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Europas Aufrüstung macht die Verteidigungsindustrie zum Gewinner

Der Krieg in Osteuropa verschafft einer Branche ein Comeback, die viele institutionelle Investoren aus ethischen Gründen in den letzten Jahren wohl untergewichtet haben: Die Verteidigungsindustrie.

© Glen Carey

Die Ankündigung der deutschen Bundesregierung, nach jahrelanger Zurückhaltung die Militärausgaben massiv zu erhöhen, wird das Wachstum der europäischen Verteidigungsindustrie nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine weiter ankurbeln, hält Bloomberg News fest. Aktien deutscher Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall und Hensoldt schossen am Montag zur Eröffnung in die Höhe, um in Anschluss nach diesem morgendlichen Spike wieder etwas zurückzukommen.

Si vis pacem para bellum: Wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor
Deutschland wird 100 Milliarden Euro in ein Sondervermögen zur Modernisierung der Bundeswehr einstellen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag in einer Rede vor dem Bundestag. Ab 2024 werde Deutschland jährlich mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben. Damit würden NATO-Verpflichtungen eingehalten, die von unterschiedlichen Bundesregierungen immer wieder verfehlt wurden.

Der Schritt gibt den Rüstungsunternehmen der Region Auftrieb, die bereits letzte Woche nach der Eskalation des Ukraine-Konflikts einen Kurssprung verzeichneten, der Besorgnis über eine mögliche Ausweitung der russischen Offensive auf andere Länder schürte. Knappe Militärbudgets haben den Verteidigungssektor jahrelang belastet, bis die Aufträge im Zuge der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 erheblich zunahmen.

Deutschland kann sich kaum mehr verteidigen
Deutschland hat über Jahre hinweg Forderungen nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben zurückgewiesen, was dazu geführt hat, dass die Streitkräfte auf breiter Front mit der Aufrechterhaltung von Schlüsselkompetenzen zu kämpfen haben. Bedeutende Teile der Verteidigungsausrüstung, darunter Kampfflugzeuge, Panzer und U-Boote, sind aufgrund von Reparaturen und Problemen bei der Ersatzteilbeschaffung nicht einsatzfähig.

Einem Bericht des Magazins Der Spiegel zufolge hat Deutschland die Zahl seiner Kampfpanzer seit 1989 von rund 5.000 auf 300 und die Zahl seiner Kampfflugzeuge von mehr als 700 auf 230 reduziert. Heeresinspekteur Alfons Mais schrieb in der vergangenen Woche auf Linkedin, das Heer stehe “mehr oder weniger blank da.”

Peinliche Verspätung
Auch die Flugbereitschaft der Bundeswehr war von den Problemen betroffen. Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel traf 2018 verspätet zu einem G20-Gipfel in Buenos Aires ein, nachdem ihr Luftwaffe-Airbus wegen eines Defekts den Flug abbrechen musste. Auch andere hochrangige Regierungsmitglieder, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ehemalige Außenminister Heiko Maas, mussten aufgrund von Problemen mit offiziellen Regierungsflugzeugen verspätet anreisen.

Projekte mit oberster Priorität
Die Rüstungsunternehmen könnten auch von einer möglichen Änderung der deutschen Exportbestimmungen profitieren. Am Samstag stimmte Deutschland zusammen mit anderen Ländern der Lieferung von Rüstungsgütern in die Ukraine zu und brach damit mit der traditionellen Regel, keine deutschen Waffen in Konfliktgebiete zu liefern.

Am Sonntag drängte Scholz auf europäische Zusammenarbeit, um die Fähigkeit Europas zu stärken, sich gegen Risiken wie Cyberangriffe zu verteidigen und technologisch wettbewerbsfähig zu bleiben.

Es sei ihm wichtig, “dass wir die nächste Generation von Kampfflugzeugen und Panzern gemeinsam mit europäischen Partnern – und insbesondere Frankreich – hier in Europa bauen”, so Scholz. “Diese Projekte haben oberste Priorität für uns.”

Die Verträge für das so genannte Eurodrone-Projekt, eine Kooperation zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, seien in der vergangenen Woche unterzeichnet worden, sagte er. (aa)

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