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Stéphane Villemain, Ivanhoé Cambridge: Immobilienbranche muss handeln!

Der Head of Sustainable Investment von Ivanhoé Cambridge erklärt, welche Stellschrauben gedreht werden müssen, damit die Immobilienbranche und deren Investoren ihren Anteil bei der Klimawende beitragen können.

Stéphane Villemain, Head of Sustainable Investment, Ivanhoé Cambridge
Stéphane Villemain, Head of Sustainable Investment, Ivanhoé Cambridge© Ivanhoé Cambridge

Der Klimawandel stellt für die Immobilienbranche eine doppelte Herausforderung dar. Naturkatastrophen nehmen zu. Ihre steigende Intensität kann erhebliche Auswirkungen auf Gebäude haben und zu einem dauerhaftem Werteverlust von Immobilien und ganzen Portfolien führen. Hinzu kommen Transitionsrisiken und Opportunitäten im Hinblick auf technologische Entwicklungen und Regulatorik, die auf eine Reduktion der Kohlenstoffemissionen abzielen. Diese dürften aufgrund des gesellschaftlichen Drucks auf absehbare Zeit weiter zunehmen. Bereits jetzt preisen Investoren einen Wertabschlag („brown discount“) für nicht nachhaltige Immobilien ein. Gleichzeitig nimmt die Nachfrage von Mietern und Nutzern nach kohlenstoffarmen Immobilien weiter zu.

Insbesondere für börsennotierte Corporates wird die Nachhaltigkeits-Performance ihrer Mietflächen zu einem wichtigen Faktor. Auf diese Entwicklungen weist Stéphane Villemain, Head of Sustainable Investment, Ivanhoé Cambridge, Paris, in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Beitrag hin.

Die Umsetzung einer Dekarbonisierungsstrategie mit dem Ziel eines klimaneutralen, nachhaltigen Portfolios ist damit laut Villemain auch eine zukunftsgerichtete Wertschöpfungsstrategie. Sie hilft, künftige regulatorische Kosten zu antizipieren und das Obsoleszenzrisiko zu reduzieren. "Wir wollen daher nicht nur unsere Investments dekarbonisieren, sondern in die Dekarbonisierung investieren. das Risiko von Wertverlusten und antizipiert künftige. Die Geschwindigkeit, mit der der globale Gebäudesektor dekarbonisiert wird, muss sich beschleunigen", merkt Villemain an.

Die Nachrüstung des bestehenden Gebäudebestands sei entscheidend, um die Netto-Null-Emissionsziele zu erreichen. Green-Capex-Investitionen werden langfristig dazu beitragen, die Objekte im Hinblick auf künftige CO2-Kosten und die Erwartungen von Mietern und Investoren zukunftssicher zu machen.

Kohlenstoffneutralität bis 2040
Der Weg zur Klimaneutralität ist Villemain zufolge ein stetiger, lernender Prozess. Dabei müsse die Immobilienbranche vor allem drei Stellschrauben in den Blick nehmen:

  • Reduktion des Energieverbrauchs der Assets
  • die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen
  • und die Verwendung nachhaltiger Baustoffe für Projektentwicklungen

Green Buildings bedürfen Innovationen
Ein wichtiger Aspekt ist die Verwendung innovativer Technologien, die sich durch eine sehr günstige Emissionsbilanz auszeichnen. Ein Beispiel ist der Hub 247 in Nanterre, in der Nähe von Paris. Dabei handelt es sich um ein Bürogebäude der neuesten Generation, das eine positive Energiebilanz vorweist. Es verfügt über begrünte Terrassen sowie eine Energieversorgung aus einem geothermischen Grundwasserleiter (Aquifer) und von Solarpaneelen, die beide vom gesamten lokalen Quartier gemeinsam genutzt werden. Letztendlich wird mehr Strom erzeugt (Geothermie) als vor Ort verbraucht wird. Der Überschuss wird in das Stromnetz eingespeist.

Ein weiterer Aspekt ist der Einsatz von Holz als nachhaltiger, nachwachsender Rohstoff. Sehr konsequent ist das beim derzeit in Partnerschaft mit Icawood Fund realisierten Projekt Arboretum im Großraum Paris zu sehen. Das Arboretum wird nach seiner Fertigstellung der größte in Holzbauweise errichtete Büro-Campus Europas sein und über die Nutzung von Geothermie einen Großteil seines Bedarfs von Heizwärme und Kühlenergie decken. Das Gebäude wird über den gesamten Lebenszyklus betrachtet 50 Prozent weniger Kohlendioxidemissionen verzeichnen als herkömmlich errichtete Immobilien.

Zusammenarbeit und Innovation
Um systematisch Wissen aufzubauen, sind intelligente Partnerschaften ein zentraler Schlüssel. Beispiel Logistik: Zusammen mit dem Spezialisten Peel Logistics Property (PLP) hat sich die Gesellschaft zusammengetan, um ein Netto-Null-Kohlenstoff-Logistikprojekt zu entwickeln. Auf einem 135 Hektar großen Gelände in Milton Keynes im Südosten von England entsteht der erste große Logistikpark in Großbritannien, der sowohl beim Bau als auch im Betrieb ein Netto-Null-Emissionsziel erfüllen wird.

Aber allein der Bau neuer grüner Gebäude wird nicht ausreichen. Um Klimaneutralität zu erreichen, muss die Branche die Emissionen von Bestandsgebäuden reduzieren. Denn 80 Prozent der Gebäude, die es im Jahr 2050 geben wird, sind bereits gebaut. Bestandshalter und Investoren können daher die ökologische Nachhaltigkeit in Neu- und Bestandsimmobilien nur in Zusammenarbeit mit ihren Mietern erreichen. Den Nutzern müssen die notwendigen Tools und Informationen über ihr Energienutzungsverhalten bereitgestellt werden, um den Energieverbrauch durch eine gezielte Steuerung zu senken. So sollte die Branche vor allem standardmäßig auf Green Lease setzen, um die Gebäude im Betrieb auch wirklich klimaneutral zu gestalten.

Die Digitalisierung ist in diesem laut Villemain Zusammenhang ebenfalls ein wichtiger Schlüssel. Mittels digitaler Tools und smarter Gebäudetechnik können die Klimaemissionen und der Energiebedarf eines Gebäudes deutlich reduziert werden.

Nur wenn es gelingt, auf der Ebene der einzelnen Immobilien Prozesse zu digitalisieren, können aggregierte Daten für die Portfolien bereitgestellt und die Reduktion der CO2-Emissionen entsprechend gesteuert und reportet werden. Gleichzeitig braucht die Immobilienbranche vergleichbare Standards und vorausschauende Daten, um Kohlenstoffziele richtig festzulegen.

Nicht zuletzt deshalb ist laut Villemain national übergreifendes Handeln nötig, wie sie die auf der vergangenen MIPIM ins Leben gerufene paneuropäische Low-Carbon-Building-Initiative gezeigt hat. Eine paneuropäische einheitliche Methodologie bildet die Grundlage dafür, dass noch in diesem Jahr die ersten Objekte ein entsprechendes internationales Nachhaltigkeitslabel erhalten können.

"Diese Initiative verdeutlicht, dass es notwendig ist, die Umweltstandards weltweit zu harmonisieren. Nur so kann die gesamte Branche die Auswirkungen des Klimawandels wirksamer bekämpfen", schreibt Villemain abschließend. (aa)

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