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Rüstungsindustrie ist bei großen Geldgebern wieder salonfähig

Über Jahre war bei den europäischen Banken und Investoren Zurückhaltung angesagt gegenüber der Rüstungsindustrie. Nach der Invasion der Ukraine jedoch finden sie nun wieder Gefallen an Geschäften mit der Branche. Schließlich ist eine ausreichende Bewaffnung der Garant für Freiheit und Wohlstand.

© RCP / stock.adobe.com

Nachdem die Waffenschmieden öffentlich jahrzehntelang in der Schmuddelecke standen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine “neue Ära” der Investitionen ausgerufen. Für Banken und Vermögensverwalter bedeutet das, dass eine Kundengruppe, die bislang auf Distanz gehalten wurde, nun umworben wird. Darüber berichtet Bloomberg.

Schweden reagieren rasch
SEB, eine der größten schwedischen Banken, hebt ab 1. April 2022 ein Verbot von Investitionen in Waffen auf. Die Nachhaltigkeitspolitik der Bank werde damit an die neue geopolitische Realität in Europa angepasst, erklärte das Institut. In Deutschland signalisierte die Commerzbank, dass sie für Waffenhersteller offen sei.

“Es ist klar, dass es jetzt mehr Investitionen in der Rüstungsindustrie hier in Deutschland geben wird, und das sind alles unsere Kunden”, sagte der Vorstandsvorsitzende Manfred Knof diese Woche vor Analysten und Investoren. “Das ist definitiv eine gute Basis. Wir kennen sie, sie kennen uns und ich bin sicher, dass sie mit uns über weitere Investitionen sprechen werden.”

Landesbanken in der Kritik
Noch vor zwei Monaten wurden Waffenhersteller eher wie Aussätzige behandelt, erinnert Bloomberg. Der Vorstandschef von Rheinmetall, Armin Papperger, beschwerte sich im Januar in der Bild-Zeitung, sein Unternehmen sei von der LBBW und der BayernLB wegen der zunehmenden Rolle von ESG-Kriterien von der Kreditvergabe ausgeschlossen worden. Bei der europäischen Rüstungslobby ASD kennt man ähnliche Beispiele aus ganz Europa.

Investoren wittern gute Geschäfte
Doch der Krieg in der Ukraine hat das alles auf den Kopf gestellt. Die Ankündigung von Scholz, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro wieder fit zu machen, hat deutschen Rüstungsaktien massive Kursgewinne beschert.

Waffenlobbyisten sehen nun die Chance, die kommenden europäischen ESG-Regeln, die so genannte Taxonomie, mitzugestalten. Und die EU scheint zuzuhören. Ein Strategiepapier der Union vom letzten Monat enthielt die Aussage, dass Initiativen zu mehr Nachhaltigkeit in der Finanzierung mit den Bemühungen der Europäischen Union im Einklang stehen müssten, der Verteidigungsindustrie ausreichenden Zugang zu Finanzmitteln zu ermöglichen (Institutional Money berichtete).

In der ESG-Branche sorgt die mögliche Einstufung von Waffenherstellern als ESG-konform für Ungemach. Kriegsführung und positive soziale Auswirkungen seien kaum miteinander zu vereinbaren, wird argumentiert.

"von zentraler Bedeutung"
Die SEB erklärte, sie ändere ihre Regeln, weil “Investitionen in die Verteidigungsindustrie von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung und Verteidigung von Demokratie, Freiheit, Stabilität und Menschenrechten” seien. Sie gab zu, dass einige Investoren den Bereich weiter meiden wollen und betonte ihre Absicht, Waffen zu vermeiden, die gegen internationale Konventionen verstoßen.

Was auch immer mit der ESG-Taxonomie geschieht, Commerzbank-Chef Knof sieht einen “grundlegenden Wandel” in der Politik. “Wir stehen an der Seite unserer Kunden - der deutschen Rüstungsunternehmen”, sagte er. “Wir unterstützen sie.” (aa)

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