Logo von Institutional Money
| Theorie

Große CFA-Umfrage: Wie nachhaltig ist die Finanzbranche wirklich?

Eine Umfrage des CFA Institute unter 7.000 Marktteilnehmern zeigt, wie groß der Stellenwert von Nachhaltigkeit mittlerweile ist und welche Schlüsselkompetenzen gefragt sind. Bemerkenswert ist, dass 70 Prozent der Profis mehr Training wünschen.

Margaret Franklin, CFA, Präsidentin und CEO des CFA Institute
Margaret Franklin, CFA, Präsidentin und CEO des CFA Institute© CFA

Der globale Finanzverband CFA Institute mit mehr als 160.000 Mitgliedern hat Anfang Dezember die Ergebnisse der groß angelegten Studie "The Future of Sustainability in Investment Management: From Ideas to Reality" vorgestellt. Für die Studie wurden weltweit mehr als 7.000 Marktteilnehmer, darunter über 900 institutionelle Investoren, rund 3.500 Privatanleger sowie 2.800 Praktiker aus der Finanzindustrie, befragt.

Ziel der Umfrage
Ziel der Untersuchung war es, wesentliche globale Trends zum Thema nachhaltige Geldanlage (Sustainable Investing) und deren Auswirkungen auf die Investmentbranche einzufangen. Der Diskurs zu dem Thema wird durch die COVID-19-Pandemie, die Fragen nach der Vernetzung, Verwundbarkeit und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems aufwirft, zusätzlich angetrieben.

Die Ergebnisse legen nahe, dass länderübergreifend 85 Prozent der Investmentmanager ökologische (Environmental) oder soziale (Social) oder auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) bezogene Kriterien in Anlageentscheidungen einbeziehen. Dies entspricht einem Plus von zwölf Prozent gegenüber der Vorgängerbefragung vor drei Jahren.

Diese Wachstumsdynamik wird von einer starken Nachfrage seitens mehrerer Anlegergruppen getragen. Drei Viertel (76 Prozent) der institutionellen Anleger und 69 Prozent der Privatanleger weltweit (in Deutschland sogar 81 Prozent) zeigen sich derzeit interessiert an ESG-Investments oder sind bereits entsprechend positioniert.

"Die Einbeziehung von Nachhaltigkeit wird ein wichtiger Aspekt zur Verfolgung des übergeordneten Daseinszwecks der Finanzindustrie: Langfristige Werte zu schaffen und damit den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand zu heben“, kommentiert Margaret Franklin, CFA, CEO und Präsidentin des CFA Institute.

Weitere interessante Erkenntnisse der Erhebung
Die Qualität und Integration von Nachhaltigkeitsdaten sowie die fachliche Kompetenz der Praktiker im Umgang mit diesen Variablen werden zu Schlüsselkompetenzen innerhalb der Branche:

  • Verfügbarkeit und Nutzung alternativer Daten auf Basis fortschrittlicher Technologien gewinnen an Bedeutung. Zwei von drei Umfrageteilnehmern (71 Prozent), die dezidiert zu diesem Thema befragt wurden, zeigten sich überzeugt, dass damit robustere Analysen und letztlich Wettbewerbsvorteile erzielt werden.
  • Bei der Ausbildung hochqualifizierter Nachhaltigkeitsexperten besteht noch Aufholbedarf. Von einer Million dem Finanzsektor zugeordneter LinkedIn-Profile führen lediglich 8.000 das Thema „ESG“ als Kernexpertise auf. Diese Zahl ist jedoch innerhalb eines Jahres um 26 Prozent gestiegen. Das weitere Wachstum dürfte überproportional hoch sein.
  • Bislang traut sich nur jeder zehnte (11 Prozent) der weltweiten Finanzprofis ein umfassendes Wissen zum Thema ESG zu. 70 Prozent wünschen sich dazu mehr Training seitens ihrer Arbeitgeber.

Angesichts der Kundennachfrage wird erwartet, dass zahlreiche Anbieter ihre Anlagemodelle neu bewerten und Produktportfolien erweitern, wobei die Einbindung von ESG-Kriterien und sogenannte Best-in-Class-Ansätze (Unternehmen, die sich beim Branchenvergleich besonders auszeichnen im Hinblick auf ökologische, soziale oder ethische Kriterien) gegenüber Ausschlussmethoden präferiert werden.

Produktseitig werden Potenziale unter anderen in Indexfonds und quantitativen Strategien gesehen sowie in Themen- und ESG-Multi Asset Fonds, klimabezogenen Investments sowie Lösungen mit langfristigem Anlagehorizont.

ESG hat sich gut behauptet
Der Principles for Responsible Investment-Initiative der UN, die ins Leben gerufen wurde, um Grundsätze für verantwortliche Geldanlagen zu entwickeln, sind bislang mehr als 3.000 institutionelle Investoren beigetreten, die ein Vermögen in Höhe von rund 100 Billionen US-Dollar verwalten, Tendenz steigend.

„Während der temporären Drawdown-Phase zu Beginn der Pandemie im ersten und zweiten Quartal hat sich gezeigt, dass Unternehmen mit sehr guten ESG-Ratings möglicherweise gegenüber marktbreiten Indizes selektiv krisenresistenter waren“, ergänzt Susan Spinner, CFA, geschäftsführender Vorstand der CFA Society Germany. „Diese Daten und weitere Dimensionen des Themas gilt es für eine branchenweite ESG-Integration, die künftig noch systematischer erfasst wird, zu validieren. Die Bewährungsprobe besteht darin, die Wirkung der Kapitalanlage und die Schaffung von Werten entlang von ESG-Faktoren in die Praxis und die Lehrbücher zur Kapitalanlage einzubinden. Dabei wird das Konzept des Shareholder Value, das vornehmlich auf die Ansprüche der Investoren und Kapitalgeber fokussiert, abgelöst durch einen Stakeholder-Ansatz, der mehrere Interessengruppen ganzheitlich berücksichtigt“. (aa)

Dieses Seite teilen