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Digitaler Euro: Beginnt jetzt der Währungswettbewerb mit Bitcoin & Co?

Mit dem digitalen Euro könnte die EZB künftig deutlich an Einfluss gewinnen. Für Anhänger von „Kryptowährungen“ ein bedrohliches Szenario, da sie das Monopol der Notenbank in Frage stellen. Statt „Fiatgelds“ setzen sie auf disruptive Krypto-Coins. Ein missverstandener Liberalismus?

Dr. Ernst Konrad, Lead-Portfoliomanager bei Eyb & Wallwitz
Dr. Ernst Konrad, Lead-Portfoliomanager bei Eyb & Wallwitz© Eyb & Wallwitz

"Ein fairer Wettbewerb maximiert den volkswirtschaftlichen Gesamtnutzen, während staatliche Interventionen und Monopole ihm schaden. So eine Formel, mit der sich die Grundidee des Wirtschaftsliberalismus gut zusammenfassen ließe. Doch ist es wirklich immer so einfach?", fragt sich Dr. Ernst Konrad, Lead-Portfoliomanager bei Eyb & Wallwitz.

Währungsmonopol als Status Quo
Ein Blick auf den Geldmarkt dürfte ausreichen, um zu zeigen, wo die Formel ihre Tücken hat. Staatliche Monopole sind hier so selbstverständlich, dass sie für gewöhnlich nicht einmal mehr wahrgenommen werden. Auch wenn Notenbanken wie die EZB gerne und häufig für ihre Geldpolitik kritisiert werden – ihr Währungsmonopol stand bisher nicht zur Debatte. Doch mit dem Aufkommen der „Kryptowährungen“ hat sich das nun geändert. Dem Narrativ der Bitcoin-Anhänger folgend, wird die Rede vom „Fiatgeld“ und der Gefahr zentral gesteuerter Währungen immer lauter. Demnach seien staatliche Währungen ein „Zwangsgeld“ und Machtinstrument korrupter Eliten, die es mit den privaten Währungen zu bekämpfen gelte.

Der Bitcoin als demokratische Bewegung? Die Wirklichkeit sieht anders aus
„Kryptowährungen“ erfüllen weder die Geldfunktion als Tausch- noch als Wertaufbewahrungsmittel. Dr. Konrad dazu: "Aus diesem Grund wäre es auch irreführend, von einem Währungswettbewerb zwischen privaten Krypto-Assets und staatlichen Zahlungsmitteln zu sprechen: Da der Bitcoin keine Währung ist, kann er das Währungsmonopol der EZB auch nicht angreifen. Und überhaupt: Wie wünschenswert wäre ein freier Wettbewerb zwischen privaten Zahlungsmitteln denn? Folgt man der klassischen Marktlogik, wie sie auch Joseph Schumpeter vertritt, müsste ein solcher Wettbewerb eine Währung hervorbringen, die sich bestmöglich an den Präferenzen ihrer Nutzer ausrichtet. Wäre das Ergebnis eines solchen Wettbewerbs der Bitcoin? Vermutlich nicht. Und dennoch werden von seinen Anhängern immer wieder zwei Eigenschaften stark gemacht: Seine deflationäre Wirkung und die Dezentralität."

Der digitale Euro: Mehr Macht für die EZB?
Die deflationäre Wirkung des Bitcoins entsteht dadurch, dass seine maximale Ausgabemenge­ technisch begrenzt ist. Seinen Anhängern zufolge ist er dadurch vor Wertverlusten geschützt, weshalb er dem Euro vorzuziehen sei. "Doch wie würde sich eine Privatwährung, deren Geldmenge nicht veränderbar ist, verhalten, wenn eine weltweite Pandemie ausbricht? Wie wichtig Notenbanken mit ihren geldpolitischen Maßnahmen in solchen Fällen sind, dürfte Corona gezeigt haben", meint Dr. Konrad. Dass die „Hüterinnen des Geldes“ während Wirtschaftskrisen auch Fehler begehen können, sie sie in der Vergangenheit zum Teil sogar selbst ausgelöst haben, ändere daran wenig. Hier zeige sich klar: Eine unkontrollierte Währung sei in Krisenzeiten stets von zu großen Wohlfahrtsverlusten bedroht. Die Steuerungsmöglichkeiten eines demokratisch legitimierten Währungsmonopols scheinen da das deutlich kleinere Übel zu sein, zumal die EZB und die Fed durch ihre Mandate klar festgelegte Kompetenzen haben. Das staatliche Währungsmonopol erfülle also einen gesamtwirtschaftlichen Zweck, ist sich Dr. Konrad sicher.

Echte Disruption für traditionelle Währung ist möglich
Bei der Dezentralität der Kryptoassets ist die Situation etwas anders gelagert. Hier könnte sich für traditionelle Währungen eine echte Disruption anbahnen, da die dahinterliegende Technologie auch für Notenbanken von großem Interesse ist. Der Grund: Mit Technologien wie der Blockchain kann elektronisches Bargeld direkt zwischen Nutzern ausgetauscht werden, ohne dass Geschäftsbanken dafür als Intermediär fungieren müssten. Dr. Konrad dazu: "Die Geschäftsbanken wären dann für den elektronischen Geldtransfer und die Geldschöpfung nicht mehr nötig. Die Zentralbank könnte diese Kompetenzen an sich ziehen und die Einlagen der Nutzer direkt bei sich verwalten, wodurch sie einen noch größeren Einfluss auf die Regulierung der Geldmenge bekäme. Doch die Sorge davor, dass die EZB die Geschäftsbanken mit der Einführung eines digitalen Euros automatisch abschafft, ist übertrieben. Niemals wäre sie dazu in der Lage, all die Kreditgeschäfte und Verwaltungsaufgaben der Geschäftsbanken zu übernehmen. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass es neben dem digitalen Euro auch weiterhin elektronisch transferierbare Bankeinlagen geben wird. So könnten die Geschäftsbanken auch in Zukunft die Überprüfung und Vergabe von Krediten übernehmen."

Kein zwangsläufiges Wohlstandsoptimum bei dereguliertem Wettbewerb
Insgesamt zeigten die Besonderheiten des Geldmarktes also, so Dr. Konrad, dass ein deregulierter Wettbewerb nicht zwangsläufig zu einem Wohlfahrtsoptimum führen müsse: "Für die Stabilität des Geldsystems leisten die Notenbanken letztlich eine wichtige Funktion. Dass sie eines Tages durch private Krypto-Assets ersetzt werden, ist deshalb nicht zu befürchten. Eine Digitalisierung des Geldes dagegen schon."(kb)

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