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Comgest-Manager: Japans Aktien sind "billiges Gold"

Richard Kaye, Portfoliomanager bei Comgest, sieht eine massive Fehlbewertung bei Japans Wachstumsaktien und traut seinem Fonds eine hohe Outperformance zu. Er verrät, welche Unternehmen besonders hervorstechen und warum Japan ein vielfach missinterpretierter Markt ist.

Richard Kaye, Comgest: "Die Unterbewertung solcher Unternehmen kann nicht aufrecht bleiben."
Richard Kaye, Comgest: "Die Unterbewertung solcher Unternehmen kann nicht aufrecht bleiben."© Comgest

Wer auf der Suche nach ungerechtfertigt unterbewerteten Aktien ist, wird nach Ansicht von Richard Kaye in Japan fündig. Im vergangenen Jahr haben internationale Investoren einige der erfolgreichsten japanischen Wachstumsunternehmen abgestoßen und das Geld stattdessen in Bank- und Immobilienaktien gesteckt. Ein Fehler, wie Kaye, Portfoliomanager des Comgest Growth Japan, unlängst bei einem Termin in Wien sagte.

Hintergrund der Investorenflucht war die Annahme, dass auch in Japan eine Value-Rotation nach globalem Muster stattfindet, Growth-Titel durch ein Ende der lockeren Geldpolitik plötzlich ihren Glanz verlieren. In Japan seien die Verhältnisse jedoch komplett anders. Zum einen fehle schlicht die Inflation als Basis für einschränkende Notenbankmaßnahmen, zum anderen seien bei der Flucht aus Growth undifferenziert auch Unternehmen mit realen Gewinnen, geringer Verschuldung und hohem Potenzial für Marktanteilsteigerungen abgestraft worden. Das eröffne Chancen für Anleger, die genauer hinsehen.

Reale Wachstumschancen
In Japan sei der Anteil an Qualitätstiteln unter den Growth-Aktien hoch, betonte Kaye. Und die Unternehmen im Wachstumssektor würden tatsächlich sehr gute operative Margen abliefern. Im Unterschied zu vielen Growth-Titeln, besonders aus dem US-Tech-Bereich, die in den vergangenen renditeschwachen Jahren an den Börsen allein aus der Hoffnung auf sehr ferne Zukunftsgewinne gekauft wurden und dadurch oft extreme Überbewertungen angehäuft hatten.

Die Wachstumschancen der japanischen Unternehmen seien hingegen real, so Kaye. Das Land verfüge über eine hohe Zahl an exportorientierten, globalen Nischenplayern, die sich vom stagnierenden Binnenmarkt entkoppelt haben und deren Geschäft besonders mit dem starken Bevölkerungswachstum in Asien anzieht. Marktführer wie etwa Daikin, der einzige Klimaanlagenproduzent, der mit dem umweltfreundlichen R32 sein eigenes Kältemittel herstellt, seien angesichts ihres Potenzials deutlich unterbewertet.

Wenig bekannte Riesen
Top-Titel im Fonds sind Namen wie Suzuki Motor, der Elektronik- und Maschinenbauer Fanuc und Sony Group. Zu den stillen Favoriten, die im Ausland teils wenig bekannt sind, zählt Kaye auch das IT-, Software- und Büro-Automationsunternehmen Obic, den Personaldienstleister Recruit oder den Chemie- und Faserkonzern Toray. Die meisten Portfoliotitel hätten gleichzeitig eine sehr geringe Nettoverschuldung von weniger als dem Ebitda. "Die Unterbewertung solcher Unternehmen kann nicht aufrecht bleiben. Wir betrachten das als billiges Gold", so Kaye, der für seinen Fonds hohe Zuwachsraten erwartet. "Unsere Upside ist 100 Prozent. Wir werden zurückkommen", so der Portfoliomanager.

Ausländischen Anlegern oder Investoren fehle oft der persönliche Zugang zu den Unternehmen vor Ort, und Analysen seien rar, so der geborene Brite, der seit Langem in Japan lebt. Japanische Aktien würden im Schnitt von sieben Analysten verfolgt, während es bei US-Titeln mehr als 55 sind, so Kaye. Etliche Unternehmen im Fonds hätten überhaupt keine Analysten-Abdeckung, wodurch sie ausländischen Anlegern verborgen bleiben. Gerade diese Gesellschaften würden sich jedoch häufig intensiv um den Dialog mit Shareholdern bemühen, was für die Investmentseite eine eigene Qualität bringe, so Kaye.

Bank of Japan bleibt bei lockerer Geldpolitik
Nicht zuletzt aufgrund des mangelnden Zugangs würden Investoren von außen Japan missverstehen, so Kaye. Falsch eingeschätzt hätten die Aktienanleger mit ihrer Flucht aus Wachstumstiteln zuletzt auch die Notenbankpolitik des Landes. Die Bank of Japan (BoJ) werde im Unterschied zu ihren Kolleginnen in Europa und den USA bei ihrer lockeren Geldpolitik und ihrer Tiefzinspolitik bleiben. Zum einen sind Zinssteigerungen kritisch, weil das Finanzierungsschwierigkeiten für die hohe Zahl der verschuldeten mittelständischen Unternehmen bringt.

Zum anderen betrachte die BoJ die Inflation als vorübergehend, sagt Kaye. So gebe es etwa aufgrund der Bevölkerungsalterung keine Immobilieninflation – ältere Menschen treten nicht mehr als die großen Käufer am Markt auf. Auch die Lohnsteigerungen seien gering, und generell gelten die japanischen Konsumenten als sehr sensibel gegenüber Preisanhebungen, weshalb die Unternehmen Teuerungen im Inland nur schwer durchsetzen können.

Vor ein paar Tagen entschied die BoJ, den kurzfristigen Zins bei minus 0,1 Prozent zu belassen. Obwohl die Inflation in den vergangenen Monaten konsequent das angestrebte Zwei-Prozent-Ziel klar übertroffen hat. Die Teuerung lag im November bei 3,8 Prozent. Was international sehr tief erscheint, stellt im tendenziell deflationären Japan ein jahrzehntelanges Hoch dar. Investoren könnten dieses Umfeld nutzen, so Kaye: Marktführer, die vom Wachstum in anderen Ländern profitieren, würden hier auf Regulatoren treffen, die aufgrund des wachstumsschwachen Binnenmarktes zu einer stabilen wirtschaftsfördernden Politik gezwungen sind. (eml)


Veranstaltungshinweis:
Comgest zählt zu den namhaften Sponsoren des 14. Institutional Money Kongresses, der von 18. bis 19. April 2023 im Frankfurter Congress Center stattfindet. Die französische Fondsgesellschaft hält einen Workshop zum Thema US-Aktien. Mehr Details und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie nachfolgend:

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