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LBBW: Politik erhöht unbeabsichtigt die Gefahr einer Energiekrise

Das Entlastungspaket III könnte nach Einschätzung des LBBW Research genau jene Effekte hervorrufen, die es verhindern oder deren Folgen es zumindest abmildern will.

LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer: „Es kann sein, dass das Ergebnis der Bemühungen der Koalition am Gasmarkt am Ende genau zu den Rationierungen führt, die man eigentlich abwenden will.“
LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer: „Es kann sein, dass das Ergebnis der Bemühungen der Koalition am Gasmarkt am Ende genau zu den Rationierungen führt, die man eigentlich abwenden will.“© Mila Pairan für LBBW

Viel hilft viel? Nicht beim Entlastungspaket III, urteilt das LBBW Research in einer Studie zu den Auswirkungen des 65 Milliarden Euro schweren Unterstützungsprogramms. Mit ihm will die Bundesregierung die Belastungen der privaten Haushalte durch die explodierenden Gas- und Strompreise abfedern. Zudem enthält das Paket eine Reihe Maßnahmen wie die Kindergelderhöhung oder die Einführung des Bürgergelds, die nicht im Zusammenhang mit den hohen Energiekosten stehen. Das dritte Entlastungspaket ist damit doppelt so groß wie seine beiden Vorgänger zusammen.

„Die Gefahr einer Energiekrise steigt damit“, warnt Chefvolkswirt Moritz Kraemer. „Es kann sein, dass das Ergebnis der Bemühungen der Koalition am Gasmarkt am Ende genau zu den Rationierungen führt, die man eigentlich abwenden will.“

Der Gasverbrauch müsse deutlich sinken, um Rationierungen zu vermeiden. Statt Eingriffe wie Preisobergrenzen für den Grundbedarf einzuführen wäre es sinnvoller, den Anstieg der Gas- und Strompreise wirken zu lassen, um die Verbraucher so zu größeren Einsparanstrengungen zu motivieren. Tatsächlich stieg der Gasverbrauch in den privaten Haushalten aber seit Monatsbeginn wieder. Bedürftige Haushalte und Unternehmen sollten mittels Transferzahlungen direkt, zeitnah und gezielt unterstützt werden.

Zufallsgewinne finanzieren allenfalls ‚überschaubaren Anteil‘
Die LBBW-Volkswirte blicken zugleich äußerst kritisch auf die Frage, wie die finanziellen Hilfen des Staates gegenfinanziert werden können. Für zweifelhaft halten sie gar die Hoffnung, mit
dem Abschöpfen von Zufalls- oder Übergewinnen der Energieversorger maßgebliche Teile des Pakets zu finanzieren: „Die Besteuerung der Energieversorger kann nur einen relativ überschaubaren Beitrag liefern.“

Selbst wenn die Hälfte des Nettogewinns der Unternehmen als Zufallsgewinn eingestuft würde, ergäbe dies vermutlich lediglich einen einstelligen Milliardenbetrag.

Die Regierung habe die Risiken des Entlastungspakets für den Staatshaushalt nicht ausreichend bedacht, gibt Kraemer schließlich zu Bedenken: „Die Schuldenbremse wird sich nicht halten lassen.“ Bei der Haushaltsdebatte diese Woche in Berlin könnte sich zeigen, dass eine höhere Kreditaufnahme unvermeidlich ist. Selbst wenn der Bund nur die Hälfte der
geplanten 65 Milliarden Euro trage, werde dies die Ausgaben des Bundes 2023 um sieben Prozent erhöhen.

Bei aller Kritik im Detail erhält das Entlastungspaket auch gute Noten von den Ökonomen: „Zweifellos wird das Paket der Erosion des gesellschaftlichen Zusammenhalts entgegenwirken. Die finanzielle Unterstützung für Haushalte wird dazu führen, dass der Rückgang des privaten Konsums gedämpft wird.“ Dies wird die erwartete Rezession begrenzen. Die Experten der LBBW prognostizieren, dass die deutsche Wirtschaft 2023 um ein Prozent
schrumpfen wird. (aa)

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