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Fallen Angels: Welches Potenzial ex-IG-Bonds Investoren bieten

Wie es nach einem Rekordjahr an "Gefallenen Engeln" mit diesen Hochzinsanleihen weitergehen könnte, analysiert Benedikt Schröder von Bantleon. Seine Einschätzung kommt zum Schluss, dass Fallen Angels jedenfalls ein Investment wert seien.

"Das Jahr 2020 dürfte für Fallen Angels positiv enden. So haben sich diese Anleihen, die vom unteren Rand des Investment-Grade-Spektrums "BBB" in das obere High-Yield-Segment "BB" herabgestuft wurden, deutlich besser entwickelt als nicht herabgestufte Investment-Grade-Unternehmensanleihen", schreibt Benedikt Schröder (Bild links), Portfolio Manager und Analyst für Unternehmensanleihen bei Bantleon, in einer aktuellen Markteinschätzung. Zur Erinnerung: Als Fallen Angels werden Unternehmensanleihen bezeichnet, die vom unteren Rand des Investment-Grade-Spektrums "BBB" in das obere High-Yield-Segment "BB" herabgestuft wurden.

Im Jahr 2021 sollten Fallen Angels Schröder zufolge von mehreren Faktoren profitieren: von steigender Nachfrage von Investment-Grade-Managern, der nur noch leichte Zuwächse des Marktes gegenüberstehen, wieder anziehender Konjunktur und schrumpfendem Neuemissionsvolumen in Sektoren, die von der Coronavirus-Pandemie besonders negativ beeinflusst werden. "Insgesamt dürften die Risikoprämien europäischer Fallen Angels im neuen Jahr mit etwa 40 bis 60 Basispunkten stärker sinken als die ihrer US-amerikanischen Pendants, was einem durchschnittlichen Kursanstieg von etwa 1,5 bis 2,5 Prozent entspricht", prognostiziert Schröder.

Fallen Angels fielen weich
In diesem Jahr konnten ehemalige Investment-Grade-Unternehmensanleihen, die im Laufe des Jahres in den High-Yield-Bereich herabgestuft und damit sogenannte Fallen Angels wurden, durchaus überzeugen. So erzielten diese Anleihen seit dem Höhepunkt der Coronavirus-Krise im Durchschnitt eine Outperformance in Höhe von 6,5 Prozentpunkten gegenüber nicht herabgestuften Investment-Grade-Unternehmensanleihen.

Rekordjahr
Die relativ gute Entwicklung der frischen Fallen Angels sei Schröder zufolge für Investoren in Unternehmensanleihen nicht unwichtig, weil die diesjährige scharfe Rezession eine Serie an Herabstufungen zur Folge hatte und den Markt an gefallenen Engeln kräftig aufblühen ließ:

Mit einer Volumenzunahme von 50 Milliarden Euro und 138 Milliarden US-Dollar auf fast 100 Milliarden Euro und 250 Milliarden US-Dollar war 2020 das intensivste Jahr an Fallen Angels seit 2005. Damals waren die großen US-Autobauer aus den Indizes herausgefallen.

Ein gravierender Unterschied zu damals besteht jedoch darin, dass in diesem Jahr auf eine kurze und heftige Rezession mit rasanten Anstiegen der Risikoprämien sofort eine Gegenbewegung folgte. Diese setzte ab Ende März in risikoreicheren Vermögenswerten wie High-Yield Corporates ein. Dabei konnten die Fallen Angels sowohl den breiten High-Yield-Markt als auch die schwächer gerateten Distressed- (CCC) und High-Yield-Secured-Indizes (B) klar outperformen.

Fallen Angels sind für klassische High-Yield-Investoren attraktiv
Die während der Coronavirus-Krise herabgestuften Fallen Angels, die sich im obersten High-Yield-Segment befinden, sind laut Schröder für klassische High-Yield-Investoren aktuell ein wahrer Segen, da diese Unternehmensanleihen nach der Herabstufung relativ günstig sind und ihre Emittenten besser entwickelte Kapitalstrukturen haben als die durchschnittlichen High-Yield-Unternehmen.

Gleichzeitig wird der Markt durch das Interesse von Investment-Grade-Managern erheblich belebt: Die Verlockung, bereits bekannte Namen zu diskontierten Preisen kaufen zu können, plus die mögliche Ausweitung des Corporate-Kaufprogramms der EZB auf Crossover-Kandidaten sollte für zusätzlichen Rückenwind in diesem Segment sorgen.

Crossover-Kandidaten sind Fallen Angels, die nicht von allen Agenturen ein High-Yield-Rating haben, sondern mindestens von einer Ratingagentur eine Investment-Grade-Bonität. So könnten Investment-Grade-Manager ihr Engagement im Jahr 2021 weiter erhöhen, was die Risikoprämien von Fallen Angels weiter sinken und ihre Kurse entsprechend steigen lassen würde.

Downgrades vor allem in zyklischen Branchen
Die Bedeutung von Investment-Grade-Managern für die Kursentwicklung von Fallen Angels wird anhand der folgenden Zahlen deutlich: Bis Juli 2020 haben indexnahe Euro-Investment-Grade-Fondsmanager rund 40 Prozent der Unternehmensanleihen verkauft, die ab dem Frühjahr 2020 in das High-Yield-Segment heruntergestuft und somit Fallen Angels geworden sind.

Und hier gab es laut Schröder einen klaren Fokus: Unter den Positionen, deren Anteil um mehr als 80 Prozent reduziert wurde, befinden sich ausschließlich Tourismusunternehmen (Kreuzfahrt und Fluggesellschaften). Dies verdeutlicht, dass gerade die hochzyklischen Unternehmen in diesem Jahr abgestraft wurden.

Das kommende Jahr könnte allerdings auch für hochzyklische Fallen Angels wieder positiv verlaufen, sofern parallel zu den bereits erwähnten Faktoren auch die konjunkturellen Belastungen im Jahresverlauf nachlassen. Zudem dürfte gerade in Sektoren, die von der Coronavirus-Pandemie besonders negativ beeinflusst werden, das Volumen an Neuemissionen im kommenden Jahr stärker zurückgehen, da Unternehmen dieser Sektoren einen starken Anreiz zum Risikoabbau besitzen.

Sektorenrotation
Zu Veränderungen dürfte es auch bei Zusammensetzung und Wachstum des Segmentes herabgestufter Unternehmensanleihen kommen: In diesem Jahr gehören die meisten Fallen Angels zu den Sektoren Automobile, Energie und Konsumgüter/Tourismus.

Im Jahr 2021 sollte sich der Schwerpunkt zu den Sektoren Banken, Gesundheitswesen und Versorger verschieben. Übergeordnet – also abgesehen vom aktuellen Krisenjahr – fällt Schröder auf, dass das Segment der gefallenen Engel über mehrere Jahre hinweg geschrumpft ist. Nach der starken Zunahme in diesem Jahr sollte man für das Jahr 2021 jedoch lediglich von kleineren Zuwächsen ausgehen. Das gilt für den europäischen Markt ebenso wie für den US-amerikanischen.

So ist der europäische Markt von Ende 2016 bis Ende 2019 im Durchschnitt um 53 Prozent geschrumpft, der US-Markt um 33 Prozent. Dagegen steht – bedingt durch die massive Flut an Neuaufnahmen im Jahr 2020 – der US-Markt nun aktuell mit +50 Prozent gegenüber Ende 2016 weitaus stärker da als das europäische Pendant, welches mit minus zwei Prozent noch immer leicht unter dem Niveau von Ende 2016 liegt.

Sinkende Risikoprämien, steigende Notierungen
Diese Verknappung sollte die Risikoprämien nach Einschätzung Schröders ebenfalls sinken lassen. Insgesamt werden die Risikoprämien europäischer Fallen Angels um etwa 40 bis 60 Basispunkte zurückgehen, was einem durchschnittlichen Kursanstieg von 1,5 bis 2,5 Prozent entspricht. Bei den US-amerikanischen Pendants ist mit einem etwas schwächeren Rückgang von 20 bis 40 Basispunkten zu rechnen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Kursanstieg von 1,3 bis 2,5 Prozent. "Dass die Fallen Angels in den USA fast das gleiche Kurssteigerungspotenzial haben wie die in Europa, obwohl ihre Risikoprämien nicht so stark sinken dürften, hängt mit ihrer längeren effektiven mittleren Restlaufzeit (Duration) zusammen", erklärt Schröder abschließend. (aa)

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