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ESG-‘Wildwest’ laut Anlageveteran reif für hartes Durchgreifen

Ein Veteran der nachhaltigen Geldanlage kann es kaum erwarten, dass einige der falschen Behauptungen ausgemerzt werden, die in der ESG-Branche Überhand nehmen. Das harte Vorgehen der Aufsichten sei “das Beste, was der Branche seit Jahren passiert ist”.

© flashpics / stock.adobe.com

Anhänger einer besonders strengen Herangehensweise bei Nachhaltigen Investments sehen sich in ihrer Meinung derzeit bestätigt. Dazu gehört beispielsweise Matt Patsky, der Trillium Asset Management leitet.

Zur Einordnung: Das US-Haus Trillium wurde 1982 gegründet und letztes Jahr von der australischen Perpetual übernommen. Der Hauptfonds, ESG Global Equity, erzielte bis August eine Rendite von 19,3 Prozent, verglichen mit einem Plus von 16,2 Prozent bei der Benchmark, dem MSCI ACWI Index, wie Bloomberg-Daten zeigen.

Patsky begann bereits in den 1990er Jahren mit der Suche nach Investitionen, die strikten ökologischen, sozialen und Governance-Anforderungen genügen - lange bevor die meisten Vermögensverwalter überhaupt an ESG dachten. Er ist überzeugt, dass heutzutage nur ein Bruchteil der mit ESG gekennzeichneten Anlageprodukte echte nachhaltige Investitionen sind. Darüber berichtet Bloomberg.

“das Beste, was der Branche seit Jahren passiert ist”
Die Bemühungen der Aufsichtsbehörden, die ESG-Behauptungen von Geldmanagern zurechtzustutzen, sind “das Beste, was der Branche seit Jahren passiert ist”, sagte Patsky, dessen in Boston ansässiges Unternehmen 4,8 Milliarden Dollar (4,1 Milliarden Euro) verwaltet. “Damit wird ein Bereich unter die Lupe genommen, der zum Wilden Westen geworden ist, in dem Fondsmanager nach eigenem Ermessen ESG-Etiketten auf alles Mögliche klatschen können”, so Patsky im Interview mit Bloomberg.

Weniger als drei Prozent?
Patsky, der 1994 den weltweit ersten Green-Chip-Index für sozial verantwortliche Unternehmen einführte, schätzt, dass von den 35 Billionen Dollar, die nach Angaben der Global Sustainable Investment Alliance in nachhaltigen Anlagen geparkt sind, weniger als 1 Billion Dollar auf “echte” ESG-Investitionen entfallen. Davon werden 500 Milliarden Dollar in Europa und etwa 300 Milliarden Dollar in den USA verwaltet, sagte er.

Nach Jahren des ungebremsten Wachstums sieht sich die ESG-Branche nun mit neuen Vorschriften konfrontiert. In Europa trat im März die Sustainable Finance Disclosure Regulation in Kraft, die Geldverwalter dazu zwingt, übertriebene ESG-Angaben zurückzuschrauben. Das Regelwerk zur Bekämpfung des Greenwashing gilt als das ehrgeizigste weltweit.

Greenwashing ist Meinungssache
Fondsmanager, die ihren Kunden erzählen, dass sie ESG-Investitionen tätigen, ohne die Unternehmen rigoros dazu zu drängen, den Menschen und dem Planeten weniger Schaden zuzufügen, verkaufen eine Mogelpackung, sagte Patsky, dessen Hauptfonds bis August eine Rendite von fast 20 Prozent erzielte. Der 58-Jährige hofft, dass strengere Vorschriften die Zahl der Anbieter dezimieren werden. Fondsmanager, die sich nur auf - seiner Meinung nach fehlerhafte - ESG-Daten stützen, lehnt er ab.

Patsky ist froh, dass die Wirtschaft und die Finanzwelt Themen wie geschlechtsspezifische Ungleichheiten, Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten und dem Klimawandel mehr Aufmerksamkeit schenken, auch wenn es oft an Definitionen mangelt, Benchmarks inkonsistent und Daten unvollständig sind. Doch es genüge nicht, sich nur auf ESG-Rating-Daten zu verlassen, da diese mit Fehlern gespickt seien.

Harte Kritik an passiven ESG-Investments
Das mache passive ESG-Investitionen unmöglich. Ein ernsthafter ESG-Investor müsse Druck auf das Management machen und Aktionärsrechte ausüben. “Solange das nicht geschieht, werden die meisten ESG-Maßnahmen weitgehend wirkungslos bleiben”, sagte Patsky.

Trillium selbst hat Unternehmen wie Johnson & Johnson und Starbucks Corp. zu Themen wie der Durchführung ethnischer Audits und der Reduzierung des Plastikverbrauchs gedrängt. (aa)

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