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Rekordinflation: Holt Christine Lagarde nun die "dicke Berta" raus?

Um die Rekordinflation im Euroraum wieder auf das Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank zu drücken, könnte die Notenbank laut Präsidentin Christine Lagarde gezwungen sein, die Leitzinsen auf ein restriktives Niveau anzuheben.

© Jiri Vondrous / stock.adobe.com

Binnen drei Monaten hat die EZB die Zinsen bereits um zwei Prozentpunkte heraufgesetzt. Nun könnte es sogar nötig werden, ihr Niveau so weit zu erhöhen, dass es die Konjunktur ausbremst, sagte Lagarde im estnischen Tallinn. Mit über 25 Prozent ist die Teuerungsrate in dem Land im Baltikum so hoch nie nirgendwo sonst im Euroraum, merkt die Nachrichtenagentur Bloomberg in ihrem Bericht an.

“Unsere Arbeit ist noch lange nicht abgeschlossen”, sagte Lagarde am Freitag in einer Rede. “Und die Rücknahme der akkommodierenden Maßnahmen wird möglicherweise nicht ausreichen, um die Inflation wieder auf unser Ziel zu bringen.”

Die Hüter der europäischen Einheitswährung bleiben bei ihrer Überzeugung, dass die Inflation bekämpft werden muss, obgleich sich ein Abschwung abzeichnet und einige globale Zentralbanken das Tempo ihrer Zinserhöhungen schon verringern.

Leichte Bremsmanöver reichen nicht
Lagarde hatte am Donnerstag erklärt, eine “leichte Rezession” würde nicht ausreichen, um die Teuerung zu zähmen, die inzwischen mehr als das Fünffache des Zwei-Prozent-Ziels der Notenbank beträgt und damit so hoch ist wie noch nie seit Bestehen des Euroraums.

Ihr Stellvertreter erklärte am Freitag, die Inflation werde wahrscheinlich für einen längeren Zeitraum über dem Zielwert bleiben. “Je länger das Inflationsniveau über unserem Zielwert liegt, desto größer ist das Risiko von Zweitrundeneffekten”, sagte Luis de Guindos. “Wir gehen davon aus, dass wir die Zinsen weiter anheben werden.”

Quantitative Tightening voraus
Die Zinsen sind indessen nicht das einzige Instrument, das der EZB zur Verfügung steht. Zur Straffung der Geldpolitik soll auch der fünf Billionen Euro schwere Anleiheberg abgebaut werden, den die Notenbank im Laufe der letzten Krisen im Rahmen von Stimulusmaßnahmen aufgehäuft hat. Dazu sollen im Dezember “Schlüsselprinzipien” vorgestellt werden, wie Lagarde sagte. Diesbezüglich beobachte die EZB auch genau die Vorgehensweise anderer Zentralbanken.

“Wir müssen gemeinsam zugeben, dass wir nicht viel über quantitative Straffung wissen”, räumte Lagarde ein. “Sie wird im Moment von einigen anderen Zentralbanken erprobt, insbesondere von der Bank of England, und wir lernen von ihren Maßnahmen.”

Wirtschaft hält sich tapfer
Während bis dahin eine Rezession im Gange sein könnte, hat sich die Konjunktur der Eurozone im dritten Quartal besser gehalten als erwartet. Insbesondere in Deutschland überraschten Daten zum Wirtschaftswachstum in dieser Woche positiv. Da die Inflation im Euroraum im letzten Monat jedoch 10,7 Prozent erreichte, steigt die Wahrscheinlichkeit einer dritten Zinserhöhung um einen Dreiviertel-Prozentpunkt in Folge.

“Wir dürfen und werden nicht zulassen, dass sich die hohe Inflation verfestigt”, sagte Lagarde. “Wir sind entschlossen, die Inflation wieder auf unser mittelfristiges Ziel zurückzuführen. Und wir sind entschlossen, die dafür notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.” (aa)

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