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Mark Dowding: Europa drohen Probleme wie im Jahr 2008/09

Der Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management ist gegenüber Risikoanlagen skeptisch eingestellt und empfiehlt Trading statt das Eingehen längeren Positionen. Vor allem für Europa ist er pessimistisch.

Mark Dowding, BlueBay Asset Management
Mark Dowding, BlueBay Asset Management© BlueBay Asset Management

Die schlechten Wirtschaftsnachrichten reißen dieser Tage nicht ab und treffen vor allem die europäischen Volkswirtschaften. Die Verknappung des Gasangebots treibt die Preise weiter in die Höhe, was den Ruf nach politischen Maßnahmen gegen den Druck auf die Lebenshaltungskosten noch lauter werden lässt. "Die Jahresforward-Strompreise für ein Jahr in Frankreich erreichten diese Woche mit 870 Euro pro MWh einen neuen Höchststand und liegen damit um das 20-fache über dem Durchschnitt von 41 Euro, der für den Zeitraum 2020-2021 verzeichnet wurde", berichtet Markt Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management, in seiner aktuellen Wochenanalyse.

Stark sinkende Realeinkommen für Europäier
Die steigenden Energiepreise lassen die Inflationsprognosen weiter in die Höhe schnellen. Sollte sich der Gesamtpreisanstieg in den zweistelligen Bereich bewegen, könnten die Realeinkommen um zehn Prozent zurück gehen. Als Faustregel könnte dies Dowding zufolge durchaus zu einem Rückgang des BIP um etwa vier Prozent führen, wenn man die Konsumaussichten zugrunde legt. "Daher besteht das Risiko, dass die sich abzeichnende Rezession aus wirtschaftlicher Sicht so schwerwiegend sein könnte wie diejenige, die wir nach der Finanzkrise im Jahr 2008 erlebt haben", warnt Dowding.

Ausufernde Staatsdefizite in der Eurozone
Versuche, dies zu mildern, indem die Staatsbilanzen zur Begrenzung der Energiepreise genutzt werden, könnten die Haushaltsdefizite um rund vier Prozent erhöhen und diese in den europäischen Volkswirtschaften auf ein Niveau zwischen acht und zehn Prozent treiben, es sei denn, die Gaspreise können auf das Niveau von 2021 zurückkehren. Dies hängt eindeutig von der Beendigung der Feindseligkeiten in der Ukraine und der Aufhebung der russischen Sanktionen ab, aber es ist sehr schwierig, dieses Ergebnis in absehbarer Zeit zu prognostizieren, merkt Dowding an.

"Natürlich könnten sich die Aussichten schlagartig ändern, wenn wir hören, dass Putin seine Truppen abziehen und auf Frieden drängen will. Abgesehen davon halten wir es jedoch für richtig, insgesamt eine vorsichtige Haltung einzunehmen und wir sehen weiterhin bessere Chancen in US-Dollar-Anlagen im Vergleich zu ihren europäischen Pendants", empfiehlt Dowding.

US-Dollar: Halten, aber nicht aufstocken
Am Devisenmarkt machte der Dollar Schlagzeilen, als er im Laufe der Woche unter die Parität zum Euro fiel. Aufgrund der divergierenden Fundamentaldaten vermutet Dowding, dass der US-Dollar-Trend noch weiter anhalten könnte.

Aufgrund des hohen US-Leistungsbilanzdefizits und der überzogenen PPP-Bewertung des Greenback ist BlueBay AM jedoch vorsichtig, wenn es darum geht, bestehende Dollar-Long-Positionen aufzustocken. Andernorts bleibt BlueBay AM bei ihrer zurückhaltenden Einschätzung des Pfunds (und aller anderen britischen Vermögenswerte).

Bluebay bleibt auch gegenüber dem polnischen Zloty und der tschechischen Krone negativ eingestellt und erwartet, dass sich die makroökonomischen Divergenzen in den kommenden Monaten stärker in den relativen Devisenbewertungen niederschlagen werden.

Jetzt schon "risk on"?
Der September steht kurz bevor und viele Investoren kehren traditionellerweise an die Märkte zurück. Dowding ist jedoch der Meinung, dass es zum jetzigen Zeitpunkt keinen offensichtlichen ‘Back to School Trade‘ gibt. Vielmehr neigt BlueBay AM dazu, so weiterzumachen wie bisher und nach Gelegenheiten zu suchen, bei Stärke zu verkaufen und bei Schwäche zuzukaufen. Es sei unwahrscheinlich, dass die Volatilität in nächster Zeit nachlässt und dies sollte zu Gelegenheiten führen.

"In diesem Kontext ist es unser bevorzugter Ansatz, eine geduldige Position einzunehmen und auf klarere, asymmetrische Möglichkeiten zu warten. Eine makroökonomische Divergenz, wie wir sie derzeit zwischen Europa und Nordamerika erleben, ist historisch ungewöhnlich und der Rest des Jahres 2022 dürfte ebenso holprig bleiben wie die Monate zuvor", schreibt Dowding abschließend. (aa)

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