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EZB-Bilanzabbau: Was institutionelle Investoren erwarten können

Die bevorstehende EZB-Sitzung ist für institutionelle Investoren spannend, da es mit Quantitative Tightening (QT) nunmehr ernst wird beziehungsweise die ersten Details dazu seitens der EZB-Granden erwartet werden.

Christine Lagarde, EZB
Christine Lagarde, EZB© Alex Kraus / Bloomberg

Im Rahmen ihres Kampfs gegen die ausgeuferte Inflation wird die Europäische Zentralbank am Donnerstag eine Blaupause für den Abbau ihres fast fünf Billionen Euro großen Anleihebergs vorlegen. Bloomberg hat ausführlich die Hintergründe analysiert und erörtert die verschiedenen Handlungsoptionen der EZB.

Zinssatz ist wichtigste Stellschraube
Die wichtigste Säule der Geldpolitik werden die Zinsen bleiben: Volkswirte rechnen für Donnerstag mit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt. Im nächsten Jahr soll jedoch die so genannte quantitative Straffung beginnen, für die EZB-Chefin Christine Lagarde und ihre Kollegen angekündigt haben, “Grundprinzipien” darzulegen.

Investoren soll so ausreichend Zeit gegeben werden, die Pläne zu verdauen. Damit wollen die Währungshüter Verwerfungen vermeiden, wie sie im Sommer am Markt für italienische Staatsanleihen entstanden waren, als die EZB erstmals seit elf Jahren begann, die Leitzinsen zu erhöhen.

Denkanstöße dürfte die EZB von den Bilanzabbau-Bemühungen der Federal Reserve in den USA erhalten haben. In der Eurozone, die in den vergangenen Jahren mit einer Schuldenkrise zu kämpfen hatte, stellt der Umschwung zur quantiativen Straffung jedoch eine besondere Herausforderung dar.

Passives Auslaufen-Lassen bevorzugt
Um Spannungen auf den Märkten zu vermeiden, verspricht die EZB ein “maßvolles und vorhersehbares” Vorgehen beim Abbau der Anleihebestände, die sie während vergangener Krisen als Stimulusmaßnahme erworben hat.

Damit dürfte vor allem gemeint sein, dass die Zentralbank fällig werdende Anleihen einfach auslaufen lässt, statt die Beträge wie bislang neu anzulegen. Die Notenbanker wollen die Bilanzdiät eher im Hintergrund ablaufen lassen und den geldpolitischen Fokus auf der Zinspolitik lassen. Die genauen Parameter dafür könnten deshalb etwa bei der Sitzung am 2. Februar beschlossen werden.

Die Anleihen, die im Rahmen des 3,3 Billionen Euro schweren APP-Rahmens erworben wurden, haben eine gewichtete durchschnittliche Laufzeit von etwas mehr als sieben Jahren. Bis November nächsten Jahres laufen im Durchschnitt jeden Monat Papiere im Volumen von rund 30 Milliarden Euro ab.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat den Finanzmärkten “ausreichende Widerstandsfähigkeit” attestiert, um das passive Auslaufen-Lassen ab dem ersten verdauen zu können (Institutional Money berichte). Die meisten seiner Kollegen blieben vage und verwiesen bezüglich des Zeitrahmen auf den Anfang nächsten Jahres.

Blick nach England und die USA
Abschauen können sich die Währungshüter Hinweise zur QT-Ausgestaltung von den Kollegen der Fed und der Bank of England.

Bei der US-Notenbank ist mehr als die Hälfte des Portfolios jünger als fünf Jahre. Die Fed begrenzt die Reinvestitionen der fällig werdenden Papiere, um ihre Bilanz schrittweise zu verringern. In Großbritannien, wo die mittlere Laufzeit der Anleihen bei 14 Jahren liegt, verkauft die Notenbanken Bonds aktiv am Markt.

“maßvolles und vorhersehbares” Vorgehen bevorzugt
Einige EZB-Räte haben signalisiert, dass ein “maßvolles und vorhersehbares” Vorgehen beim Bilanzabbau heißen könnte, einen Deckel für das Bondvolumen festzulegen, dass sie jeden Monat auslaufen lässt. Sogar der Chef der niederländischen Notenbank, Klaas Knot, der im EZB-Rat zu den Falken gehört, hat sich nur für einen “teilweisen Stopp” der Reinvestitionen ausgesprochen.

Die Obergrenze könnte entweder als Absolutbetrag formuliert werden – wie bei der Fed – oder als Anteil der fällig werdenden Papiere. Beides könnten sukzessive steigen, bis die Reinvestitionen ganz eingestellt werden.

Am anderen Ende der Skala könnte das Auslaufenlassen durch den Verkauf von Anleihen mit längerer Laufzeit ergänzt werden. Dies würde die quantitative Straffung beschleunigen. Öffentlich hat diese Option noch kein EZB-Ratsmitglied vorgeschlagen.

“Angesichts des Umfangs der im kommenden Jahr fällig werdenden Vermögenswerte (im Durchschnitt fast 1,0 Prozent des APP-Portfolios pro Monat) gehen wir vorerst nicht davon aus, dass die EZB auf den komplexeren Ansatz des aktiven Verkaufs von Anleihen zurückgreifen muss", erklären David Powell und Maeva Cousin von Bloomberg Economics.

EZB hat noch Pfeile im Köcher
Die Bondkäufe sind seit 2015 ein wichtiger Pfeiler der Geldpolitik. Sie haben die Zinskosten der Euro-Staaten gesenkt und die Ängste vor einer weiteren Schuldenkrise gemindert. Sollte die Veräußerung der Bestände zu erneuten Marktturbulenzen führen, hat die EZB Instrumente, um damit umzugehen.

Das erste ist die Umleitung von Reinvestitionen aus ihrem 1,7 Billionen Euro schweren Pandemie-Anleiheportfolio in jene Bereiche, in denen es kriselt. Zum anderen gibt es das im Juli geschaffene so genannte "Instrument zur Absicherung der Transmission", das möglichen Verwerfungen entgegenwirken soll.

Die EZB würde lieber keines der beiden Mittel einsetzen. Wie realistisch das ist, hängt von der Zusammensetzung des QT ab und davon, wie es von den Märkten aufgenommen wird, merkt Bloomberg abschließend an. (aa)

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