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Robert Holzmann: Kein Grund für EZB-Langmut im Kampf gegen Teuerung

Die Europäische Zentralbank sollte laut Ratsmitglied Robert Holzmann in ihrem Kampf gegen die Rekordinflation nicht nachlassen, auch wenn das Risiko einer Rezession in der Eurozone wächst.

OeNB-Gouverneur Robert Holzmann
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann© OeNB

Der österreichische Nationalbankchef Robert Holzmann ist einer von derzeit sechs EZB-Ratsmitgliedern, die sich öffentlich für eine Zinserhöhung um mehr als einen halben Punkt auf der Sitzung am 7. und 8. September aussprechen. Die andere Seite argumentiert dagegen, dass der Abschwung in der Währungsunion bereits dazu beitragen könnte, die Preissteigerungen zu verringern, die derzeit mehr als das Vierfache des Zwei-Prozent-Ziels der EZB betragen.

Aufgabe mit Entschlossenheit angehen
“Ich sehe keinen Grund, bei unserer Positionierung und unserem Wunsch, die Inflation zu senken, in irgendeiner Form Nachsicht walten zu lassen”, sagte Holzmann am Mittwoch in einem Interview in Alpbach, Österreich. “Wir sehen immer noch eine große Aufgabe vor uns, und wir müssen diese Aufgabe mit Entschlossenheit angehen, was bedeutet, dass wir uns so schnell wie möglich auf den Gleichgewichtszins zubewegen müssen und sehr wahrscheinlich darüber hinaus.”

Die Währungshüter sind sich uneinig, wie sie nach der unerwartet starken Zinsanhebung um einen halben Prozentpunkt im Juli - der ersten Erhöhung seit 2011 - fortfahren sollen. Die Falken wollen es der US-Notenbank gleichtun, die die Zinsen zweimal in Folge um 75 Basispunkte erhöht hat. Die Idee eines Jumbo-Schrittes gewinnt an Zugkraft, und die Geldmärkte wetten nun auf dieses Ergebnis. Der Einlagensatz liegt derzeit bei null Prozent.

Am Wochenende sprach sich EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel dafür aus, bei der Bekämpfung der Inflation energisch vorzugehen. Nachdem die Daten am Mittwoch gezeigt hatten, dass die Preise im Euroraum in diesem Monat um noch nie dagewesene 9,1 Prozent gestiegen sind, forderte Bundesbankpräsident Joachim Nagel seine Kollegen auf, “entschlossen” zu handeln und sich auf eine “kräftige” Anhebung” der Zinssätze zu einigen (Institutional Money berichtete).

50 oder 75 Basispunkte
“Für mich sind 75 Basispunkte derzeit noch Teil der Diskussion und 50 Basispunkte das Minimum”, sagte Holzmann und widersprach damit Kollegen wie EZB-Chefvolkswirt Philip Lane, die ein “gleichmäßiges Tempo” bevorzugen, um Haushalte und Unternehmen nicht zu beunruhigen.

“Wir haben eine Inflation, die es seit 40 Jahren nicht mehr gegeben hat”, sagte Holzmann. Deshalb sei es wichtig, die Instrumente auf den Tisch zu legen “und zu sagen, dass wir die Inflation so schnell wie möglich zurückführen wollen.”

Und das, obwohl Holzmann die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Abschwungs in einigen der 19 Länder der Eurozone als “hoch” bezeichnet. “Ich glaube nicht, dass es zu einem größeren und starken Produktionsrückgang kommen wird, der eine Krisensituation hervorruft, weil wir immer noch sehr akkommodierend sind.”

Angesichts der anhaltend hohen Energiepreise und der steigenden Lebenshaltungskosten, die sich negativ auf die Nachfrage auswirken, sagen Analysten zunehmend einen Abschwung von zwei Quartalen oder mehr voraus, der nach Ansicht einiger bereits begonnen hat. Für Holzmann bleibt das größere Risiko der Preisanstieg.

“Wenn man jetzt von 50 Basispunkten auf 75 Basispunkte geht, könnte man um weitere 75 Basispunkte erhöhen und wäre schnell beim neutralen Zinssatz, der das Wachstum weder anregt noch einschränkt. “Dann könnte man entscheiden, ob man dort bleiben oder weiter gehen will.” (aa)

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