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Greenwashing-Vorwürfe gegen DWS lösen breite Neubewertung aus

Nach Meldungen über Untersuchungen bei der DWS Group, der Fondstochter der Deutsche Bank AG, zu angeblich geschönten Nachhaltigkeits-Deklarierungen überprüfen nun auch andere europäische Vermögensverwalter ihre entsprechenden Kennzeichnungen und Vertriebsversprechen zu diesen Produkten.

SEC-Vorsitzender Gary Gensler heizt jetzt auch den Asset Managern ordentlich ein, wenn es um vermutete ESG-Schummeleien geht.
SEC-Vorsitzender Gary Gensler heizt jetzt auch den Asset Managern ordentlich ein, wenn es um vermutete ESG-Schummeleien geht.© Bloomberg

In der gesamten Branche grassiert die Furcht, bei Greenwashing – einer irreführenden, falschen oder übertriebenen Darstellung der Klimafreundlichkeit – erwischt zu werden, nachdem Deutschland und die USA Ermittlungen gegen die DWS begonnen haben. Die DWS beteuert, sie habe nichts falsch gemacht. Gleichwohl dämmert der Branche nun, dass in der neuen regulatorischen Ära schwammige ESG-Definitionen nicht mehr toleriert werden.

Branche ist alarmiert
Seit die Untersuchungen gegen die DWS bekannt wurden, versuchen Fondsmanager in ganz Europa herauszufinden, ob Vermögenswerte, die sie zuvor als ESG-freundlich klassifiziert hatten, neu eingeordnet werden müssen, sagen mit den Vorgängen vertraute Personen bei Aufsichtsbehörden und Vermögensverwaltern gegenüber Bloomberg.

Interne Taskforce bei einem Konkurrenten am Werk
So hat etwa ein großer europäischer Fondsmanager als direkte Folge der DWS-Ermittlungen eine interne Taskforce zur Überprüfung von ESG-Verfahren und -Produkten aufgestellt, sagte ein Informant. Einige überprüfen älteres Marketingmaterial, um sicherzustellen, dass es keine irreführenden Formulierungen enthält, sagte ein anderer. Manche überdenken die Wortwahl, mit der sie ihr Engagement für ESG und Nachhaltigkeit der Öffentlichkeit präsentieren.

ESG-Investments könnten bis 2025 ein Drittel des Marktes ausmachen
Unterdessen ziehen klimafreundliche Investitionen weiterhin viel frisches Geld an angesichts der wachsenden Sorge um die immer schnellere globale Erwärmung. ESG-fokussierte börsengehandelte Fonds verzeichneten letztes Jahr in jeder einzelnen Woche Nettozuflüsse. Bloomberg Intelligence schätzt, dass ESG-Investments bis 2025 auf mehr als 50 Billionen Dollar steigen werden, weit mehr als ein Drittel des Gesamtmarktes.

Herabgestuftes Fondsvermögen im Gegenwert von zwei Billionen US-Dollar
Die strengeren EU-Regeln haben die Finanzindustrie bereits gezwungen, kleinere Brötchen zu backen. Zwischen 2018 und 2020 wurden etwa zwei Billionen US-Dollar an Vermögenswerten, die zuvor als nachhaltig klassifiziert waren, wieder heruntergestuft. In anderen Regionen stehen möglicherweise ähnliche Schritte bevor, sobald die Vorschriften dort entsprechend angepasst werden.

SEC will durchgreifen
In den USA hat die Securities and Exchange Commission (SEC) bereits deutlich gemacht, dass sie beabsichtigt, durchgreifen zu wollen bei übertriebenen ESG-Versprechen. “Viele Fonds bezeichnen sich heutzutage als ‘grün’, ‘nachhaltig’, ‘kohlenstoffarm’ und so weiter”, sagte der SEC-Vorsitzende Gary Gensler in einer Rede vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments. “Ich habe meine Mitarbeiter angewiesen, die aktuellen Praktiken zu überprüfen und zu erwägen, ob Fondsmanager die Kriterien und die zugrunde liegenden Daten offenlegen sollten, die sie verwenden, um sich als nachhaltig zu vermarkten.”

Fixler versus Wöhrmann
Auslöser für die Ermittlungen gegen die DWS waren Vorwürfen der geschassten Leiterin für Nachhaltigkeit, Desiree Fixler, die behauptet hatte, der Fondsmanager habe zu viele Assets als nachhaltig deklariert. Fixler hatte im vergangenen September als erste Nachhaltigkeits-Chefin bei der DWS begonnen und wurde bereits im März wieder entlassen. Die Vorwürfe sind auch ein Rückschlag für DWS-CEO Asoka Wöhrmann und dessen Chef, Deutsche-Bank-Boss Christian Sewing. Beide sind bewusst und sehr öffentlich auf das Nachhaltigkeits-Label aus, um in dem lukrativen und wachsenden Markt Boden zu gewinnen. Fixler sagt, sie sei gefeuert worden, nachdem sie die Kennzeichnung von ESG-Produkten durch die DWS in Frage gestellt hatte. Die DWS sagt, sie stehe zu ihren Veröffentlichungen und hat die Anschuldigungen als unbegründet zurückgewiesen. Das Unternehmen werde “im Rahmen ihrer treuhänderischen Verantwortung im Namen ihrer Kunden weiterhin konsequent für nachhaltige Geldanlage einsetzen”, hieß es am vergangenen Donnerstag.

EU-Offenlegungsverordnung als Gamechanger
Im März hatte die EU ihre Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor durchgesetzt, mit der sie explizit Greenwashing verhindern will. Die Regeln haben bereits eine massive Verschiebung bei den ESG-Kennzeichnungen erzwungen. Dennoch scheinen die Untersuchungen zur DWS die Branche geschockt zu haben: Einige Manager scheinen jetzt erst zu realisieren, dass falsche Behauptungen beim Thema ESG eine aggressive Reaktion der Aufsicht auslösen könnte.

Für Daan van Acker, einen Analysten bei dem gemeinnützigen Unternehmen InfluenceMap, ist klar: Strengere Vorschriften rund um ESG sind nötig, damit es nicht zu einem Vertrauensverlust kommt. Es sei ein Feld, auf dem es “mehr Klarheit und Konsistenz für die Anleger” brauche, sagte er. “Das ist das Endziel, das wir hier sehen wollen.” (kb)

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