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Comgest: Warum man mit Abstand bei US-Aktien vieles klarer sieht

Beim franzöischen Vermögensverwalter Comgest hat man sich ganz bewusst dafür entschieden, US-Aktienfonds aus Europa zu managen. Exklusiv für Institutional Money erklärt Justin Streeter, Portfoliomanager der US-Aktienstrategie bei Comgest, welche Vorteile das bietet.

Justin Streeter, Comgest
Justin Streeter, Comgest© Antoine Doyen für Comgest

Comgests Hauptsitz in Paris liegt Luftlinie fast 6000 Kilometer von der New Yorker Wallstreet entfernt. Trotzdem hat der Vermögensverwalter sein US-Aktienteam bewusst im Firmenhauptsitz angesiedelt, wo es US-Aktien nach dem firmeneigenen Quality-Growth-Ansatz verwaltet. Exklusiv für Institutional Money erklärt Justin Streeter, Portfoliomanager der US-Aktienstrategie bei Comgest, welche Vorteile das bringt. Streeter verweist dazu gerne auf Warren Buffett. Dessen Büro liegt bekanntlich im beschaulichen Omaha, Nebraska, fernab der großen Finanzmetropolen. Buffett betont stets, dass er so seine Entscheidungen mit Abstand jenseits der irrelevanten Faktoren und des Lärms des US-Markets treffen kann.

Mehr Zeit für Analyse
Auch Streeter sagt: „Aus Europa haben wir eine klarere, unvoreingenommene Perspektive auf US-Aktien.“ Durch die Entfernung vom Trubel und den Störgeräuschen können Manager sich seiner Meinung nach leichter vom Mainstream abheben und konsequent ihre eigene Philosophie verfolgen. Auch der Zeitunterschied spiele europäischen US-Investoren in die Karten: „Wenn die US-Märkte um 15:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit öffnen, haben wir in Europa schon den größten Teil des Tages neue Informationen gesammelt und diskutiert. Das ermöglicht uns eine ruhigere und umfassendere Analyse.“ Dabei kommen manchmal auch Aktien auf die Einkaufsliste der Portfoliomanager, die abseits der üblichen Hypes liegen aber gerade deshalb umso wertvollere Perspektiven bieten.

Als Beispiel führt Streeter den Hard- und Softwareriesen Oracle an. Viele seiner Kollegen in den USA halten den Anbieter von Firmenkunden-Lösungen für zu schwerfällig und etabliert und bevorzugen wachstumsstärkere Aktien wie Workday oder Salesforce. Dagegen setzt Streeter auf eben Oracle. Das Unternehmen hält einen Anteil von zehn Prozent bei der cloudbasierten Unternehmens-Ressourcenplanung (ERP SaaS), einem Markt mit einem potenziellen Volumen von 100 bis 200 Milliarden US-Dollar. „Der Marktanteil wird weiter wachsen, da der Wettbewerb fragmentiert ist und die potenziellen Kunden oft veraltete, interne und ineffiziente Tools verwenden“, glaubt Streeter.

Die Performance gibt ihm bislang Recht: Die Oracle-Aktie erzielte auf Sicht der letzten drei Jahren bis Mitte März 2023 einen Gesamtertrag einschließlich reinvestierter Dividenden von 109 Prozent, der S&P 500 erreichte dagegen nur 61 Prozent.

Auch gegenüber Salesforce und Workday liegt Oracle über denselben Zeitraum deutlich vorne. Der Comgest-Portfoliomanager glaubt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird: Mit höheren Zinsen werde Effizienz für Unternehmen immer wichtiger. Dass Oracles ERP-Lösungen davon profitieren dürften, belegen auch die Prognosen für das organische Umsatzwachstum von 9-10 Prozent zwischen 2023 und 2026. „Wir glauben, dass Oracle sehr gute Wachstumsaussichten hat“, so Streeter.

Internationales Potenzial wird in den USA oft übersehen
Ein weiteres Unternehmen, dass an der Wallstreet wenig, bei Comgest in Europa dafür umso mehr geschätzt wird, ist der Etikettenhersteller Avery Dennison. Etwa 80 Prozent des Geschäfts entfallen auf die Herstellung von Bekleidungs- und Verpackungsetiketten, erklärt Streeter, doch das Unternehmen entwickelt auch „intelligente Etiketten“, mit denen sich Waren entlang der gesamten Logistikkette verfolgen lassen. „Die Kombination von ausgereiften, rentablen Geschäftsbereichen mit neuen Wachstumsschüben macht das Unternehmen zu einer sichereren, stabileren Investition als reine Konzeptaktien“, so Streeter.

Im Fall von Avery Dennison waren die europäischen Portfoliomanager übrigens besonders nah an der Wachstumsquelle, denn das Unternehmen erzielt in Europa etwa gleich viel Umsatz wie in den USA und seine intelligenten RFID-Etiketten setzen sich zuerst in Europa durch.

Auch der Logistikanbieter GXO Logistics erzielt 60 Prozent seines Umsatzes in Europa. Das könnte dazu beitragen, dass US-Vermögensverwalter das Unternehmen trotz attraktivem Umsatzwachstum oft übersehen, vermutet Streeter. Der Spezialist für Lager- und Lieferkettenautomatisierung zählt Großkonzerne wie Amazon zu seinen Kunden.

Bei vielen Firmen, so Streeter, zahlt es sich aus, seinen eigenen Weg zu gehen, statt der Masse zu folgen. Er ist überzeugt: Gerade ein in Europa ansässiger US-Aktienmanager kann eine Fülle von Vorteilen und Möglichkeiten mit qualitativ hochwertigen Wachstumsfirmen entdecken, die im Trubel der Wallstreet untergehen. (aa)


Veranstaltungshinweis:
Comgest zählt zu den namhaften Sponsoren des 14. Institutional Money Kongresses, der von 18. bis 19. April 2023 im Frankfurter Congress Center stattfindet. Die französische Fondsgesellschaft hält einen Workshop zum Thema US-Aktien. Mehr Details und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie nachfolgend:

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