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BlackRock sieht Bonds nächstes Jahr unter Druck, warnt vor "Vigilanten"

Analysten des weltweit größten Vermögensverwalters sind für längerlaufende Anleihen wie auch für Aktien 2023 pessimistisch gestimmt und warnen nicht nur vor hohen Zinsen, sondern auch vor "Vigilanten".

© Jeenah Moon / Bloomberg

Institutionelle Investoren sollten die bewährte Strategie, in einer Rezession viele langlaufende Staatsanleihen zu kaufen, nächstes Jahr über Bord werfen, rät die Research-Abteilung von BlackRock, des weltweit größten Vermögensverwalters.

Strategen des BlackRock Investment Institute raten laut einem Bloomberg-Bericht ihren Kunden, Staatsanleihen zugunsten von inflationsindexierten Schuldtiteln und Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating unterzugewichten. Hartnäckig hohe Verbraucherpreise, steigende Staatsverschuldung und Liquiditätsrisiken lassen erwarten, dass die Anlageklasse nur wenig Schutz vor einem wirtschaftlichen Abschwung bietet, so das Unternehmen in seinem Prognosebericht 2023. Gleichzeitig drohen gegen die Inflationspolitik aufbegehrende "Anleihe-Aktivisten" die Renditen weiter in die Höhe zu treiben.

Bond Vigilanten schwingen die Peitsche
“Die Leitzinsen könnten länger höher bleiben, als die Märkte es erwarten”, schrieben BlackRock-Strategen um Wei Li und Scott Thiel in ihrer Analyse. “Außerdem werden die Anleger zunehmend eine höhere Vergütung für das Halten langlaufender Staatsanleihen verlangen.”

Investoren, die nach der globalen Finanzkrise bereit waren, den Regierungen der Industrieländer billige Kredite zu gewähren, wehren sich nun gegen fiskalische Großzügigkeit. Die ausufernde Staatsverschuldung wurde toleriert, so lange die Politik des billigen Geldes die Zinskosten drückte. Das ist nun vorbei.

In den USA ist die durchschnittliche Rendite für Staatsanleihen über alle Laufzeiten hinweg auf 2,19 Prozent gestiegen. Anfang des Jahres stand dieser Wert noch bei 1,55 Prozent, laut Bloomberg-Daten dem niedrigsten Level seit 22 Jahren.

“Sogenannte Bond-Vigilanten sind zurück”, so BlackRock in seinem Prognosebericht 2023. “Im alten Handbuch würden langfristige Staatsanleihen Teil des Pakets sein, da sie in der Vergangenheit Portfolios vor Rezessionen geschützt haben. Diesmal nicht, denken wir.”

Großbritannien bekam den Zorn der "Aktivisten" am eigenen Leib zu spüren, als sich der Widerstand der Märkte gegen nicht finanzierte Steuersenkungen im September in eine Finanzkrise verwandelte, die schließlich die Regierung von Liz Truss zu Fall brachte.

Aktives Management gefragt
Laut BlackRock werden die Anleger nach vier Jahrzehnten “weitgehend stabiler Aktivität und Inflation” ihr Portfolio häufiger umschichten müssen. Da die Zentralbanker versuchen, die Inflation einzudämmen, wird es im Jahr 2023 darauf ankommen, den wirtschaftlichen Schaden der darauf folgenden Rezession richtig einzuschätzen, so das Unternehmen.

BlackRock ist in Aktien auf kurze Sicht untergewichtet, da die Bewertungen diese Risiken noch nicht vollständig widerspiegeln. Entgegen dem Trend der letzten Jahre könnten Anleihen und Aktien gleichzeitig fallen, da es unwahrscheinlich sei, dass die Zentralbanken zur Rettung einschreiten werden, so das Unternehmen.

Kein neuer, langjähriger Bullenmarkt
“Wir werden eine positive Haltung zu Aktien einnehmen, wenn wir glauben, dass der Schaden eingepreist ist oder sich unsere Einschätzung der Marktrisiken ändert”, heißt es in dem Bericht. “Wir werden dies jedoch nicht als Auftakt zu einem weiteren ein Jahrzehnt andauernden Bullenmarkt bei Aktien und Anleihen sehen.”

Die Strategen gehen davon aus, dass die Währungshüter schließlich dann von Zinserhöhungen Abstand nehmen werden, wenn der wirtschaftliche Schaden “Realität wird” - selbst wenn die Inflation über den offiziellen Zielen bleibt.

Sie gehen davon aus, dass die Zinsen in den USA in der ersten Hälfte des Jahres 2023 einen Höchststand von fünf Prozent erreichen werden. Gleichzeitig erwarten sie, dass drei strukturelle Veränderungen die Inflation in den kommenden Jahren über den Zielvorgaben der Notenbank halten werden: eine alternde Bevölkerung, die die Zahl der Arbeitskräfte schrumpfen lässt, eine geopolitische Zersplitterung, die die wirtschaftliche Effizienz verringert, und der Übergang zu einer emissionsärmeren Welt.

Für den Moment ist es laut BlackRock an der Zeit, sich von Risiken fernzuhalten. “Wir könnten erleben, dass die Märkte über den Schaden hinwegsehen und sich die Stimmung bezüglich der Marktrisiken in einer Weise verbessert, die uns dazu veranlassen würde, unsere Risikobereitschaft zu erhöhen”, so BlackRock in dem Bericht. “Aber so weit sind wir noch nicht.”

Einige weitere Prognosen für 2023:

  • Aktien auf taktischer Basis untergewichten, strategisch übergewichten
  • Neutral bei chinesischen Anleihen
  • Übergewichtet bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen
  • Strategisch untergewichtet bei privaten Märkten
  • Maximale Übergewichtung von inflationsgeschützten Anleihen in strategischen Portfolios
  • Sieht US-Breakeven-Rate in fünf Jahren bei 3-3,5 Prozent gegenüber 2,26 Prozent heute (aa)

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