Logo von Institutional Money
| Märkte

Bantleon: Keine Angst vor einer SPACs-Apokalypse!

Die plötzliche Preiskorrektur bei SPACs Anfang März hat zu großer Verunsicherung bei vielen Anlegern geführt. Ist der SPAC-Boom etwa schon vorbei, bevor er richtig begonnen hat? "Nein, nach der großen Euphorie im SPAC-Markt folgte nur eine gesunde Korrektur", meint Oliver Scharping von Bantleon.

Oliver Scharping, Portfolio Manager für globale Aktien beim Asset Manager Bantleon
Oliver Scharping, Portfolio Manager für globale Aktien beim Asset Manager Bantleon© Bantleon

Die Situation Anfang März wirkte surreal: Chamath Palihapitiya verkauft seine privaten Anteile an Virgin Galactic, dem ersten großen SPAC-Deal dieser Dekade. Der Kurs des Hype-SPACs Churchill Capital IV bricht um mehr als 50 Prozent seit Bekanntgabe der Fusion mit Lucid Motors ein. Der Bloomberg-Index für Post-Deal SPACs sinkt um mehr als 20 Prozent vom Hochpunkt im Februar. Der Nachrichtensender CNBC spricht von einer "Spacokalypse", während Bloomberg News berichtet, dass Hedgefonds angeblich anfangen, auf fallende Kurse bei SPACs zu setzen. Gleichzeitig reiben sich spezialisierte Fondsmanager aufgrund glänzender Aussichten die Hände.

In Deutschland erst seit kurzem wieder dabei
SPACs (Special Purpose Acquisition Vehicles), wie die auf Übernahmen ausgelegten Mantelgesellschaften genannt werden, die vielversprechende Zielunternehmen suchen, sind erst seit ein paar Monaten wieder im deutschsprachigen Raum aktiv. Vorher waren sie nach magerer Performance hierzulande für mehrere Jahre von der Bildfläche verschwunden. Oliver Scharping, Portfolio Manager für globale Aktien beim Asset Manager Bantleon, führt dazu aus: "Erst der jüngste SPAC-Boom in den USA führte bei uns zu einer Renaissance: Nach dem Lakestar Spac I, dem ersten SPAC dieser Dekade, initiiert von Venture Capitalist Klaus Hommels mit Sitz in Zürich (bekannt für seine Investitionen in Xing, Facebook, Skype, Revolut und Klarna), ist Mitte März auch das viel umjubelte SPAC von Entrepreneur und Investor Christian Angermaier (Frontier Acquisition Corporation) an die Börse gegangen." Da führt die plötzliche Preiskorrektur zu großer Verunsicherung bei vielen Anlegern. ?Ist der SPAC-Boom etwa schon vorbei, bevor er richtig begonnen hat?

Preisrückgang war eine gesunde Korrektur
Ruhe zu bewahren, ist das Beste, was Investoren jetzt tun können. Oliver Scharping sagt: "Nach der großen Euphorie im SPAC-Markt folgte Anfang März schlichtweg eine gesunde Korrektur: Der durchschnittliche Aufschlag zum Treuhandvermögen der Pre-Deal SPACs war nämlich zwischenzeitlich auf über 25 Prozent gestiegen. Dass ein Euro Treuhandvermögen langfristig nicht ein Drittel oder Viertel mehr wert sein kann, war abzusehen. Die Darstellung in einigen Medien entspricht jedoch nicht der Realität. SPACs sind keineswegs nur auf (noch) unprofitable Tech-Start-Ups wie QuantumScape (Batterietechnologie) oder Virgin Galactic (Raumfahrttourismus) fokussiert und dies ist auch nicht die einzige Zukunft dieser bei uns relativ neuen Anlageklasse. Das Spektrum reicht vom SPAC des bekannten Value-Investors Bill Ackman (Pershing Square Tontine Holdings) bis hin zum ersten Bergbau-SPAC (African Gold Acquisition Corp.)."

Kommt 2022 das Porsche-SPAC?
Carve-Outs, also Ausgliederungen aus Konglomeraten, sind die nächste große Opportunität für SPACs und eine attraktive Alternative zum klassischen Private Equity Buyout oder Sparten-IPO. "Die Zahl an Opportunitäten ist dabei riesig, wie ein Blick auf die europäische Unternehmenslandschaft zeigt. Daimler will bekanntlich seine Truck-Sparte abspalten und VW liebäugelt mit einer Teilmonetarisierung von Audi oder Porsche. Auch die Zukunft von Nestlés Beteiligung an L'Oréal ist ungewiss. Ein ähnlicher Multi-Milliardendeal wie zuletzt Lucid Motors wäre auch in der Schweiz und in Deutschland möglich. Ein Porsche-SPAC würde der neuen Assetklasse die Krone aufsetzen, aber selbst, wenn es zunächst nicht dazu kommt, bleibt die Assetklasse der 911er im Rückspiegel für klassische Private-Equity-Fonds", meint Scharping.

Amerikaner als Vorbild
Die USA sind hier bereits einen Schritt weiter. Nicht nur Wachstumsunternehmen, sondern auch echte Value-Opportunitäten stehen dort bereits auf dem Einkaufszettel von SPACs: Value-Investing-Legende Joel Greenblatt hat mit Quinzel sein erstes SPAC registriert und auch Tracy Britt, ehemals rechte Hand von Warren Buffett, ist mit einem SPAC unterwegs. Bereits vor fast zehn Jahren hatte Investor Bill Ackman eine SPAC-ähnliche Mantelstruktur genutzt, um Burger King zurück an die Börse zu bringen. Etwas Ähnliches dürfte der notorische Tech-Kritiker mit seinen zwei jetzigen SPACs vorhaben. Der Aktivisten-Platzhirsch Elliott um Paul Singer, zuletzt unter anderem bei Aryzta aktiv und einst an Dufry beteiligt, hat ebenfalls zwei SPACs in petto, die sicher nicht in überbewertete Start-ups investieren werden. Bei weitem nicht jedes SPAC zielt also auf das nächste Helikopter-Taxi-Unternehmen ab, das erst im Jahr 2030 ein positives EBITDA aufweisen dürfte.

Was heißt das für Investoren?
"Der Markt bietet aktuell ein geradezu paradiesisches Umfeld für Arbitrageure, die risikolos am SPAC-Boom mitverdienen wollen. Unter und zu NAV gekauft, sind die Mantelgesellschaften attraktive Investitionsmöglichkeiten", weiß Oliver Scharping. "Zuletzt gab es mehr als 100 SPACs, die zum Discount handelten und damit risikolose Arbitrage ermöglichten. Im schlimmsten Fall droht eine niedrige einstellige Rendite als Entschädigung für die gehaltenen SPAC-Aktien. Kein schlechtes Risiko-Ertrags-Verhältnis. Und wenn es gut läuft, ist eine annualisierte Rendite im zweistelligen Bereich nicht unrealistisch."

Dass Hedgefonds SPACs leerverkaufen, sei quasi ausgeschlossen, weil dies einer Harakiri-Mission gleichkäme und strukturell kaum möglich sei, so der Bantleon-Portfoliomanager weiter. Stattdessen würden sie auf sinkende Kurse ehemaliger SPACs spekulieren , also nicht der risikolosen Mantelgesellschaften, sondern derjenigen Unternehmen á la Nikola, die über SPACs als Vehikel zu viel zu hohen Bewertungen an die Börse gekommen seien– oft nicht mit viel mehr als einer guten Vision, aber dafür schon mit Vorschusslorbeeren.

Nicht auf eigene Faust investieren
Wenn Investoren an eine Fortsetzung des SPAC-Booms glauben, sollten sie von Direktinvestments die Finger lassen. Nur Profi-Investoren haben das Know-how für die komplexe rechtliche Analyse dieser Vehikel und die hohen Mindestvolumina, um bereits zum IPO das Wunschvehikel zu zeichnen. Scharping dazu: "Besser beraten sind Anleger mit Event-Driven-Fonds, deren Manager die nötige Erfahrung im komplexen Handel mit den SPAC-Units und -Warrants haben. Passive Lösungen wie ETFs, die einen Mix aus SPACs auf der Suche und ehemaligen SPACs anbieten, sind wegen des fehlenden Sicherheitsnetzes in Form des Treuhandvermögens tückischer und im besten Fall hochriskante Anlagen." (kb)

Redaktionelle Anmerkung: In der frisch gedruckten, aktuellen Papierausgabe von "Institutional Money" (1/2021, ab Seite 226ff) gibt eine große Story über SPACs. Nachzulesen auch online im E-Magazin.

Dieses Seite teilen