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Sweet Spot bei Unternehmensanleihen betrifft Corporate Hybrids

Infolge des massiven Zinsanstiegs dürften die Ausfallraten von High-Yield-Anleihen im Jahr 2023 deutlich zunehmen. Eine gute Alternative für risikobewusste Anleger sind Nachranganleihen von Industrieunternehmen (Corporate Hybrids).

Ercan Demircan, Senior Portfolio Manager Unternehmensanleihen bei Bantleon
Ercan Demircan, Senior Portfolio Manager Unternehmensanleihen bei Bantleon© Bantleon

Die Rendite von Nachranganleihen der Industrieunternehmen, die sogenannten Corporate Hybrids, sind Unternehmensanleihen, deren Rendite aktuell mit gut 7,1 Prozent fast das Doppelte von erstrangigen Investment-Grade-Unternehmensanleihen beträgt und nahezu der Rendite von High-Yield-Anleihen entspricht. "Die Ausfallraten von High Yield lagen aber in Stressphasen an den Finanzmärkten bei über zwölf Prozent, während die Emittenten von Corporate Hybrids aufgrund des soliden Investment-Grade-Ratings nahezu keine Ausfälle zu verzeichnen hatten", weiß Ercan Demircan, Senior Portfolio Manager Unternehmensanleihen bei Bantleon, zu berichten. Zudem sei das Nichtkündigungsrisiko von Corporate Hybrids gering, weshalb im nächsten Jahr die meisten Emittenten die fälligen Corporate Hybrids zum ersten Kündigungstermin zurückzahlen und somit im Sinne der Investoren handeln dürften. "Gekoppelt mit der sehr attraktiven Rendite bietet das aktuelle Marktumfeld bei Corporate Hybrids historisch betrachtet ein nahezu unschlagbares Risiko-Ertrags-Profil, weshalb sie im Anleihenmarkt als Sweet Spot bezeichnet werden können", findet Demircan.

Besser als High Yield
Gekoppelt mit der sehr attraktiven Rendite bietet das aktuelle Marktumfeld bei Corporate Hybrids historisch betrachtet ein nahezu unschlagbares Risiko-Ertrags-Profil für Investoren mit größerem Risikoappetit. Selbst wenn die Risikoprämien in den nächsten Monaten infolge der anstehenden Rezession etwas steigen, sollte die hohe Rendite hieraus resultierende Kursverluste überkompensieren.

Rendite nahezu doppelt so hoch wie bei erstrangigen Anleihen
Die relativ hohe Rendite von Corporate Hybrids basiert auf ihrem hybriden Charakter zwischen dem Eigen- und Fremdkapital. Daher müssen Emittenten für einen Corporate Hybrid mit gleicher Laufzeit eine fast doppelt so hohe Rendite wie für erstrangige Unternehmensanleihen zahlen. Gleichzeitig haben diese Nachranganleihen eine vergleichsweise sehr lange Laufzeit (teilweise unendlich). Bereits vor Emission werden dabei vorzeitige Kündigungstermine der Anleihen festgelegt. So vergehen bis zum ersten Kündigungstermin normalerweise fünf bis fünfzehn Jahre.

Hälftige Eigenkapitalanrechnung, keine Verwässerung
Unternehmen erhalten für die Emission eines Corporate Hybrids in der Regel je die Hälfte dem Eigenkapital (EK) und dem Fremdkapital (FK) zugerechnet, was die Bilanzstruktur aus Sicht der Ratingagentur optimiert. Gleichzeitig verwässert die Emission eines Corporate Hybrids nicht die Aktionärsstruktur und ist meistens auch günstiger als die äquivalente Aufnahme von Eigen- und Fremdkapital. Ungeachtet der langen Laufzeit werden die meisten Corporate Hybrids gemäß der Markterwartung vorzeitig gekündigt, was mit der Einstufung der Anlageklasse bei den Ratingagenturen zusammenhängt. Bei S&P beispielsweise gilt das »Call-and-replace«-Prinzip, das aufgrund der langfristigen Integration der Corporate Hybrids in die Kapitalstruktur eine Refinanzierung der gekündigten Anleihe vorsieht. Wenn ein Emittent die zu refinanzierende Anleihe kündigt und nicht refinanziert, entfällt die EK-Anrechnung aller Corporate Hybrids, während bei einer Nichtkündigung nur die jeweilige Anleihe vom Wegfall der EK-Anrechnung betroffen ist.

Wegen hoher Reputationsrisiken geringes Nichtkündigungs- und Couponaufschubrisiko
Jüngste Beispiele für den Verzicht auf eine Refinanzierung lieferten der spanische Versorger Naturgy und das deutsche Medienunternehmen Bertelsmann. Beide Unternehmen haben im Oktober/November 2022 trotz der potentiellen Verschlechterung der Kreditqualität durch den Totalverlust der EK-Anrechnung der Corporate Hybrids ihre fälligen Anleihen gekündigt und nicht refinanziert. Dieses Vorgehen ist für die Emittenten, aber auch für den Corporate-Hybrids-Markt ein sehr positives Zeichen: Einerseits behalten die Unternehmen ihren Marktzugang zum Segment, da hierdurch die Markterwartung der Rückzahlung zum ersten Kündigungstermin aufrechterhalten wurde. Andererseits ersparen sich die Unternehmen die deutlich höheren Couponzahlungen der neuen Corporate Hybrids. Weil sie ihre Kreditqualität in den vergangenen Jahren sukzessive verbessert haben, sollten die Refinanzierungskosten von Naturgy und Bertelsmann auf der Ebene ihrer erstrangigen Unternehmensanleihen durch den Wegfall der EK-Anrechnung der Corporate Hybrids nicht deutlich steigen. Deshalb ist der temporäre Ausstieg aus dem Segment für die beiden Unternehmen nachvollziehbar.

Schutzklauseln bei Couponverschiebungen in die Zukunft
Neben dem Risiko der Nichtkündigung besteht bei Corporate Hybrids für den Emittenten das Recht, den Coupon aufgrund eines Liquiditätsengpasses in die Zukunft zu verschieben. Dennoch gilt die übliche Marktpraxis, dass die ausgesetzten Couponzahlungen grundsätzlich vom Emittenten in der Zukunft nachgezahlt werden müssen. Oft enthalten die Anleihenbedingungen der Corporate Hybrids so genannte Dividend Pusher oder Dividend Stopper, welche die Emittenten bei einer Aussetzung der Couponzahlungen daran hindern, Dividenden auszuschütten oder Aktienrückkäufe zu tätigen, um die vorrangigen Investoren der Corporate Hybrids zu schützen.

Beispiel Aroundtown
So hat zum Beispiel das mit einem S&P-Rating ausgestattete Luxemburger Unternehmen Aroundtown im jüngsten Quartalsbericht bekanntgegeben, dass der im Januar 2023 fällige Corporate Hybrid nicht zurückgezahlt wird, und eine vom Markt nicht erwartete potentielle Couponstundung erwähnt, was zu Marktverwerfungen entlang der gesamten Kapitalstruktur geführt hat. Als Folge der Marktreaktion stellte das Unternehmen klar, dass Couponstundungen der nicht gekündigten Anleihe aktuell kein Thema seien. Diese Aussage wirkt sich positiv auf das Gesamtmarktumfeld von Corporate Hybrids aus und es ist unwahrscheinlich, dass weitere Unternehmen einen Couponaufschub in Erwägung ziehen.

Das Reputationsrisiko für Emittenten ist nämlich höher als in der Vergangenheit, da sowohl die Aktie als auch die erstrangigen Anleihen von Aroundtown unter der unglücklichen Kommunikation des Unternehmens gelitten haben. Diese Risiken können mittel- bis langfristig den Zugang zum Markt für erstrangige Unternehmensanleihen und Corporate Hybrids erschweren. Auch das Nichtkündigungsrisiko muss bei Corporate Hybrids von Fall zu Fall beurteilt werden.

Mustergültig verhält sich hingegen Fastighets AB Balder: Das schwedische Immobilienunternehmen führt aufgrund des aktuellen Kapitalmarktumfelds eine von S&P zulässige Eigenkapitalerhöhung zur Refinanzierung des im März 2023 fälligen Corporate Hybrids durch und sendet damit ein positives Signal an die Anleihengläubiger.

Aktiver Managementansatz notwendig
"Corporate Hybrids sollten im nächsten Jahr rein technisch aufgrund einer verringerten Primärmarktaktivität und der attraktiven Rendite von über 7,1 Prozent sehr gut unterstützt sein und in unserem konjunkturellen Basisszenario einen positiven Ertrag auf 12-Monatssicht liefern", sagt Demircan. "In Anbetracht der aktuellen Marktlage dürften die meisten Emittenten die im nächsten Jahr fälligen Corporate Hybrids kündigen und refinanzieren. Allerdings wird es vereinzelt Emittenten geben, die dem Anlagesegment temporär den Rücken kehren und dementsprechend die noch ausstehenden Corporate Hybrids kündigen, ohne sie zu refinanzieren. Lediglich im Immobiliensektor wird das Nichtkündigungsrisiko nach wie vor präsent sein, weshalb Investoren dort sehr selektiv vorgehen müssen. Grundsätzlich sind eine detaillierte Analyse des Verkaufsprospektes sowie eine sorgfältige Auswahl der Emittenten auf Basis fundamentaler Kennzahlen unerlässlich, was die Notwendigkeit eines aktiven Managementansatzes unterstreicht."

Corporate Hybrids bei Bantleon
Bantleon bewirtschaftet Corporate Hybrids im Anleihenfonds Bantleon Select Corporate Hybrids, der im Oktober 2019 aufgelegt wurde. Maximal 35 Prozent des Fondsvolumens dürfen in Nachranganleihen mit Non-Investment-Grade-Rating investiert werden (Das Emittentenrating liegt generell im Bereich Investment Grade). (kb)

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