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Inflation: Vorübergehend? Vorübergehend strukturell? Oder strukturell?

Vor dem Hintergrund immer höherer Inflationsraten analysiert Thomas Meier, Portfoliomanager bei MainFirst Asset Management, welche Auswirkungen das für institutionelle Investoren haben könnte.

Thomas Meier, Fondsmanager bei MainFirst Asset Management
Thomas Meier, Fondsmanager bei MainFirst Asset Management© MainFirst Asset Management

Ein Thema dominiert aktuell die Finanzmedien: Die Rückkehr der Inflation. Mit einer Steigerung auf 4,1 Prozent im September 2021 im Vergleich zum September 2020 ist die Inflationsrate so stark gewachsen wie seit 28 Jahren nicht mehr, hält Thomas Meier, Portfoliomanager bei MainFirst Asset Management, in einer "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Analyse fest.

Beim Thema Inflation überbieten sich die Auguren unter den Marktbeobachtern derzeit im Hinblick auf eine geeignete Interpretation von Basis- und Steuereffekten, Energiepreisen und allgemeinen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Die akademische Auseinandersetzung unter den Volkswirten ist zwar laut Meier wichtig. "Viel wichtiger ist es aber, die Diskussion um eine Bottom-up-Betrachtung zu ergänzen und die strukturellen Auswirkungen für Investoren näher zu betrachten", betont Meier.

Industrie abhängig von Lieferketten
Die Globalisierung hat in den vergangenen Jahren zu einer nie dagewesenen Optimierung von Lieferketten geführt. Eine Vielzahl von Vorprodukten wird zu Niedrigstpreisen in weit entfernten Ländern gefertigt und durch eine mitunter nur auf den ersten Blick perfektionierte Logistik konnte die Lagerhaltung und somit die Kapitalbindung auf ein Minimum reduziert werden. Skaleneffekte bei der Produktion von Vorprodukten haben niedrige Preise ermöglicht und so für eine strukturelle, technikinduzierte Deflation gesorgt. Doch die Pandemie machte einen Strich durch diese für fast alle vorteilhafte Rechnung.

Ausfälle auf der Produktionsseite und das Abebben des steten Produktionsflusses sorgten für Probleme bei vielen Marktteilnehmern. Weil Lieferungen, beispielsweise aus Asien, jetzt fehlen, steht auch in Deutschland so manche Produktion kurz vor dem Stillstand. Der anhaltende Chipmangel zum Beispiel und dessen Folgeeffekte sind jedoch nur die Phänomene eines komplexeren Problems. Die Frage ist Meier zufolge nun: Wie werden Unternehmen auf diesen Lieferschock reagieren? Dort sieht Meier aktuell zwei Quintessenzen:

  1. Regionale Diversifizierung. Durch geringere Skalierbarkeit, bei besserer Planbarkeit, werden viele Güter teurer werden.
  2. Durch erhöhte Lagerhaltung wird auch die Kapitalbindung steigen.

Unternehmen werden Preissteigerungen an Kunden weitergeben müssen
Beide Effekte werden sich kurz-, mittel- und langfristig negativ auf die Gewinn- und Margenentwicklung auswirken – es sei denn, die Unternehmen sind in der Lage, diese Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben. Insbesondere die Renditen auf das eingesetzte Kapital sowie die Generierung von Zahlungsmitteln wären belastet. Daher werden die Unternehmen alles daransetzen, diese Materialkosteninflation weiterzureichen. "Diese Entwicklung, die nahezu alle Regionen und Sektoren betrifft, wird unserer Ansicht nach strukturell zu einer erhöhten Inflation beitragen", prognostiziert Meier.

Was bedeutet das für die Investoren?
Zum einen muss der Einzeltitelauswahl wieder ein größerer Stellenwert beigemessen werden. Dabei lautet Meier zufolge die maßgebliche Frage: Welche Unternehmen sind in der Lage, die steigenden Kosten weiterzugeben? Sich bei der Einzeltitelauswahl auf die Unternehmen zu fokussieren, die dazu aufgrund einer starken Marktposition in der Lage sind, erscheint sinnvoll.

Darüber hinaus wird die strategische Aufstellung der Investoren, also die Allokation der Vermögenswerte, deutlich entscheidender. Bei einer genauen Betrachtung der Anlagechancen einer verzinslichen Investition, wird das Problem deutlich: Betrug die Rendite einer zehnjährigen deutschen Anleihe, beim letztmaligen Übertreffen der 4,0 Prozent Inflationsrate vor 28 Jahren, noch über sechs Prozent, so beläuft sie sich aktuell auf -0,2 Prozent.

Die Herausforderung für Investoren, den Kapitalstock zu erhalten, kann nicht offensichtlicher sein. Sollten die oben skizzierten Preissteigerungen eintreffen und der Effekt nicht temporär sein, ist es laut Meier sinnvoll, die Asset Allokation rechtzeitig anzupassen.

"Der neue Leitgedanke eines Investors muss lauten: Welche Vermögensaufstellung entwickelt sich auch bei steigenden oder höher als erwarteten Inflationsraten und gleichzeitig anhaltendem Niedrigzinsumfeld positiv? Die neue Situation erfordert ein komplettes Umdenken: Um das Vermögen real erhalten zu können, werden institutionelle Anleger stärker auch Kapitalanlagen mit höherem Rendite-/Risikoprofil berücksichtigen müssen – sprich: Ohne Aktie ist alles nichts", erklärt Meier abschließend. (aa)

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