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LFDE-CIO: Scheitern die Notenbanken an ihrer Doppelrolle?

Einerseits sollen die Zentralbanken die Inflation unter Kontrolle halten, andererseits fungieren sie als Hauptgläubiger der Staaten. Dieser Zwiespalt ist schwierig zu managen, findet LFDE-Investmentchef Olivier de Berranger.

Olivier de Berranger, LFDE: "Es scheint nunmehr deutlich, dass die Fed und die EZB stillschweigend das Ziel verfolgen, die Realzinsen mindestens bei null und idealerweise im negativen Bereich zu halten."
Olivier de Berranger, LFDE: "Es scheint nunmehr deutlich, dass die Fed und die EZB stillschweigend das Ziel verfolgen, die Realzinsen mindestens bei null und idealerweise im negativen Bereich zu halten."© LFDE

Die derzeitige Zinssituation könnte Ökonomen in vielerlei Hinsicht irreal vorkommen. Dieser Ansicht ist zumindest Olivier de Berranger, Investmentchef (CIO) bei bei der französischen Fondsgesellschaft La Financière de l'Échiquier (LFDE). Die zehnjährige US-Staatsanleihe und die zehnjährige Bundesanleihe rentieren, korrigiert um die Kerninflation, bei minus drei Prozent. Das ärgert institutionelle Investoren, wenn sie den Staaten Geld leihen. Diese wiederum verdienen aufgrund der negativen Realzinsen daran, sich zu verschulden. Und eben das erscheine "völlig irreal", so de Berranger.

Interessant ist nun der Zwiespalt, in dem sich die Zentralbanken befinden. Denn sie sind einerseits für die Kontrolle der Inflation zuständig, andererseits fungieren sie als Hauptgläubiger der Staaten. "Zur aktiven Bekämpfung der Inflation als ausdrückliche Aufgabe im Rahmen ihres Mandats müssten sie ihre Wertpapierkäufe rasch beenden und die Leitzinsen anheben", erklärt der LFDE-Investmentchef. "Dies würde jedoch die Staaten, deren Schulden sie zu einem großen Teil halten, automatisch destabilisieren." Durch eine solche Schwächung ihrer eigenen Bilanz würden die Zentralbanken letztendlich ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen, schätzt er.

Ein Drahtseilakt
"Es scheint nunmehr deutlich, dass die Fed und die EZB stillschweigend das Ziel verfolgen, die Realzinsen mindestens bei null und idealerweise im negativen Bereich zu halten", so Berranger. Das erkläre, warum sie seit Monaten zögern, die geldpolitische Straffung mit Entschlossenheit einzuleiten. Auf kurze Sicht hält de Berranger diesen "Drahtseilakt" für vertretbar. "Sollte die Inflation jedoch aus dem Ruder laufen, wäre er auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt", warnt er. (fp)

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