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Deutschland droht mit Energieteuerung Industrie-Exodus

Europas (ehemaliges) "Power House" scheint sich wieder zum "Kranken Mann" Europas zu entwickeln. Dafür verantwortlich ist eine seit Jahren schlechte Wirtschaftspolitik, der nun hohe Energiepreise zum Verhängnis werden könnten. Die ersten Betriebe müssen schließen, das Personal verliert seine Jobs.

Ein Industrieland wie Deutschland benötigt eine günstige und verlässliche Energieversorgung, sonst steht das Geschäftsmodell auf der Kippe.
Ein Industrieland wie Deutschland benötigt eine günstige und verlässliche Energieversorgung, sonst steht das Geschäftsmodell auf der Kippe.© Industrieblick / stock.adobe.com

Mit den fast täglich neuen Preisrekorden am Strommarkt droht Deutschland ein Exodus von Autozulieferern sowie Chemie- und Stahlproduzenten. Binnen zwei Monaten haben sich die Notierungen für Elektrizität und Gas mehr als verdoppelt. Der 2023-Terminpreis für Strom liegt inzwischen bei mehr als 540 Euro je Megawattstunde. Vor zwei Jahren waren es noch 40 Euro. Über diese Entwicklung berichtet Bloomberg News mit Verweis auf eine Grafik, die am Ende dieser Meldung zu finden ist.

Deindustrialisierung nimmt an Fahrt auf
“Die Energieinflation ist hier viel dramatischer als anderswo”, sagte Ralf Stoffels, Geschäftsführer der BIW Isolierstoffe GmbH, einem Hersteller von Silikonteilen für die Automobil-, Luftfahrt- und Haushaltsgeräteindustrie. “Ich befürchte eine schleichende Deindustrialisierung der deutschen Wirtschaft.”

Unter den G7-Staaten droht Deutschland in diesem Jahr bei der wirtschaftlichen Entwicklung die rote Laterne. Bei dieser Warnung verwies der Internationale Währungsfonds im vergangenen Monat auf die große hiesige Abhängigkeit von russischem Erdgas.

Die Bundesregierung hat zwar Schritte unternommen, den Teuerungsschock für die Haushalte zu begrenzen. Viele Unternehmen jedoch dürften gezwungen sein, die steigenden Kosten an ihre Kunden weiterzugeben - oder sogar ganz zu schließen.

Unternehmen haben höhere Kosten
“Die Preise belasten viele energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen”, sagte Matthias Ruch, Sprecher von Evonik Industries. Der Chemiekonzerns betreibt Anlagen in 27 Ländern. Er ersetzt in Deutschland bis zu 40 Prozent der Erdgasvolumen durch Flüssiggas und Kohle. Ein Teil des Kostenanstiegs wird an Kunden weitergegeben.

Europas größter Kupferproduzent, die Hamburger Aurubis, will den Gasverbrauch minimieren und die Stromkosten an die Kunden weitergeben, wie Vorstandschef Roland Harings am 5. August ausführte. Das Unternehmen Südzucker hat nach Unternehmensangaben Notfallpläne für den Fall ausgearbeitet, dass Russland die Gaslieferungen nach Deutschland vollständig unterbricht.

BMW nutzt 37 Gasanlagen, um Werke in Deutschland und Österreich mit Wärme und Strom zu versorgen. Inzwischen erwägt der Autobauer, stattdessen auf lokale Versorger zurückzugreifen.

Zu teure Energie: Fabrik schließen, Arbeiter kündigen
Die Delkeskamp Verpackungswerke GmbH wird wegen der hohen Energiekosten eine Papierfabrik im niedersächsischen Nortrup schließen. Damit werden 70 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren.

Mit einem anhaltenden Anstieg der Energiepreise werden nach Einschätzung der Brüsseler Denkfabrik Bruegel “einige Industrien unter ernsthaften Druck geraten und ihre Produktion in Europa überdenken müssen”, wie Senior Fellow Simone Tagliapietra erklärte. Für Evonik kommt das Ruch zufolge nicht in Frage.

Vom Exporteur zum Importeur
In den ersten sechs Monaten des Jahres hat Deutschland rund 27 Prozent mehr Chemikalien importiert als im Vorjahreszeitraum, wie aus den von der Beratungsfirma Oxford Economics analysierten offiziellen Daten hervorgeht. Die Chemieproduktion war im Juni fast acht Prozent niedriger als im Dezember. (aa)

Immer höhere Strompreise sind Gift für ein Industrieland wie Deutschland

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