wachstums dürfte zu einer Abflachung der US-Renditekurve führen, wobei sowohl das vordere als auch das hintere Ende ansteigen würden. Diese Abflachung der Renditekurve wiederum wird den US-Dollar weiter unterstützen und die Volatilität des Aktienmarktes erhöhen.

Im Laufe der Zeit werden diese Faktoren voraussichtlich zu einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen führen. Diese Verschärfung wird wiederum das globale Wachstum abbremsen.

"Vor dem Hintergrund einer etwas restriktiveren Haltung der US-Notenbank hoffen wir auf positive Nachrichten über die Übertragbarkeit und den Schweregrad der Omikron-Virusvariante", erklärt Schmidt schließend. (aa)

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