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Peter E. Huber über Aktienrisiko und falsche Politik in Europa

Die Sharpe Ratio als seligmachend zu verstehen, fällt Peter Huber schwer. Auch mit der Volatilität als Risikoparameter ist das Urgestein der Fondsmanagementszene alles andere als glücklich. Doch das ist alles nichts, verglichen mit der europäischen und deutschen Politik....

Peter E. Huber, Fondsmanger des  „Huber Portfolio SICAV“
Peter E. Huber, Fondsmanger des  „Huber Portfolio SICAV“© Archiv

Keine Wertsteigerung ohne Risiko - damit sind die beiden Determinanten für die Beurteilung des Anlageerfolgs eines Vermögensverwalters oder Fondsmanagers festgelegt. Doch während die Wertsteigerung eindeutig ermittelt werden kann, ist der Begriff des Risikos recht schwammig und es gibt verschiedene Definitionen.

Haltedauer als wichtiger Parameter
Das Problem fängt schon damit an, dass auch die Haltedauer eine bedeutende Rolle spielt. Auf kurze Sicht zählen Aktien zu den riskantesten Anlagen. Peter E. Huber, Fondsmanger des „Huber Portfolio SICAV“, eines Fonds für antizyklische Investoren, analysiert: "Wer heute Aktien kauft, kann in einem Jahr auf Verlusten von 30 oder 40 Prozent sitzen. Doch langfristig zählen Dividendenpapiere nicht nur zu den rentabelsten, sondern auch sichersten Anlagen. Spätestens nach 20 Jahren lag ein gut gestreutes Portfolio bisher immer in der Gewinnzone und das Verlustrisiko ging selbst unter Berücksichtigung von Inflation gegen Null. Das war weder bei Anleihen noch bei Edelmetallen der Fall." Das veranschaulicht die folgende Grafik:

Es gibt also auch eine zeitliche Diversifikation
Nicht ohne Grund sind langfristig orientierte Anleger wie Warren Buffett besonders erfolgreich. Sie betrachten die Aktien nicht als Spekulationsobjekt oder kurzfristige Kapitalanlage, sondern als Unternehmensbeteiligung. Huber dazu: "Über die letzten 220 Jahre konnte mit Aktien eine inflationsbereinigte Rendite von sieben Prozent pro Jahr erwirtschaftet werden. Die Überlegenheit von Aktien liegt darin begründet, dass sie als einzige Anlageform direkt an der Wertschöpfung der Wirtschaft partizipiert." Die nachfolgende Grafik illustriert diesen Zusammenhang.

Definition des Risikos: Sharpe Ratio macht Huber alles andere als glücklich
Eingebürgert hat sich die Sharpe-Ratio. Sie wird errechnet, indem man die Zusatzrendite (Rendite des Investments, verringert um den risikolosen Zins) durch deren Standardabweichung teilt. Je höher die Sharpe-Ratio, umso besser soll das Rendite/Risiko-Verhältnis eines Fonds sein. Wobei man in der Regel die annualisierte Standardabweichung, die man auch als Volatilität bezeichnet, über die letzten drei beziehungsweise fünf Jahre berücksichtigt. Hubers Kritik: "Auch wenn die Sharpe-Ratio breite Verwendung bei den Rating-Agenturen findet, erscheint mir ihre Verwendung höchst fragwürdig. Genauso wie der Umstand, dass deutsche Bundesanleihen und amerikanische Treasury-Bonds trotz explodierender Staatsschulden immer noch mit dem Prädikat AAA ausgezeichnet werden, also als Anlagen mit dem höchsten Sicherheitsgrad."

Ein Beispiel belegt die Fragwürdigkeit des Ansatzes
Der deutsche Aktienindex DAX hat über die letzten zehn Jahre ein Plus von 98,4 Prozent erzielt, der deutsche Rentenindex REXP dagegen nur 27,8 Prozent. Wer hat also besser abgeschnitten? Natürlich der DAX, sollte man meinen. Irrtum! Da der DAX eine höhere Volatilität von 18,1 Prozent aufwies als der REXP mit 3,2 Prozent, liegt die Sharpe Ratio beim Rentenindex mit 0,45 deutlich über der vom Aktienindex mit 0,18. Nach dieser Berechnungsweise haben Anleihen risikobereinigt also deutlich besser abgeschnitten als Aktien. Huber: "Das erscheint doch sehr merkwürdig. Offensichtlich wird bei dieser Methode die vermeintliche Sicherheitskomponente wesentlich höher gewichtet als die erzielte Performance. Sonst könnte es nicht zu so einem Ergebnis kommen. Noch abstruser wird es, weil die aktuellen Parameter keinerlei Berücksichtigung finden. So liegt die Wahrscheinlichkeit, mit erstklassigen Bundesanleihen über die nächsten 10 Jahre mit einem Verlust abzuschneiden, angesichts der aktuellen Negativzinsen bei 100 Prozent. Mit solchen Ratings können Anleger also ganz schön in die Irre geführt werden."

Tempora mutantur: Hoher Tracking Error war früher schlecht, heue ist es umgekehrt
Ein von Peter E. Huber gemanagter Aktienfonds wurde von einer großen Ratingagentur einmal herabgestuft, obwohl er über die Jahre davor eine weit überdurchschnittliche Wertentwicklung aufweisen konnte. Die Begründung: Die starke Abweichung von der Benchmark führte zu einem hohen Tracking-Error und damit zu einem erhöhten Risiko. Dabei wurden positive Abweichungen genauso schlecht bewertet wie negative Ausreißer. Inzwischen wird ein geringer Tracking-Error interessanter Weise eher negativ gewertet und eine hohe Abweichung zur Indexgewichtung positiv beurteilt. So ändern sich die Zeiten.

Antizyklische Anleger sehen Kursschwankungen nicht als Risiko, sondern als Chance
Je stärker die Auf- und Abwärtsbewegungen an der Börse ausfallen, umso besser kann man bei stärker fallenden Kursen schrittweise günstig Aktienpositionen aufbauen. Bei einer längeren Abwärtsbewegung ist man gerade in ihrer Endphase somit recht dynamisch dabei. Dies hat jedoch nichts mit einem erhöhten Risiko zu tun. Im Gegenteil: Entgegen dem subjektiven Empfinden sind Käufe in einer Panikphase mit einem deutlich geringeren Risiko verbunden als Käufe in einer Euphorie. Immer vorausgesetzt, man ist langfristig orientiert.

Huber zur aktuellen Lage
Selten war die Stimmung der Anleger so einheitlich positiv wie zu Beginn dieses Jahres. Expansive Notenbanken, riesige Fiskalprogramme und fehlende Anlagealternativen lassen die Aktienanlage alternativlos erscheinen. Dies lässt Raum für Überraschungen. "Wir haben deshalb die steigenden Kurse im Januar wie angekündigt für eine weitere antizyklische Reduktion der Aktienquote von 85,4 auf 70 Prozent genutzt (75 Prozent Aktien abzüglich fünf Prozent Absicherung über den Verkauf von Futures). Damit haben wir unsere Übergewichtung in Aktien abgebaut und unsere Zielquote erreicht. Langfristig werden die Börsen weiter deutlich steigen, so dass wir mit einem Aktienanteil von 70 Prozent gut dabei sind", resümiert Huber.

Europa-Aktienanteil runter, Asien rauf
Den Anteil europäischer Aktien habe man – ebenfalls wie angekündigt – deutlich von 46,2 Prozent Ende Dezember auf 30,8 Prozent Ende Januar abgebaut, während gleichzeitig die Gewichtung asiatischer Aktien von 22,1 auf 30,2 Prozent stieg, so Huber weiter. "Wir ziehen damit die Konsequenzen aus der Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen in Europa und den besseren Perspektiven für die Entwicklung der Unternehmensgewinne in Asien."

Huber spricht Klartext: Europas Wirtschaft steht vor enormen Herausforderungen
"Corona-Pandemie, Klimakrise, Brexit und zahlreiche disruptive Entwicklungen (Digitalisierung, Energiewende, autonomes Fahren usw.). Als wäre dies nicht Belastung genug, mischt sich die Politik hierzulande immer stärker in das Wirtschaftsgeschehen ein. Ob Frauenquote, Lieferkettengesetz, Recht der Arbeitnehmer auf Homeoffice und eine um sich greifende Regulierungswut – die Übergriffigkeit des Staates kennt keine Grenzen. Wer das kritisiert, wie der Chef der Wirtschaftsweisen Lars Feld, läuft Gefahr, abgesägt und durch einen SPD-nahen Fratzscher ersetzt zu werden („Die Causa Feld“ – FAZ vom 29. Januar). Umverteilung, Schuldenmacherei und Mangelverwaltung statt Wohlstandsmehrung – das kann auf Dauer nicht gutgehen." (kb)

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