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Welche Chancen Nachhaltigkeit Anleiheinvestoren bietet

Die Schwellenländer schließen bei der Integration von ESG-Aspekten zunehmend zu den Industrienationen auf. Samuel Bevan, Fondsmanager des abrdn SICAV I – Emerging Markets SDG Corporate Bond Fund, zeigt einige der Möglichkeiten auf, die sich dadurch für Anleiheinvestoren ergeben.

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„In den letzten zwei Jahrzehnten haben Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsaspekte (ESG) für Anleger zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Schwellenländer sind vielen der Probleme, die unseren Planeten bedrohen, besonders ausgesetzt. Das macht die Notwendigkeit von ESG-Strategien akut. Da Regierungen, Aufsichtsbehörden und Unternehmen in diesen Ländern Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ergreifen, können auch Anleger von dieser Verbesserung der ESG-Standards in den Emerging Markets profitieren“, erklärt Samuel Bevan (Bild links, Copyright: Aberdeen Asset Management), Fondsmanager des abrdn SICAV I – Emerging Markets SDG Corporate Bond Fund, in einem „Institutional Money“ exklusiv vorliegenden Beitrag.

Emissionstätigkeit steigt von niedrigem Niveau und wird zunehmend grün
Die Anleiheemissionen in den Schwellenländern liegen sowohl absolut als auch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt deutlich unter denen der Industrieländer. Diese Situation verbessert sich laut Bevan jedoch, da sowohl die Länder als auch die Unternehmen die Zahl der Anleiheemissionen erhöhen, was den Anlegern eine breitere Möglichkeit bietet, von den höheren Wachstumsaussichten der Schwellenländer zu profitieren.

Ein wichtiger Indikator für die veränderte Einstellung der Unternehmen in den Schwellenländern ist Bevan zufolge die zunehmende Konzentration auf Umweltziele. In den letzten Jahren war eine deutliche Verlagerung der Neuemissionen hin zu grünen Anleihen zu beobachten, deren Erlöse zur Finanzierung von klima- oder umweltbezogenen Projekten, Anlagen oder Aktivitäten verwendet werden. „Im Jahr 2015 machten grüne Anleihen nur etwa ein Prozent der Neuemissionen in den Schwellenländern aus. Bis 2022 war ihr Anteil auf 30 Prozent gestiegen“, hält Bevan fest.

In dem Maße, in dem die Emission grüner Anleihen und nachhaltiger Fonds in den Schwellenländern an Bedeutung gewinnt, dürfte das "Greenium" (der Aufschlag, den Anleger für grüne Anleihen gegenüber nicht-grünen Emissionen mit gleichem Kupon und gleicher Laufzeit zu zahlen bereit sind) steigen. Dies wiederum dürfte die Renditen grüner Anleihen attraktiver machen, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass die Nachhaltigkeitsagenda vorangetrieben wird, merkt Bevan an.

Zunehmende Finanzierungslücke bei Nachhaltigkeit
Eine weitere wichtige ESG-Chance in den Schwellenländern steht im Zusammenhang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN SDGs). Eine der größten Herausforderungen ist hier laut Bevan die zunehmende Finanzierungslücke. Vor Covid-19 betrug die Finanzierungslücke zur Erreichung der SDGs in den Schwellenländern 2,5 Billionen US-Dollar pro Jahr. Bis 2020 hatte sich dieser jährliche Bedarf laut OECD auf 4,2 Billionen US-Dollar erhöht. Seit Anfang 2022 haben der Einmarsch Russlands in der Ukraine und die daraus resultierenden Nahrungsmittel- und Energieschocks die Lücke weiter vergrößert.

Es liegt Bevan zufolge auf der Hand, dass die Finanzindustrie eine entscheidende Rolle bei der Schließung dieser Lücke spielen muss. Doch dieser Markt steckt noch in den Kinderschuhen. Bisher haben die Anleger in den Schwellenländern gerade erst damit begonnen, ihr Kapital auf Nachhaltigkeit auszurichten. Dies lässt noch viel Raum für Wachstum. So sind beispielsweise nur sechs Prozent der Unternehmensanleihefonds für Schwellenländer ausgewiesene ESG-Fonds; bei Euro-Unternehmensanleihen liegt dieser Anteil bei über 30 Prozent.

ESG als Instrument zur Risikomessung
Aber es gibt Bevan zufolge noch eine weitere Art, ESG zu betrachten. Oder besser gesagt, ESG bietet auch noch eine weitere Art, Investitionen zu betrachten. Die traditionelle Sichtweise auf Schwellenländer ist, dass sie von Natur aus risikoreicher sind als ihre entwickelten Pendants. Auf Länderebene spiegelt dies oft relativ unreife Institutionen, sich entwickelnde Volkswirtschaften und ein größeres Potenzial für politische Turbulenzen wider. Auf Unternehmensebene können politische Einflussnahme, Korruptionspotenzial und mangelnde Transparenz eine Rolle spielen.

„Für Investoren, die eine hohe ESG-Sensibilität aufweisen, ist es jedoch leichter, ein besseres ESG-Rating mittels Schwellenländer-Unternehmensanleihen als mit entsprechenden Staatsanleihen zu erreichen, weil ESG-Aspekte auf Unternehmensebene leichter zu steuern und realisieren sind als auf Länderebene. So bietet die ESG-Betrachtung in diesem Zusammenhang eine weitere, über die konventionelle Analyse hinausgehende gute Möglichkeit, um gerade Unternehmen eingehend zu prüfen und ihre Kreditwürdigkeit zu bewerten. Insofern kann die Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien auch einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Risikomessung und zum Risikomanagement im Portfolio leisten“, betont Bevan abschließend. (aa)

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