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Robeco: Die kommenden Jahre werden "hitzig"

Die 2020er werden laut Robeco nicht die "Roaring Twenties" sondern die "Roasting Twenties". Falls das wirklich so eintrifft, sollten institutionelle Investoren große Teile ihrer Portefeuilles auf den Prüfstand stellen, um Verluste zu vermeiden.

© master1305 / stock.adobe.com

Großanleger müssen sich auf "hitzige" Jahre einstellen, sofern Robeco Recht bekommt. Der niederländische Vermögensverwalter hat seine elfte jährlich erscheinende Publikation „Expected Returns“ (2022-2026) veröffentlicht. Mit Blick auf einzelne Assetklassen erläutern Peter van der Welle, Strategieexperte für Multi Asset, und seine Kollegen ihre Renditeerwartungen für die kommenden fünf Jahre. Das Expertenteam setzt sich zudem mit Wirtschaftsprognosen für die Zeit nach der Pandemie und der Bedeutung des Klimawandels aus Investorenperspektive auseinander.

Grund für Optimismus...
Robeco blickt innerhalb seines Fünfjahreshorizonts mit verhaltenem Optimismus auf das Jahr 2026, während die Welt gerade erst aus einer großen globalen Krise hervorgeht. Peter van der Welle und seine an der Publikation beteiligten Kollegen erwarten beispielsweise, dass sich die Arbeitsproduktivität in den USA verbessert. Zudem ist ein angebotsseitiger Schub für die globale Wirtschaft wahrscheinlicher als im letzten Jahr. Robeco erwartet eine investitionsgetriebene Beschleunigung der Produktivität, die den nur moderaten Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf während des Aufschwungs von 2009 bis 2019 übersteigt. Die Aussichten auf technologische Durchbrüche sind für die Expertenrunde ein weiterer Anlass für einen positiven Ausblick.

... aber nur gedämpft
Allerdings ist Robecos Optimismus gedämpft. Die makroökonomische Unsicherheit hat aufgrund einer eher untypischen Stopp-Start-Dynamik in den Jahren 2020-2021 das höchste Niveau der jüngeren Geschichte erreicht und die Niveaus aus der Zeit der Disinflation in den 1980er Jahren sowie der globalen Finanzkrise 2008 übertroffen. Die Frage, ob die Inflation vorübergehend oder längerfristig anhalten wird, bedeutet, dass Anleger bei ihren Erwartungen bezüglich der Entwicklung des ökonomischen Umfelds in den nächsten fünf Jahren unvoreingenommen bleiben sollten.

Ein weiterer, vielleicht noch gewichtigerer Grund für einen gedämpften Optimismus ist das wachsende Bewusstsein für die Schwere der Klimakrise. Die Temperaturen rund um den Globus werden bis zum Jahr 2040 auf mindestens 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau ansteigen, was zu extremeren Wetterereignissen und höheren physischen Klimarisiken in den Industrieländern führen wird. Die Robeco-Experten erwarten, dass Anleger in den nächsten fünf Jahren Klimarisikofaktoren stärker in ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen werden.

Einfluss des Klimawandels auf Anlageklassen
Vor diesem Hintergrund hat Robeco in der diesjährigen „Expected Returns“-Struktur eine gründliche Analyse der Auswirkungen von Klimafaktoren auf die Bewertungen in den Anlageklassen eingeführt, zusätzlich zu den makroökonomischen Faktoren. Die Robeco-Experten gehen von folgenden wichtigen Gesichtspunkten aus:

  • Die Zusammensetzung der Anlageklassen könnte durch den Klimawandel stärker beeinflusst werden als die erwarteten Renditen, da Robeco davon ausgeht, dass in Zukunft mehr Aktien und Anleihen von umweltfreundlichen Unternehmen emittiert werden.
  • Die Aktienmärkte der Schwellenländer und die Märkte für High Yield-Anleihen sind viel kohlenstoffintensiver als die Aktienmärkte der Industrieländer und die Märkte für Investment-Grade-Anleihen, was ihre Kurse in den nächsten fünf Jahren unter Druck setzen dürfte.
  • Aktive Anleger können einen Mehrwert schaffen, indem sie ihre Sicht auf den Klimawandel und die Auswirkungen von Richtlinien, Vorschriften und Verbraucherverhalten auf die Gewinne eines Unternehmens in ihre Investment-Entscheidungen integrieren.
  • Massiver Rückzug aus Unternehmen für fossile Brennstoffe könnte zu einer CO2-Risikoprämie führen.

"... Welt an einem Scheideweg"
Peter van der Welle, Strategieexperte Multi Asset bei Robeco, sagt: „Rund anderthalb Jahre nach dem Beginn der Covid-19-Pandemie befindet sich die Welt an einem Scheideweg. Inmitten des Paradoxons der sich erholenden Volkswirtschaften und des technologischen Wachstums einerseits und der makroökonomischen Unsicherheit und des Klimarisikos andererseits erwarten wir, dass die Welt zu einer dauerhafteren Wirtschaftsexpansion übergehen wird – den ‚Heißen Zwanzigern‘. Negative Realzinsen lassen das Konsum- und Investitionswachstum in den Industrieländern über den Trend hinaus ansteigen. Dabei bleibt der Kausalzusammenhang zwischen den Investitionsausgaben der Unternehmen und des Staats und dem anschließenden Produktivitätswachstum intakt und die positiven Realrenditen der Investitionen kommen den Reallöhnen und dem Konsumwachstum zugute.“

Institutionelle sollten reagieren
Laurens Swinkels, Researcher bei Robeco, ergänzt: „Obwohl 86 Prozent der institutionellen Investoren unserer globalen Klimastudie zufolge erwarten, dass das Klimarisiko bis 2023 ein Schlüsselthema in ihren Portfolios sein wird, spiegeln die regionalen Bewertungen noch nicht die unterschiedlichen Klimarisiken wider, denen die verschiedenen Regionen ausgesetzt sind. Daher berücksichtigt die diesjährige Ausgabe von ‚Expected Returns‘ zum ersten Mal seit ihrer Einführung im Jahr 2011 die Auswirkungen des Klimawandels auf die Renditen.“ (aa)

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