Logo von Institutional Money
| Märkte

Oddo BHF AM: Sind europäische Aktien nun günstig genug?

Nach Einschätzung des globalen CIO von Oddo BHF Asset Management sind die Bewertungen europäischer Aktien vielfach bereits günstig, aber noch nicht billig genug, um größere Positionsaufstockungen rechtzufertigen. Bei anderen Segmenten sieht es bereits besser aus.

Laurent Denize, Oddo BHF AM
Laurent Denize, Oddo BHF AM© Oddo BHF Asset Management

Für Laurent Denize, Global CIO von Odoo BHF sind trotz der jüngsten Tiefstände des STOXX 600 seit der Covid-Krise noch keine geeigneten Einstiegspunkte erreicht, um sich wieder in deutlichem Umfang in europäischen Aktien zu engagieren. In einer aktuellen Markteinschätzung gibt er zu bedenken, dass Anlageentscheidungen nie allein auf der Grundlage der Bewertungen getroffen werden sollten. Europäische Aktien seien weiterhin den wachsenden Risiken einer globalen Rezession ausgesetzt, bedingt durch restriktivere Finanzierungsbedingungen und eine aggressive Politik der Zentralbanken. „Selbst wenn ein beträchtlicher Pessimismus bereits eingepreist wird, drücken steigende Realzinsen weiterhin auf die Risikoprämien. Zudem besteht das Risiko, dass die implizite Risikoprämie globaler Aktien mit den geplanten künftigen Zinserhöhungen der EZB wieder auf ihre langfristigen Durchschnittswerte zurückfällt. Vor diesem Hintergrund halten wir es für sinnvoll, einen Rückgang des STOXX600 auf unter 360 Punkte abzuwarten, bevor wir uns in großem Umfang in europäischen Aktien neu positionieren“, schreibt Denize.

Bewertungen– extreme Niveaus bedeutsam
Für die Performance einer Anlage mache es über einen Zeitraum von 30 Jahren betrachtet nahezu keinen Unterschied, ob das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim Einstieg oberhalb oder unterhalb des historischen Bewertungsdurchschnitts des STOXX 600 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14 liege. „Die Bewertungen sind allerdings dann von Bedeutung, wenn extreme Niveaus erreicht wurden. Kauft man den STOXX 600 bei einem KGV von unter 10, besteht eine historische Wahrscheinlichkeit von 82 Prozent, in den kommenden zwölf Monaten eine positive Performance zu erzielen, und die sich durchschnittlich auf 18 Prozent beläuft“, schreibt Denize. Um diesen attraktiven Einstiegspunkt zu erreichen, müsste der STOXX 600 noch um mindestens fünf Prozent, also unter die Marke von 360 Punkten, fallen.

Robuste Cashflows im Fokus
In diesem von geopolitischen Unsicherheiten und steigenden Zinsen geprägten Umfeld sollte Denize zufolge die Priorität auf der Kalkulierbarkeit und der Resilienz von Cashflows liegen. „Der Gesundheitssektor profitiert nicht nur generell von einem starken Dollar, er bietet auch ein attraktives Rendite-Risiko-Verhältnis.“ So würden mehrere große europäische Pharmafirmen (AstraZeneca, Roche, Merck) in der Lage sein, ihre Umsätze in den kommenden Jahren um vier bis fünf Prozent zu steigern, gute Margen zu erzielen und entsprechend angemessene Bewertungen zu bieten.

Innerhalb des Technologiesektors präsentiere sich das Teilsegment Software/IT-Dienstleistungen (Cap Gemini, SAP) nach dem Rückgang der Bewertungen wieder attraktiver. „Der digitale Wandel steht nach wie vor ganz oben auf der Agenda großer Unternehmen, die hierdurch mit Blick auf die inflationsbedingten, logistischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten agiler und wettbewerbsfähiger werden wollen.“

Über den Wechsel zu Cloud-Lösungen können große Softwarekonzerne darüber hinaus ihre wiederkehrenden Umsätze steigern. „Kapitalintensive und hoch verschuldete Sektoren mit begrenzter Preissetzungsmacht, wie z. B. die Telekombranche und regulierte Versorgungsunternehmen, sehen wir weiter mit Vorbehalt. Trotz attraktiver Bewertungen ist es unserer Auffassung nach auch für einen Einstieg in Branchen wie Nicht-Basiskonsumgüter und Industrie noch zu früh, da hier die Abwärtskorrektur der Gewinnerwartungen noch nicht weit genug fortgeschritten ist“, schreibt der Chefanlagestratege von Oddo BHF AM.

Unternehmensanleihen als Alternative zu Aktien
„Auch wenn das Risiko einer Rezession steigt, stellen europäische Unternehmensanleihen kurzfristig eine interessante Alternative zu Aktien dar“, so Denize. Auch im Vergleich zu europäischen Staatsanleihen sei das Segment attraktiv und die Zinsen böten beträchtliche Renditeaufschläge gegenüber Staatsanleihen mit gleicher Duration.

Innerhalb des Anleihesegments bieten Hochzinsanleihen ein Renditeprofil, das langfristig an das von Aktien heranreicht. Im Hochzinsuniversum der Eurozone dominieren Anleihen mit der höchsten Bonität und einem Rating von BB. Mit einer Rendite auf Verfall (YTM) von 6,6 Prozent liegen sie 480 Basispunkte über der Rendite dreijähriger deutscher Bundesanleihen. Zum Vergleich: Die Risikoprämie für Aktien liegt bei 7,4 Prozent. Denize: „Anleihen bieten erstmals seit vielen Jahren wieder einige Vorzüge.“ (aa)

Dieses Seite teilen