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Experte fragt: "Sind staatliche Green Bonds eher 'Green Washing'?"

Eine zweckgebundene Finanzierung, die zudem noch eine gewisse Lenkungswirkung durch günstigere Finanzierungssätze entfaltet, findet bei staatlich emittierten grünen Anleihen gar nicht statt. Darauf weist Michael Viehmann von der Kölner Sauren Fonds-Research hin.

Michael Viehmann, Vorstand von Sauren Fonds-Research
Michael Viehmann, Vorstand von Sauren Fonds-Research© Sauren

Mit dem Begriff Greenwashing ist im Grunde gemeint, dass Anleger bewusst in die Irre geführt werden. Denn ihnen wird fälschlicherweise suggeriert, ihr Geld werde nachhaltig investiert. Von daher kann man sich eigentlich nicht darüber wundern, dass das Thema inzwischen so heftig in den Medien diskutiert wird, allenfalls warum das erst jetzt geschieht. Vor diesem Hintergrund kann es zudem kaum erstaunen, dass Anleger zunehmend in eine wachsende Vielzahl sogenannter Green Bonds investieren. Immerhin hat die noch relativ junge Assetklasse inzwischen weltweit ein respektables Volumen von rund einer Billion Euro erreicht. Und seit September 2020 gibt es auch von der Bundesrepublik Deutschland begebene grüne Anleihen.

Das müsste doch eine durchaus zu begrüßende Entwicklung sein, geht es am Ende doch um eine gezielte, zweckgebundene Finanzierung sowie eine gewisse Lenkungswirkung durch günstigere Finanzierungssätze als sie herkömmliche Anleihen bieten. Nicht ganz so euphorisch sieht das Michael Viehmann, Vorstand der Sauren Fonds-Research AG. Auf von privaten Unternehmen emittierte Anleihen treffe das in der Regel ja durchaus zu, wenn auch hier nicht alles nachhaltig sei, was vermeintlich grün schimmere, so der Kölner. Bei von staatlicher Seite ausgegebenen Green Bonds sei das aber keineswegs der Fall. Wir haben mit Viehmann über seine Kritikpunkte gesprochen.

Herr Viehmann, in einem Kommentar auf der Sauren-Internetseite stellen Sie die Frage, ob staatliche Green Bonds eine Form des Greenwashings darstellen . Was bemängeln Sie?
Michael Viehmann: Es geht um die Hintergründe der Praxis, mit der der Staat seine Green Bonds emittiert. Aus unserer Sicht sind diese vermeintlich grünen Anleihen im Grunde nichts anderes als ganz normale Bonds, denen lediglich ein grüner Anstrich verpasst wird. Es war uns wichtig, in der derzeit tobenden Diskussion um das Thema Greenwashing darauf einmal genauer hinzuweisen. Denn das dürfte den wenigsten Anlegern bewusst sein.

Aber was ist konkret daran auszusetzen, wenn auch die Politik versucht, einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Finanzierung von staatlichen Investitionen zu leisten so wie Unternehmen das ja auch tun?
Viehmann: Wenn ein Unternehmen einen Green Bond auflegt, steht dahinter in aller Regel der Anspruch, zum Beispiel Umweltprojekte zu finanzieren, die ansonsten über herkömmliche Anleihen finanziert würden. Das Etikett "Green Bond" soll Investoren helfen, schnell zu erkennen und sicher zu sein, dass die Emissionserlöse gezielt in das betreffende Umweltschutz-Projekt fließen. Man hofft zudem, dass Green Bonds aufgrund des hohen Interesses an nachhaltigen Investments eine günstigere Finanzierungsquelle darstellen als die klassische Unternehmensanleihe. In der Praxis ist das ja in der Regel tatsächlich so, auch wenn manche privat begebenen Green Bonds nicht unumstritten sind. Bei von staatlicher Seite ausgegebenen grünen Anleihen gibt es diesen Zusammenhang aber nicht.

Inwiefern?
Viehmann: Eine gezielte Finanzierung von Umweltprojekten findet dabei gar nicht statt. Die Zweckgebundenheit der Mittelverwendung, die man von privaten Unternehmen zurecht verlangt, ist bei vom Staat begebenen nachhaltigen Anleihen sogar gesetzlich untersagt! Man kennt das von Steuern, diese dürfen auch niemals zweckgebunden erhoben werden. Die Folge ist: Emissionserlöse fließen zusammen mit denen der Non-Green Bonds in den allgemeinen Staatshaushalt und finanzieren so anteilig genauso die Rentenlücke, die Wehrausgaben oder den Autobahnausbau. Es fehlt zudem eine Lenkungswirkung. Denn die Entscheidung, mehr umweltschützende Ausgaben zu tätigen ist eine politische. Der Staatshaushalt wird durch Green Bonds eben nicht grüner.

Weder Zweckbindung noch Lenkungswirkung: Warum darf der Staat diese Anleihen dann überhaupt als "grün" bezeichnen?
Viehmann: Für die Begründung muss ein Marketing-Kniff herhalten: Man macht sich im Staatshaushalt auf die Suche nach in der Vergangenheit längst getätigten Ausgaben mit Umweltbezug wie etwa Subventionen für energetische Gebäudesanierungen oder Zahlungen an die Deutsche Bahn. Nachträglich werden diese Ausgaben dann den neu emittierten Green Bonds „zugeordnet“. Das wirkt schon ein wenig so, als ob hier passend gemacht wird, was eigentlich gar nicht passt.

Sie meinen, der Investor wird in die Irre geführt?
Viehmann: Nicht nur das. Im Glauben etwas Gutes zu tun, sind Anleger in grünen Anleihen sogar bereit eine Prämie dafür zu zahlen, indem sie eine oft geringere Rendite ihrer Anlage in Kauf nehmen. Zum einen dürfte das vielen nicht bewusst sein, zum zweiten wird durch diese Praxis offenbar billigend in Kauf genommen, dass das Thema der nachhaltigen Geldanlage durch diese Praxis ernsthaften Imageschaden erleidet. Von daher sollte die Politik darüber nachdenken, ob sie nicht besser auf die irreführende Bezeichnung "Green Bonds" nicht verzichtet. Denn mit "grün" hat das nichts zu tun. (hh)

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