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Union Investment: Sind die hohen Aktienkurse gerechtfertigt?

Der Leiter Portfoliomanagement von Union Investment geht der Frage nach, ob Anleger angesichts hoher Bewertungen vieler US-Technologieaktien eine Blase bzw. die negativen Konsequenzen von deren Platzen befürchten müssen.

Benjardin Gärtner, Union Investment
Benjardin Gärtner, Union Investment© Union Investment

„Die aktuelle Rally der Tech-Aktien ist keine Blase, die zu platzen droht. Die hohen Bewertungen sind angemessen, vorausgesetzt, das Marktwachstum der Unternehmen hält an. Deswegen ist eine permanente Beobachtung der Entwicklung und gegebenenfalls aktives Handeln nötig“, schreibt Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagement Aktien und Mitglied des Union Investment Committee, in einer aktuellen Markteinschätzung.

Seiner Ansicht nach sei die Zahl wachstumsstarker börsennotierter Unternehmen begrenzt. Allein die Marktkapitalisierung von Apple entspricht etwa dem Marktwert aller 30 DAX-Titel. Dies liege auch an der hohen Profitabilität und den Wachstumsperspektiven des Unternehmens. „In einem Umfeld, das von sinkender Produktivität und niedrigen Wachstumsraten sowie demografischem Wandel gekennzeichnet ist, genießen Unternehmen mit solchen Eigenschaften eine besondere Attraktivität“, erinnert Gärtner.

Size matters
Viele dieser Unternehmen können Gärtner zufolge auf echte Netzwerkeffekte zurückgreifen, wie beispielsweise die konsumentennahen Online-Riesen Amazon oder Facebook oder Zahlungsverkehrsdienstleister wie Visa. Sie verfügten über globale, starke Marken, Plattformen und den finanziellen Spielraum, um ihre Marktstellung auszubauen. Dies mache es für Wettbewerber sehr schwer, sie anzugreifen. Weiteres Wachstumspotenzial bestehe für Software- und Plattformunternehmen beispielweise durch die Ausbreitung von Cloud-Computing.

Die Marktführer im Cloud-Computing sind Amazon mit Amazon Web Services (AWS) und Microsoft mit Azure. Die Google-Mutter Alphabet versucht ebenfalls, im Cloud-Markt mit der Google Cloud Platform (GCP) Fuß zu fassen und ist inzwischen zur Nummer drei aufgestiegen. „Dieser neue Markt scheint unter den Platzhirschen der Branche bereits weitgehend aufgeteilt zu sein“, merkt Gärtner an.

Ähnlich sehe es im Bereich Big Data aus, also der Datenanalyse, die zunehmend mobil und im industriellen Bereich einsetzbar ist. Sie berge die Aussicht auf weiter steigende Erlöse und Gewinne. „Von den Möglichkeiten der Datenanalysen profitieren in erster Linie auch die Internetwerte, SAP und andere Softwareanbieter liefern eher die „Werkzeuge“. Hier ist aber noch etwas Platz für jüngere Softwareunternehmen wie Salesforce.com oder Splunk“, merkt Gärtner an.

USA hat die Nase vorn
In einem Umfeld, das von Spannungen wegen des Handelskonflikts zwischen den USA und China geprägt war, zeigten sich insbesondere US-Softwareaktien extrem robust. Die USA haben hier die Nase vorn, da große Internetwerte in Europa weitgehend fehlen. So schneiden auch die europäischen Tech-Werte gemessen an der Marktkapitalisierung vergleichsweise schwach ab.

Für viele Investoren sind Unternehmen wie Microsoft oder SAP ein „sicherer Hafen“. Auch Apple, Amazon oder Alphabet weisen eine beachtliche Marktkapitalisierung auf, die auf soliden, wachsenden Gewinnströmen beruhe. „Die Umstellung von Einmallizenzen auf regelmäßig wiederkehrende Lizenz- und Dienstleistungserlöse sorgt für gut prognostizierbare Cash-Flows und damit für ein Sicherheitsgefühl bei Investoren – heute ein rares Gut“, meint Gärtner.

Nifty Fifty 2.0
Damit seien laut Gärtner diese Plattform- und Softwareaktien eine neue Art „Nifty-Fifty“-Aktien. Denn sie sind vergleichbar mit den Old-Economy-Dinosauriern, die als „Nifty-Fifty“ Ende der sechziger Jahre Furore machten. So wurden damals 50 Unternehmen bezeichnet, die verlässliche Gewinne lieferten und am Markt deswegen hoch bewertet wurden. Sie übertrafen lange Jahre den breiten Markt. „Google, Amazon und Microsoft sind als die heutigen „Nifty-Fifty“ damit vergleichbar, denn sie treffen wie damals auf ein Umfeld, das von niedrigen realen Wachstumsraten, niedrigen Realzinsen und hoher geopolitischer Unsicherheit geprägt war. In diesen Zeiten zählt, was gut prognostizierbare Erträge liefert“, erklärt Gärtner.

Auch wenn die rasante Kursrally von Internetaktien wie Alphabet und Amazon nach viel heißer Luft aussehe, handele es sich bei den Bewertungen nicht um Luftschlösser. Die Unternehmen profitieren von Netzwerkeffekten und wachsenden Märkten, was ihre Cash-Flows steigen und die Gewinne sprudeln lässt. „Vor dem Hintergrund einer gesamtwirtschaftlichen Lage, die von geringem Wachstum, rückläufiger Produktivität, Niedrigzinsen und demografischem Wandel geprägt ist, bleiben sie für Investoren ausgesprochen attraktiv“, sagt Gärtner abschließend. (aa)

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