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Ninety One über die "großen Fragen" für Investoren

Vor dem Hintergrund steigender Inflationssorgen sollten sich institutionelle Investoren auf das große konjunkturelle Gesamtbild besinnen. Für Peter Eerdmans, Head of Fixed Income, Ninety One, bieten sich derzeit bei Schwellenländeranleihen gute Chancen - auch aufgrund des neuen US-Präsidenten.

Peter Eerdmans, Head of Fixed Income, Ninety One
Peter Eerdmans, Head of Fixed Income, Ninety One© Ninety One

Nach der starken Erholung im Anschluss an die Marktturbulenzen vom März 2020 müssen institutionelle Investoren seit Anfang des Jahres mit einer deutlich veränderten Lage zurechtkommen, berichtet Peter Eerdmans, Head of Fixed Income bei Ninety One in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Marktkommentar: "Abgesehen vom Hochzinsanleihen-Bereich geht es an den Märkten wieder abwärts. Grund ist die Reflationsangst der Investoren, die spürbar wächst angesichts der wachsenden Annahme, dass es zu einer weltweiten Erholung in der zweiten Jahreshälfte kommen wird.

Zinswende schneller als vielfach gedacht?
Aktuelle Schätzungen gehen daher laut Eerdmans von einer deutlich kürzeren Zeitspanne bis zur ersten Zinserhöhung der US-Notenbank aus. Erwartet wird zudem, dass die Fed das Tempo verdoppelt, sobald sie mit Zinsstraffungen begonnen hat und diese auf merklich höherem Zinsniveau beenden wird. Allerdings konzentriert sich die Neueinpreisung der Inflation infolge der wirtschaftlichen Belebung sehr stark auf das kurze Ende der Kurve, d.h. auf Anleihen mit zwei und fünf Jahren Laufzeit. Für die Jahre danach haben sich die Inflationserwartungen nicht so stark verändert. Das ist Eerdmans zufolge nachvollziehbar, wenn man den wieder anziehenden Preisanstieg der letzten Monate dem deutlich längeren disinflationären Trend der letzten 25 Jahre gegenüberstellt.

Gutes Ausgangslage für EMD
Investoren, die sich zu sehr auf die aktuellen, temporären Auswirkungen der höheren Inflation fokussieren, könnten das große konjunkturelle Gesamtbild aus dem Blick verlieren. Und das sieht für die Schwellenländer nach Einschätzung Eerdmans' nicht schlecht aus: "Da die Nachfrage im Zuge der Konjunkturerholung das Angebot übersteigen wird, wird es zu Lieferengpässen kommen, die die Inflation anfachen. Das wird unseres Erachtens aber nicht von Dauer sein und keineswegs das Ende der Niedriginflationsära bedeuten."

In den nächsten Monaten sind Eerdmans zufolge mehrere Szenarien denkbar, die jeweils unterschiedliche Implikationen für Investoren von Schwellenländer-Anleihen haben:

Im Basisszenario ist von einer Konjunkturerholung auszugehen, die die Märkte auch bereits einpreisen. Zudem dürfte der Inflationsanstieg eine vorübergehende und keine strukturelle Entwicklung sein. Weitere mögliche Szenarien sind:

Von der Reflation zur Inflation: In einer Phase der Konjunkturbelebung entwickeln sich Schwellenländerwährungen tendenziell gut, während zinsempfindliche Vermögenswerte wie Anleihen unter Druck geraten könnten.

Superlockere Fed: Alle Schwellenländer-Anlagen florieren in einer Phase mit schwachem US-Dollar, sollte sich der Konjunkturausblick leicht eintrüben. Dieses Szenario ist nicht unrealistisch.

In einem Umfeld mit Rezession, verursacht durch eine zu starke Straffung in China oder eine sich verschlechternde Corona-Lage, würde der Dollar von einer Flucht in Qualitäts-Titel profitieren. Schwellenländer-Anleihen könnten angesichts ihrer Durationskomponente die Turbulenzen besser überstehen.

Die Fed zieht die Zügel zu stark an: Dieses für Schwellenländer-Vermögenswerte vermutlich ungünstigste Szenario ist zugleich auch das am wenigsten wahrscheinliche, wenn man den neuen Ansatz der Fed mit Durchschnittsinflation zugrunde legt.

Uncle Sam hält sich wieder stärker an Regeln
Die von Präsident Joe Biden erwartete orthodoxere Herangehensweise an die Außenpolitik weckt allseits große Hoffnungen und dürfte weltweit die Wachstumsaussichten aufhellen. Offenbar ist die Biden-Regierung bereit, sich in der Außenpolitik wieder an die Regeln zu halten. Das zumindest signalisiert sie mit dem Wiederbeitritt zur Welthandelsorganisation und zum Pariser Klimaabkommen.

Die damit verbundene größere Berechenbarkeit bedeutet aber nicht, dass die Welt mit Biden leichtes Spiel haben wird. Auch bei ihm sind Anzeichen einer „America First“-Politik in einer Zeit zu erkennen, in der sich die Welt von der Pandemie erholt. Verglichen mit den früheren Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama könnte Biden eine härtere Haltung an den Tag legen. "Was auf keinen Fall zu erwarten ist, ist ein Neustart bei den Beziehungen zu China oder Russland", hält Eerdmans fest.

Green Economy hilft Emerging Markets
Beim Klimawandel zeugt Bidens Ankündigung wenige Stunden nach seiner Amtseinführung, dass die USA dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten werden, von seiner Absicht, das Thema in der globalen Diplomatie stärker in den Fokus zu rücken. Für die Schwellenländer wäre das durchaus vorteilhaft. Zum Schwellenländer-Anlageuniversum zählen schließlich zahlreiche Länder, die viel stärker als die Industrieländer vom Klimawandel und der daraus resultierenden Zunahme von Dürren und Überschwemmungen bedroht sind. Aber sie verfügen auch über die Expertise zu einer Reihe umweltfreundlicher Bereiche – Stichwort Elektrobatterien oder Solaranlagen – und dürften daher von den in den USA geplanten Investitionen in eine nachhaltigere Infrastruktur profitieren. "In jedem Fall werden die Schwellenländer und ihre Regierungen beim Übergang unseres Planeten in eine nachhaltige Zukunft eine Schlüsselrolle spielen müssen", erklärt Eerdmans abschließend. (aa)

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