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UBP: Herausforderungen und Auswirkungen des Krieges - was nun kaufen?

Die Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft erörtert vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland, welche langfristigen Folgen entstehen und wie sich Investoren positionieren sollten.

© Maria Vonotna / stock.adobe.com

Norman Villamin, Chief Investment Officer (CIO) Wealth Management der Union Bancaire Privée (UBP) rechnet damit, dass die Krise große Auswirkungen auf die globale politische Dynamik in den USA, der EU und Asien hat. In einem aktuellen Marktkommentar schreibt er, dass es bereits seismische Verschiebungen wie die Entscheidung Deutschlands, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, sowie die Diskussionen in Finnland über die NATO-Mitgliedschaft gebe. Solche Entwicklungen werden sich Villamin zufolge nachhaltig auf die Investitionslandschaft auswirken. Auf kürzere Sicht könnten die Aussicht auf steigende Energiepreise und potenziell höhere Agrarrohstoffpreise zusätzliche Stagflationsrisiken für die Volkswirtschaften in aller Welt mit sich bringen.

Europa ist stärker von Abwärtsrisiken betroffen
Europa sei Villamin zufolge am stärksten den wirtschaftlichen Risiken des Konflikts ausgesetzt. Während von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet wurde, dass sie die Zinssätze in den nächsten zwei Jahren deutlich anhebt, wird sie ihre Agenda überarbeiten müssen, um den geopolitischen und makroökonomischen Auswirkungen Rechnung zu tragen. Der zunehmende Druck durch die Energie-, Getreide- und Metallpreise könnte die Inflation in der Eurozone um 0,3 bis 1,5 Prozent erhöhen. Die Inflationsrate dürfte in den kommenden Quartalen bei über fünf Prozent im Jahresvergleich bleiben, wobei die Auswirkungen bis 2023 anhalten dürften.

Chefökonom revidiert Basisszenario wegen Rohstoffrisiken
Mit der weiteren Entwicklung der Krise sieht Patrice Gautry, Chefökonom der UBP, das Basisszenario der Bank für das laufende Jahr in Frage gestellt. „Wir haben bereits erhebliche Veränderungen in den Mitteilungen der Zentralbanken festgestellt. Da Russland und die Ukraine wichtige Exporteure von Rohstoffen, Metallen und Getreide sind, werden sich die Risiken für die Weltwirtschaft über den mit diesen Exporten verbundenen Handel und die globale Inflation ausbreiten.“ Auf Russland entfielen 30-40 Prozent der Gaseinfuhren der EU und zehn Prozent der weltweiten Rohöleinfuhren.

Russland und die Ukraine kontrollierten zusammen mehr als ein Drittel der weltweiten Weizenexporte und fast 15 Prozent der weltweiten Maisexporte. „Selbst wenn der Konflikt nicht lange andauert, wird er langfristige Folgen haben und ein hohes Maß an Unsicherheit mit sich bringen", so Gautry.

„Der Konflikt wirft uns in ein Umfeld des Kalten Krieges zurück, das zu einem Anstieg der Militärausgaben führen wird, und wirft auch die Frage der Energieunabhängigkeit auf. Selbst wenn einige Verhandlungen schnell abgeschlossen werden sollten, wird der Druck auf die Preise für Verteidigung, Energie, Rohstoffe und Getreide noch lange Zeit zu spüren sein. Große Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage werden wahrscheinlich auch nach dem ersten Schock des Konflikts bestehen bleiben“, schreibt Gautry.

Szenarien mit „begrenzter Auswirkung“ und „Tail-Risiko-Szenario“
Die Investmentexperten der UBP entwerfen zwei Szenarien:
In einem Szenario mit „kurzfristigen und begrenzten Auswirkungen" würde die Krise das Wachstum der Eurozone um 0,3 bis 0,5 Prozent verringern; dies würde jedoch nicht ausreichen, um den Konjunkturzyklus zum Entgleisen zu bringen, und das Wachstum dürfte auf Jahressicht bei 3,5 Prozent liegen.

Wenn die Risiken anhaltend hoch blieben und der Aufwärtsdruck auf die Energiepreise nicht nachlasse, sähen die Experten die Gefahr eines „Tail-Risk"-Szenarios, bei dem Deutschland und Italien wahrscheinlich am stärksten betroffen wären. Insgesamt könnte dieses Szenario das Gesamtwachstum der Eurozone auf Jahressicht um bis zu 1,7 Prozent auf rund 2,0 Prozent verringern.

„Aktuell halten wir das erste Szenario für wahrscheinlicher, aber es hängt alles von den geopolitischen Entwicklungen und der Dauer der Krise ab", so Gautry.

Bei der Geldpolitik erwarten die Experten, abgesehen von einer zusätzlichen Flexibilität, keine größeren Änderungen der mittelfristigen Strategie. Vorrangig gehe es darum, die notwendige Liquidität durch Ankaufprogramme bereitzustellen, um eine Störung oder Fragmentierung der Märkte zu vermeiden. Die EZB werde auch darauf bedacht sein, das Wachstum zu erhalten, und möglicherweise Entscheidungen über Zinssätze verschieben.

Handlungsoptionen für Investoren
Angesichtes begrenzter Möglichkeiten bei der Erzielung inflationsbereinigter Renditen an den Anleihemärkten sollten Anleger laut Empfehlung der UPB nicht auf traditionelle Strategien zurückgreifen, sondern alternative Credit-Strategien in Betracht ziehen, um sich vor steigenden Zinsen und sich ausweitenden Spreads zu schützen.

Inflationsgeschützte Wertpapiere hingegen dienten als Versicherung gegen Politikfehler von Fed bzw. EZB bei der Eindämmung der Inflation.

Auf Aktienseite seien in der Vergangenheit steigende Inflationszyklen, in denen die Fed die Zinssätze erhöht hat, mit einem langfristigen Rückgang des Kurs-Gewinn-Verhältnisses einhergegangen. Ein schnelleres Gewinnwachstum habe jedoch in der Regel sinkende KGVs ausgleichen und bescheidene, positive Renditen erzielen können.

„In diesem Zusammenhang ist es für Anleger von größter Bedeutung, selektiv zu bleiben und sich auf Qualitätsunternehmen mit guter Ertragsvisibilität zu konzentrieren“, schreibt Villamin.

Asymmetrische Engagements über Hedgefonds und Optionsstrategien dürften ebenfalls zur Risikominderung beitragen. (aa)

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